Sein Schmerz - Extrem (German Edition)
zu ungeduldig und reizbar erwiesen, um sie zu lernen. Sie saß da, starrte ihren Sohn an, während er sein Essen verschlang, und fragte sich, wie der Yogi jemals zu ihm durchdringen wollte.
Zwei Tage später antwortete der Yogi.
Melanie hatte die Hoffnung schon beinahe aufgegeben, und ihre Stimmung hatte sich wieder verfinstert. In den letzten 48 Stunden war sie zwei-, dreimal pro Stunde zu ihrem Computer gerannt, um nachzusehen, ob Yogi Arjunda auf ihre E-Mail reagiert hatte. Sie hatte gerade das Frühstück für Jason zubereitet und zugesehen, wie er es in der völligen Dunkelheit seines Zimmers aufleckte, und war auf dem Rückweg in die Küche erneut an ihrem Computer vorbeigegangen, als sie gesehen hatte, dass die Antwort auf ihre E-Mail eingetroffen war.
Ihre Hände zitterten, als sie den Cursor auf den kleinen Briefumschlag des E-Mail-Icons bewegte und doppelklickte. Sie quietschte wie ein Schulmädchen, als die Nachricht des Yogis auf dem Bildschirm erschien.
Liebe Mrs. Thompson,
ich habe Ihr von Herzen kommendes Schreiben mit großem Interesse gelesen. Es tut mir sehr leid, welches Unglück Sie und Ihr Sohn erfahren müssen. Er leidet unter einer sehr schweren Erkrankung, die mir, zugegebenermaßen, noch nie zuvor begegnet ist. Ich kann mir nur schwer vorstellen, was es für Ihren Sohn bedeuten muss, sein Leben lang nichts als Schmerzen gekannt zu haben – und was es für Sie bedeuten muss, hilflos dabei zusehen zu müssen. Ich glaube, dass es meine von Gott gegebene Pflicht ist, Ihnen und Ihrem Sohn zu helfen. Solange er weiterhin leidet, wird meine Seele keine Ruhe finden, ebenso wenig wie Ihre, da bin ich mir sicher. Ich werde sofort in ein Flugzeug steigen und Sie besuchen. Wenn Sie es mir erlauben würden, als Gast in Ihrem Haus zu wohnen, während ich versuche, Ihr Kind aus seinem Elend zu erlösen, wären Essen, ein Dach über dem Kopf und Ihre Gastfreundschaft die einzige Vergütung, die ich brauche.
In Frieden,
Yogi Arjunda
Melanie las die E-Mail immer wieder. Es war fast nicht zu glauben. Sie hatten bereits Unsummen für so viele Spezialisten ausgegeben. Es war einfach schwer zu glauben, dass dieser Mann ihnen völlig kostenlos helfen wollte.
Nicht kostenlos, erinnerte sie sich wieder. Er will Essen, ein Dach über dem Kopf und meine »Gastfreundschaft«. Ich frage mich, warum er »Ihre Gastfreundschaft« geschrieben hat und nicht »die Gastfreundschaft Ihrer Familie«.
Wäre der Yogi kein heiliger Mann gewesen, hätte sie diese »Gastfreundschaft« womöglich als sexuelle Gefälligkeiten interpretiert. Aber Melanie war sich ziemlich sicher, dass alle Mönche zölibatär lebten – auch wenn sie nichts Genaueres über den hinduistischen Glauben wusste. Sie hatte ja noch nicht einmal einen Beweis dafür, dass er wirklich Hindu war. Sie hatte nur mitten in der Sendung den Fernseher eingeschaltet und nie wirklich gehört, wie er sagte, welchem Glauben er angehörte. Sie hatte es aufgrund seiner orangenen Kutte und seines Titels einfach angenommen.
Aber ist ein Yogi nicht ein Hindu-Priester oder -Mönch oder so? Sie war sich nicht sicher. Ihre einzige Erfahrung mit diesem Thema war eine Dokumentation im Fernsehen, in der sich ein Hindu-Priester in eine winzige Kiste gequetscht hatte und unter Wasser eine halbe Stunde lang die Luft anhielt. Und Yogi Arjunda war genauso gekleidet und gab sich auch genauso wie dieser Schlangenmensch.
Vielleicht sind Yogis ja wie christliche Priester und Pfarrer und es gibt verschiedene Glaubensgemeinschaften und Sekten. Vielleicht ist es ja nur ein angenommener Titel, »selbst ernannt«, wie man so schön sagt. Oder vielleicht ist es auch eine ganz andere Religion, bei der für die Priester und Mönche nur
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