Sein Schmerz - Extrem (German Edition)
blass? Vielleicht liebt er mich deshalb nicht?
Melanie wusste, dass diese Gedanken lächerlich waren. Sie machte sich absichtlich selbst Angst. Aber jetzt, nachdem sich ihr Geist einmal auf diese Reise begeben hatte, konnte sie ihn einfach nicht mehr dazu zwingen, wieder einen anderen Weg einzuschlagen. Sie fragte sich, was sie tun würde, falls es tatsächlich wahr wäre. Wäre sie so stark, ihn zu töten? Könnte sie einen Pflock durch das Herz ihres einzigen Sohnes treiben und seine Leiche hinaus ins Sonnenlicht schleppen? Oder würde sie ihn für immer hierbehalten und ihm dabei helfen, das Blut zu finden, das er brauchte, um sich zu regenerieren?
Sie wollte nicht länger an so etwas denken. Sie schüttelte den Kopf, um die Vorstellung aus ihren Gedanken zu verbannen, wie ein Kind, das die Münzen aus seinem Sparschwein schüttelt.
Hör auf! Hör sofort damit auf! Du bist wirklich albern, schalt sie sich selbst.
Dann bewegte sich der Sack.
Melanie erschrak. Sie hatte Mühe, das Gummitablett festzuhalten und hätte es beinahe fallen lassen, als sie so schnell vor dem Sack zurückwich. Sie musste mehrmals tief einatmen, um sich wieder zu beruhigen. Sie starrte auf den schwarzen Sack, als erwarte sie, ein Ungeheuer würde daraus hervorstürzen. Aber er bewegte sich nicht mehr, abgesehen von der monotonen Atmung ihres Sohnes.
Zu viele beschissene Horrorfilme, dachte sie.
Trotzdem hämmerte ihr Herz gegen ihren Brustkorb, als sie den Reißverschluss von Jasons Sack öffnete und Luft hineinließ. Sie setzte sich auf sein latexbezogenes Bett und wartete, bis er so weit war. Jason schlüpfte aus dem Vakuumsack, als sei er eine Art außerirdische Larve, die aus einem überdimensionalen Kokon kriecht. Erneut jagte ein eisiger Schauer über ihren Rücken, während sie zusah, wie der lange Schatten auftauchte. Als seine Füße den Boden berührten, richtete er sich in der Mitte des Zimmers auf und starrte auf seine Mutter hinab, ohne sich zu bewegen oder einen Laut von sich zu geben. Beinahe erwartete sie, dass er sie angriff. Dann fiel ihr wieder ein, wie empfindsam und zerbrechlich er war. Ein harsches Wort genügte, um ihn auf die Knie zu zwingen.
Aber er sieht definitiv aus wie ein verfluchter Vampir, dachte sie, während sie seine blasse Haut und seinen langen, hageren Körper betrachtete.
Jason war völlig nackt. Ihn dort stehen zu sehen, während sein schlaffer Penis auf seinem Oberschenkel baumelte, ließ seine Mutter erröten. Mit 17 Jahren war er kein kleiner Junge mehr.
»Ich hab dir dein Abendessen mitgebracht, Jason.«
Seine Hände flogen förmlich an seine Ohren und er verzog schmerzerfüllt das Gesicht und fletschte mit einem bösartigen Knurren die Zähne. Er nahm die Hände wieder von den Ohren und funkelte seine Mutter mit mörderischem Blick an.
Melanie musste sich auf die Faust beißen, um sich selbst davon abzuhalten, sich zu entschuldigen. Sie nahm die Faust wieder aus ihrem Mund und murmelte die Worte stumm: Es tut mir leid.
Jason schüttelte den Kopf und streckte seine Hand nach dem Tablett aus, ganz vorsichtig, damit seine Haut nicht mit der seiner Mutter in Kontakt kam. Aus irgendeinem Grund empfand er ihre Berührungen als besonders unangenehm. Melanie wandte den Kopf ab, als Jason begann, das Essen von dem Tablett zu saugen und zu schlecken. Er hasste es, wenn das Essen mit seinen Händen in Berührung kam, und weigerte sich sogar, Plastikbesteck zu benutzen. Das Risiko, sich daran zu schneiden, war einfach zu groß.
Melanie wollte ihrem Sohn von dem Yogi erzählen, aber sie konnte nicht mit ihm sprechen und Jason hatte auch nie gelernt, mehr als ein paar grundlegende Worte zu lesen. Eine Zeit lang hatten sie es mit Zeichensprache versucht, aber Jason hatte sich als
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