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Sein letzter Fall - Fallet G

Sein letzter Fall - Fallet G

Titel: Sein letzter Fall - Fallet G Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Håkan Nesser
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sollte.
    Und worum um alles in der Welt es hier eigentlich ging.

10
    All right, all right«, sagte Münster. »Natürlich weiß ich das. Ich weiß, dass die Lindener Polizei bereits hier war und mit Ihnen gesprochen hat, aber ich komme von der Kriminalpolizei Maardam. Mein Kommissar ist ein sehr gewissenhafter Mann, und er hat darauf bestanden, dass wir auch noch einmal mit Ihnen sprechen. Sie haben doch wohl nichts dagegen, dass wir unseren Job so gut wie möglich machen, oder?«
    Amelia Trotta betrachtete ihn kritisch. Ihr großes, flaches Gesicht sah besorgt aus, obwohl es nicht einmal die Andeutung einer Falte darin gab. Das blondierte Haar war schulterlang und tadellos und erinnerte Münster an irgendein vergessenes, keusches Filmsternchen aus seiner frühen Jugend. Er nahm an, dass das auch ungefähr der Eindruck war, den Frau Trotta gern vermitteln wollte. Oder einmal hatte vermitteln wollen.
    Inzwischen war sie um die fünfundvierzig, groß, hellblau gekleidet und leicht verärgert.
    »Wozu soll das denn gut sein?«, fragte sie. »Ich habe doch gar nichts zu erzählen.«
    Sie machte eine Art unklarer Geste, die alles Mögliche bedeuten konnte. Münster nahm sie jedenfalls zum Anlass, an ihr vorbei ins Wohnzimmer zu treten.
    »Er ist ziemlich stur, mein Chef«, entschuldigte er sich und setzte sich auf einen Cretonne-Sessel. »Und er ist bekannt dafür, dass er nichts dem Zufall überlässt.«
    Sie nickte vage und setzte sich auf den äußersten Rand des Cretonne-Sessels Nummer zwei. Strich seufzend einige Falten aus ihrem Rock.
    »Aber nur ein paar Minuten«, räumte sie ein. »Ich habe noch einiges zu erledigen.«
    Münster holte Stift und Notizblock aus seiner Aktentasche.
    »Danke«, sagte er. »Ich werde versuchen, mich kurz zu fassen. Barbara Hennan, wie gesagt. Wie gut haben Sie sie gekannt?«
    »Überhaupt nicht«, antwortete Amelia Trotta.
    »Überhaupt nicht?«
    »Na, fast überhaupt nicht. Wie ich schon gestern den Inspektoren zu erklären versucht habe. Wir wohnen jetzt seit fünfzehn Jahren hier, das Paar Hennan ist im April eingezogen. Wir haben miteinander gegessen, das war alles. Wie man es unter guten Nachbarn halt tut.«
    »Natürlich«, nickte Münster. »Und das waren sie?«
    »Was?«
    »Gute Nachbarn.«
    Sie zuckte mit den Schultern.
    »Ich nehme es an.«
    »Sie nehmen es an?«
    »Ja. Es gab keinen Grund zur Klage. Nur, dass sie nicht ganz unseren Stil hatten.«
    »Ach so«, bemerkte Münster neutral und schaute sich kurz in dem geräumigen, ordentlichen Zimmer um. Sitzgruppe und Fernseher. Zwei große, blasse Ölgemälde, Ton in Ton mit dem Möbelstoff und den Gardinen. Sowie eine Regalkombination aus solider Eiche, die so ziemlich alles, nur keine Bücher enthielt.
    Stil?, dachte er. Nun ja.
    »Was meinen Sie zu dem Unfall?«
    Frau Trotta versuchte erneut, eine Falte zu formen.
    »Ich meine natürlich gar nichts«, sagte sie. »Was sollte ich dazu meinen?«
    »Wissen Sie, ob Frau Hennan an Depressionen litt?«
    »Keine Ahnung. Warum fragen Sie das?«
    »Es gibt ja die Möglichkeit, dass sie den Unfall selbst verschuldet hat… sozusagen.«
    »Dass sie sich das Leben genommen hat?«
    »Wir können es nicht ausschließen. Das ist doch eine merkwürdige Art zu sterben, oder was meinen Sie?«
    Amelia Trotta überlegte ein paar Sekunden lang.
    »Die Menschen sterben heutzutage oft auf merkwürdige Art.«
    Heutzutage?, dachte Münster. Ja, dem konnte man vielleicht sogar zustimmen. Er erinnerte sich daran, dass er vor gar nicht langer Zeit von einer Prostituierten in Oosterdam gelesen hatte, die an einem Kondom erstickt war.
    »Mochten Sie sie?«, fragte er.
    Sie antwortete mit einem erneuten Achselzucken.
    »Nicht besonders«, interpretierte er das.
    »Ich habe ja gesagt, dass wir sie gar nicht gekannt haben. Weder ihn noch sie.«
    »Aber Sie hatten auch keine Lust, den Kontakt mit den beiden weiter zu vertiefen… mehr als es unter Nachbarn notwendig ist, meine ich?«
    Sie zögerte einen Augenblick.
    »Nein«, sagte sie dann. »Das hatten wir nicht.«
    »Ihr Mann auch nicht?«
    »Nein.«
    Münster wartete ab.
    »Sie hatten… sie hatten so etwas Billiges an sich.«
    »Billiges? Was meinen Sie damit?«
    »Das verstehen Sie schon.«
    »Nein«, widersprach Münster ganz unschuldig. »Könnten Sie das ein wenig ausführen?«
    Sie seufzte und rutschte ein wenig weiter auf dem Sessel nach hinten.
    »Ich weiß nicht«, sagte sie. »Das fühlt man einfach. Sie war zum Beispiel

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