Sein letzter Fall - Fallet G
besonders viel«, unterbrach Sachs ihn. »Aber er hat keine Ahnung, warum er Hennan beschatten sollte. Hat die meiste Zeit in seinem Auto vor dessen Büro gesessen… abgesehen von dem Donnerstagabend, wie gesagt.«
»Und es war Barbara Hennan, die ihm den Auftrag erteilt hat?«
»Ja.«
»Und warum?«
»Das hat er nicht gewusst, habe ich doch schon gesagt.«
»Ich bin nicht taub. Was hat er denn verflucht noch mal selbst geglaubt?«
»Nichts.«
»Nichts?«
»Nein, er behauptet, dass…«
»Verdammte Scheiße. Nun gut, schieb mir seine Telefonnummer rüber, damit wir das in Ordnung bringen.«
»Ja, natürlich, gern«, sagte Kommissar Sachs und las Maarten Verlangens Nummern vor, sowohl die private als auch die seines Büros.
»Danke«, sagte Van Veeteren. »Und leg jetzt auf, ich habe keine Zeit mehr für dich.«
Er versuchte es zunächst mit der Privatnummer.
Vergeblich.
Dann mit der Büronummer.
Auch vergeblich – außer einem automatischen Anrufbeantworter, der verkündete, dass Verlangens Detektivbüro im Augenblick nicht besetzt war, man aber gern Aufträge der unterschiedlichsten Art zu reellen Preisen entgegennahm und dass es möglich war, eine Nachricht zu hinterlassen.
Van Veeteren überlegte seine Worte, während er den Piepton abwartete.
»Maarten Verlangen«, brummelte er dann in den Hörer. »Wenn dir dein Leben lieb ist, dann sieh verdammt noch mal zu, Kommissar Van Veeteren bei der Kripo Maardam zu kontaktieren. Und zwar sofort!«
Er gab seine Nummer zweimal mit bewusst langsamer Stimme an und schmiss den Hörer hin.
Anschließend blieb er eine Weile sitzen, fluchte innerlich und betrachtete seinen schmerzenden Daumen – während die Wirklichkeit hinter Kommissar Sachs’ Enthüllung langsam, aber sicher seine Erregung dämpfte.
Die Botschaft an sich. Dass die tote Frau, die Leiche in dem Badeanzug in dem verfluchten leeren Schwimmbecken in Linden, erst vor wenigen Tagen einen Privatdetektiv engagiert hatte.
Einen Privatbullen, der nachsehen sollte, was ihr Mann so trieb. Dieser immer wieder verfluchte Jaan G. Hennan!
Van Veeteren suchte sich eine Zigarette und zündete sie an.
Verflucht noch mal, dachte er. Verflucht noch mal, was hat das zu bedeuten? Dann muss sie doch… sie muss irgendetwas geahnt haben. Das bedeutet es doch, oder? Nun ruf schon an, du beschissener Schnüffler!
Er warf dem schweigenden Telefon einen Blick zu. Sah ein, dass erst wenige Minuten vergangen waren, seit er seine Nachricht aufs Band gesprochen hatte, und dass er kaum erwarten konnte, dass Verlangen mit derart exemplarischer Pünktlichkeit in seinem Büro auftauchen würde. Er sog heftig an seiner Zigarette und schaute auf die Uhr.
Halb drei. Mit anderen Worten höchste Zeit, sich zum Badmintonspiel mit Münster aufzumachen. Er drückte die Kippe aus, stand auf und holte Schläger und Tasche aus dem Schrank.
Hüte dich, Inspektor, dachte er. Heute kenne ich keine Gnade.
Im Fahrstuhl auf dem Weg nach unten musste er sich eingestehen, dass er wusste, wer Maarten Verlangen war. Und warum er die Truppe verlassen hatte.
11
Als Verlangen das Polizeirevier in Linden verließ, beherrschten ihn drei mehr oder weniger miteinander unvereinbare Gefühle. Zum einen war es schön, diese blöde Hennan-Geschichte los zu sein. Es war jetzt ganz exakt eine Woche vergangen, seit die schöne Amerikanerin in seinem Büro aufgetaucht war, und jetzt war sie tot, und was da eigentlich geschehen war, das herauszufinden war Sache der Polizei. Und nicht die von Maarten Baudewijn Verlangen.
Zum Zweiten fühlte er sich innerlich leer. Als hätte er etwas aufgegeben, wobei nicht klar war, was, aber dass er in gewisser Weise seinen Auftrag nicht erfüllt hatte, das war kaum zu leugnen. Wenn ein Privatdetektiv in der Gesellschaft irgendeine Art moralischer Funktion ausübt, dann doch wohl die, einzugreifen und die Dinge ins rechte Licht zu rücken, wenn der Polizeiapparat dazu nicht in der Lage ist. So pflegte er zumindest seine Existenz zu rechtfertigen, wenn er wieder einmal eine Rechtfertigung brauchte.
Eine theoretische Rechtfertigung. Das Leben war nun einmal so, und Maarten Verlangen wusste, wie wichtig es war, die eigenen Beweggründe entsprechend auszutarieren, um das Elend ertragen zu können. An diesem Punkt war er nicht besser oder schlechter als die so genannten ehrbaren Mitbürger.
Was nun Barbara Hennan betraf, so war er aus dem Rahmen gefallen, das konnte er kaum leugnen. Sie war mit einer dubiosen Bitte um
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