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Sein letzter Fall - Fallet G

Sein letzter Fall - Fallet G

Titel: Sein letzter Fall - Fallet G Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Håkan Nesser
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im Sack kaufte. Nie etwas als gegeben hinnahm. Wenn jemand aufs Revier kam und deKlerk erklärte, da stünde ein rotes Auto auf dem Markt im Halteverbot, konnte er denjenigen, ohne mit der Wimper zu zucken, fragen, ob es sich nicht doch um ein blaues handelte. Oder sogar um einen Trecker.
    Anfangs hatte sie das irritiert, aber mit der Zeit hatte er auf seine Weise ihren Respekt gewonnen. Als Polizeibeamter und vielleicht auch als Mensch, und sie hatte gelernt, damit zu leben. Sie hatten bei Gelegenheit auch den eventuellen Wert des »gesunden Zweifels als Methode« diskutiert, wie er es auszudrücken pflegte, und ab und zu hatte sie ihm sogar Recht geben müssen. Aber nur ab und zu. Und Gott sei Dank trieb er diese Eigenschaft nie ad absurdum. Trotz allem hatte Polizeichef deKlerk Ehefrau und drei Kinder, daran konnte absolut kein Zweifel bestehen.
    »Es ist eine Arbeitshypothese«, erklärte sie und sammelte währenddessen ihre Papiere zusammen. »Nichts anderes.«
    »Wir wissen doch noch nicht einmal, ob es sich um Verlangen handelt.«
    »Stimmt.«
    »Es ist fünfzehn Jahre her seit dem Mord in Linden. Wenn es nun wirklich ein Mord war.«
    »Ich weiß.«
    »Dieser alte Kommissar ist ein wenig besessen von dieser Geschichte, oder?«
    »Besessen?«, wiederholte Beate Moerk. »Nein, das glaube ich nicht. Aber er hat einen Spürsinn, der so manchen Spürhund vor Neid erblassen lassen würde.«
    »Spürsinn?«, fragte deKlerk. »Nun ja.«
    Beate Moerk schaute seufzend auf die Uhr. Es war zwanzig Minuten nach elf.
    »Nun gut«, fuhr deKlerk fort und begann um des Ausgleichs willen am anderen Ohrläppchen zu zupfen. »Wenn wir diesen Jaan G. Hennan wirklich hier im Ort finden, bekommt die Sache natürlich ein anderes Gesicht. Auf jeden Fall müssen wir die Identifikation des Toten abwarten.«
    »Ich bin ziemlich überzeugt davon, dass es Verlangen ist«, stellte Beate Moerk fest und stopfte lässig die halb sortierten Papiere in ihre Aktentasche. »Meine weibliche Intuition sagt mir das.«
    »Und sagt sie noch mehr?«
    »Oh ja. Sie sagt mir zum Beispiel, dass es ganz entscheidend sein wird, Zeugen zu finden. Zeugen, die ihn im April in der Stadt gesehen haben. Ein Foto in den Zeitungen, der Aufruf an die Allgemeinheit, sich zu melden, vielleicht auch…«
    »Stop«, unterbrach deKlerk sie. »Nicht so eilig. Das machen wir, wenn wir wissen, dass er es ist. Das sollte doch wohl morgen klar sein, oder?«
    »Wenn es Verlangen ist, dann ist es morgen klar. Ist es jemand anderes, müssen wir wohl noch abwarten.«
    »Da hast du Recht«, sagte Polizeichef deKlerk. »Aber jetzt schließen wir den Laden hier, es ist schließlich gleich Mitternacht.«
    »Wir haben es hier mit einem Mordfall zu tun«, bemerkte Beate Moerk.
    Er hob eine Augenbraue, und sie konnte sehen, dass sie sich verraten hatte. Er hatte bemerkt, dass ihr die Sache fast schon gefiel.
    Ich bin pervers, dachte sie. Aber das letzte Mal ist neun Jahre her, ist es da ein Wunder?
    Auf dem Heimweg begann sie sich daran zu erinnern, was vor neun Jahren wirklich passiert war, und sie spürte, wie sich ihre Haare an den Unterarmen sträubten.
    Kriminalkommissar Münster hatte den größten Teil des Sonntags seinen Kindern gewidmet.
    Am Morgen hatte er seine Tochter Marieke zu einem Bauernhof außerhalb von Loewingen gefahren, auf dem es vier Pferde und zwei Freundinnen gab. Im Laufe des Vormittags hatte er seinen Sohn Bart vor dem Richterstadion abgesetzt, von wo aus es weiter per Bus zu einem Fußballspiel in Linzhuisen ging.
    Und jetzt am Nachmittag hatte er es sich im Doppelbett gemütlich gemacht und tobte mit Edwina, ein Jahr und drei Monate alt, herum.
    Synn, seine Frau, hatte den Tag frei bekommen und befand sich an unbekanntem Ort. Wahrscheinlich irgendwo draußen am Meer mit einer oder mehreren Freundinnen, es war ein schöner Tag mit klarem Himmel und kräftigem Wind, und er hatte Badetuch und Picknickkorb sehen können, als sie sich zwischen den Kindertransporten kurz verabschiedet hatten. Aber es gehörte zu ihrer Übereinkunft, dass er nicht fragen durfte.
    Edwina schlief gegen drei Uhr ein, der Kommissar eine Viertelstunde später.
    Edwina wachte nicht vom Telefonklingeln auf, dafür aber der Kriminalkommissar.
    Van Veeteren.
    Der Kommissar.
    An einem Sonntagnachmittag? Münster fühlte sich plötzlich hellwach, wacher als seit einem halben Jahr.
    »Ja, sicher«, sagte er. »Ich habe etwas Zeit.«
    »Ausgezeichnet«, sagte Van Veeteren. »Ja, es tut mir

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