Sein letzter Fall - Fallet G
und eingeschlafen war, lag sie noch mindestens eine Stunde lang wach.
Was natürlich nicht besonders überraschend war. Die unbekannten und vertrauten Namen schwebten wie ein Mantra in ihrem Kopf: Barbara Hennan – Jaan G. Hennan – Maarten Verlangen – Kommissar Van Veeteren…
Und Münster! Sie hatte Kommissar Münster seit neun Jahren nicht mehr gesehen. Sie hatten nicht einmal mehr miteinander telefoniert, als hätten sie eine Art unausgesprochener Vereinbarung getroffen. Und dennoch erinnerte sie sich – so deutlich, als wenn es gestern gewesen wäre –, wie wenig nur gefehlt hatte, und sie hätten eine Affäre miteinander gehabt. Wären miteinander ins Bett gegangen.
Mitten in den Ermittlungen zum Axtmörderfall! Vielleicht hing das auch irgendwie mit dieser Perversität zusammen?
Und morgen würde er wieder in Kaalbringen auftauchen.
Nur gut, dass ich mich etabliert habe, dachte sie. Gott sei Dank.
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Die Neuigkeit von der Leiche draußen im Pilzwald nahm – neben einem ziemlich langen Artikel auf der Titelseite und der Schlagzeile – eine drei viertel Seite in de Journaal vom Montag ein, der wichtigsten Tageszeitung von Kaalbringen und Umgebung.
Und auch das alte Foto von Verlangen war hier wieder zu finden, das bei der Hotelrundfrage Anfang Mai benutzt worden war, sowie ein Aufruf der örtlichen Polizei an alle verantwortungsbewussten Mitbürger, sich zu melden, wenn sie glaubten, irgendwann im Laufe des Frühlings oder Vorsommers auf den Mann auf diesem Bild gestoßen zu sein.
Oder – natürlich – wenn sie irgendwelche anderen Informationen zu liefern hatten, von denen sie meinten, sie könnten der Aufklärung dienen. Der friedliche Küstenort war in den letzten Jahren von gröberen Gewaltverbrechen verschont geblieben, so hieß es in dem Artikel, aber jetzt war es also wieder soweit. In diesen globalen Zeiten konnte man sich nirgends sicher fühlen, nicht einmal in Kaalbringen, wie der Schreiber Hermann Schalke meinte, der bereits vor einem knappen Jahrzehnt dabei gewesen war und den berühmten Axtmörderfall begleitet hatte, und der keine Schwierigkeiten hatte, sich daran zu erinnern. Absolut keine Schwierigkeiten. Unsere schöne Welt ist voll des Bösen und das Leben gesäumt von dessen Handlangern und gewissenlosen Überläufern, schloss er philosophisch sein dunkles Epos ab.
Bereits am Vormittag dieses heißen Augustmontags ließen die ersten drei Informanten auf dem Polizeirevier von sich hören, wo Polizeichef deKlerk brüderlich die Verantwortung mit Inspektorin Moerk und Polizeianwärter Stiller teilte – Letzterer erst vierundzwanzig Jahre alt und nach bestandenem Examen frisch von der Polizeischule, und seit Mitte Februar neu sowohl in der Berufsrolle als auch in der Stadt.
Alle drei Informanten konnten jedoch ziemlich schnell als uninteressant abgefertigt werden. Zwei von ihnen meinten Verlangen erst im Juni gesehen zu haben, als dieser nachweislich bereits seit mindestens einem Monat tot war – und der Dritte war ein junger, aber bereits erkennbar geistesverwirrter Mann namens Dan Wonkers. Er war offenbar trotz der frühen Stunde bereits betrunken und wollte seine heißen Tipps nur unter der Voraussetzung abliefern, dass ihm irgendeine Art pekuniärer Belohnung dafür winkte.
Als dem nicht so war, zog er empört auf die Bürgerschweine und Polizeinazis schimpfend von dannen – alte Slogans, die er höchstwahrscheinlich mit der Muttermilch von seinem Vater aufgesogen hatte. Dieser hieß Holger Wonkers und war ein entgegen allen Prognosen überwinterter Rotweinradikaler aus den Sechzigern und kein unbekannter Name in der Stadt. Eher im Gegenteil.
Gleich nach der Mittagspause – die Uhr zeigte Viertel nach eins, und ungefähr zu dem Zeitpunkt, als Kommissar Münster und Inspektor Rooth aus Maardam eintrafen – meldete sich dann doch noch ein Zeuge anderen Kalibers.
Sie hieß Katrine Zilpen, und da Inspektorin Moerk zumindest ein wenig mit dem einen der angereisten Kollegen bekannt war – und Polizeianwärter Stiller noch nicht aus der Mittagspause zurück war –, war es der Polizeichef höchstpersönlich, der sich in seinem Dienstzimmer um sie kümmern musste.
»Bitte schön, so setzen Sie sich doch«, begann er. »Sie kommen also wegen unserer Suchmeldung? Frau Zilpen, so war doch der Name?«
»Ganz genau«, sagte Katrine Zilpen und ließ sich ihm gegenüber nieder. »Ich weiß nicht, ob wir uns schon einmal gesehen haben?«
»Das denke ich nicht«, erklärte
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