Sein Schmerz - Extrem (German Edition)
fernsehen oder Musik hören. Selbst der Klang menschlicher Stimmen bereitet ihm Qualen. Ich darf ihn noch nicht einmal berühren. Ich träume davon, meinen Sohn eines Tages in meinen Armen halten zu können. Ich glaube, dass Sie mir und meiner Familie helfen können. Bitte melden Sie sich. Ich bin völlig verzweifelt.
Hochachtungsvoll,
Melanie Thompson
PS: Wir sind bereit, für Ihre Hilfe jeden Preis zu bezahlen.
Melanie klickte auf »Senden« und schaltete den Computer wieder aus. Sie wusste selbst nicht, warum sie den letzten Satz hinzugefügt hatte. Ihr und ihrem Mann ging es zwar gut, aber sie waren alles andere als wohlhabend. Falls der Yogi eine Million Dollar verlangte, war völlig ausgeschlossen, dass sie eine derartige Summe aufbringen konnten, nicht einmal, wenn sie das Haus verkauften. Sie hoffte, dass er, da er ein spiritueller Mann war, allein aus Herzensgüte oder für einen eher symbolischen Betrag half. Vielleicht würde er ja auch darauf bestehen, dass sie sich seiner Religion anschloss. Es war ihr egal, welchen Preis er verlangte, solange er nur ihr und ihrem Kind helfen konnte.
Als sie mit dem Abendessen fertig war, kam Edward nach Hause. Sie hatte die Neuigkeiten über Yogi Arjunda für sich behalten wollen, bis er zumindest auf ihre E-Mail geantwortet hatte, aber als sie den niedergeschlagenen Ausdruck auf Edwards Gesicht sah, überkam sie doch das Bedürfnis, die gute Nachricht mit ihm zu teilen. Er sah aus, als habe er dringend eine nötig.
»Rate mal, Edward. Heute ist etwas ganz Wundervolles passiert!«, begrüßte sie ihn und strahlte ihn an.
Edward hob skeptisch eine Augenbraue, wandte sich ab und starrte auf die Zimmertür seines Sohnes, so als erwarte er, dass der Junge herausstürmen und sich in seine Arme werfen würde. Dann fiel sein Gesicht wieder in die trübselige Miene zurück, die sich seit 17 Jahren dort eingenistet hatte und sich weigerte, wieder zu verschwinden.
»Ich habe heute einen Mann in einer Talkshow gesehen, der Menschen dabei hilft, ihre Schmerzen durch Meditation zu überwinden. Er hat schon Hunderten geholfen, hauptsächlich Verbrennungsopfern und Krebspatienten. Er hat gesagt, dass einige Menschen sogar schon Operationen ohne Narkose überstanden haben, nur, indem sie seine Techniken angewandt haben. Ich habe ihm vorhin geschrieben. Ich glaube, dass er Jason helfen kann.«
»Das … das ist großartig, Liebling«, stammelte Edward, aber sein Ausdruck veränderte sich nicht. Er ging zur Couch hinüber und ließ sich darauf fallen.
Melanie hatte bisher nie wirklich bemerkt, wie sehr die Jahre ihn verändert hatten. Edward war einst wirklich massig gewesen. Nicht fett, aber korpulent und groß gewachsen, mit breiten Schultern und breiter Brust. Nun war er nur noch ein dünner Hering. Seine Schultern waren eingefallen und gebeugt und schienen aufeinander zuzugleiten. Seine kräftige Brust war eingesunken und er hatte drastisch an Gewicht verloren. Sein Kopf hing tief, und seine Augen wirkten matt und leer, so als beherrsche sein Körper den Trick, ohne Lebenskraft lebendig zu bleiben. Er war nur noch der schlurfende Geist des Mannes, den sie damals geheiratet hatte.
»Edward, das könnte funktionieren. Tu es nicht einfach so ab. Wir müssen weiter hoffen. Das Mindeste, was du tun kannst, ist, dem Ganzen eine Chance zu geben.«
»Und wenn er uns nicht helfen kann?«
»Dann versuchen wir etwas anderes. Und wir versuchen es so lange weiter, bis wir eine Heilung für unseren Jungen finden!«
»Und wenn es keine Heilung gibt? Wenn ihm niemand helfen kann?«
»Sag das nicht, Edward. Das darfst du nicht mal denken! Das ist keine Option.« Sie funkelte ihn bedrohlich an, bis er den Kopf wieder hängen ließ und seinen Blick abwandte, was nicht
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