Sein Schmerz - Extrem (German Edition)
strichen die Fenster schwarz an, um das Sonnenlicht abzuhalten. Sie entfernten die Lampenhalterung von der Decke und polsterten die Wände und den Fußboden mit Schaumgummi.
All seine Nahrung musste zuerst mehrfach gewaschen und gekocht werden, damit sie so geschmacksneutral war, dass er sie zu essen vermochte, und anschließend auch wieder auf Raumtemperatur abgekühlt werden. Fleisch, Gemüse und alles andere schnitten seine Eltern in winzige Stücke und mixten es zu Brei, damit er es schlucken konnte, ohne kauen zu müssen. Alles, was er aß, wurde püriert. Die einzige Flüssigkeit, die er zu sich nehmen konnte, war abgekochtes Wasser. Dennoch war der Akt der Nahrungsaufnahme ein Gräuel für ihn. Der gesamte Verdauungsprozess, einschließlich Darmbewegungen jeglicher Art, fühlte sich an, als würde er von innen nach außen gestülpt.
Die Medikamente verschafften ihm ein wenig Linderung. Mit 17 hatte er bereits sämtliche Betäubungsmittel, von Codein bis Morphium, eingenommen. Sein Vater hatte ihm sogar mehrmals Heroin beschafft, als sein Geschrei nicht mehr auszuhalten gewesen war. Schließlich hörten seine Schreie jedoch auf, als er es schaffte, die schwächeren Schmerzen auszuhalten, vor denen sie ihn nicht beschützen konnten.
»Es ist grausam, ihn am Leben zu halten. Findest du, dass wir egoistisch sind? Vielleicht sollten wir ihn einfach sterben lassen.«
»Das können wir nicht! Bist du verrückt? Er ist unser Kind! Unser kleiner Junge. Wir müssen ihm helfen.«
»Das versuche ich ja. Das ist alles, was ich je wollte. Aber vielleicht tun wir ja genau das Falsche für ihn. Vielleicht ist das Beste, was wir für ihn tun können, seinem Leiden für immer ein Ende zu setzen.«
Jason saß in seinem verdunkelten Zimmer und hörte zu, wie seine Eltern miteinander stritten. Er hatte diese Unterhaltung im Laufe der Jahre schon viele Male belauscht, wenn seine Eltern glaubten, er könne sie nicht hören. Manchmal vergaßen sie, seine Zimmertür zuzumachen. Für das von Herzen kommende Plädoyer seines Vaters, ihm Sterbehilfe zu leisten, liebte er seinen alten Herrn noch mehr. Es war ein Gefühl, das sich auf schmerzliche Weise in sein Herz schmiegte. Seine Mutter beharrte hingegen unnachgiebig darauf, ihn weiter ein Leben voller Qualen durchleiden zu lassen, und er hasste die Schlampe dafür.
»Bitte schön, mein Schatz.«
Jason zuckte zusammen. Seine Trommelfelle fühlten sich an, als hätte man sie mit einer Nähnadel durchbohrt. Seine Mutter stand im Türrahmen seines Zimmers. Sie hielt einen mit Wasser gefüllten Gummibecher in der Hand. Gummi war das einzige Material, das er nicht als unerträglich empfand. In der anderen Hand hielt sie seine Schmerztabletten. Jason hasste es, sie einzunehmen. Die trockenen, gipsartigen Pillen fühlten sich wie Batteriesäure an, wenn sie sich in seinen Bauch hinunterbrannten. Aber zwei oder drei Darvocet alle paar Stunden waren nun einmal das Einzige, was ihn davon abhielt, sich die Adern mit seinen Zähnen aus den Handgelenken zu reißen. Wenn die Wirkung des Medikaments dann unausweichlich nachließ, hatte er jedes Mal das Gefühl, in einem Becken voller Feuerameisen zu treiben.
»Ich wünschte, du würdest dir etwas anziehen. Ich weiß, dass die Kleidung dir wehtut, aber du bist jetzt einfach schon zu alt, um noch die ganze Zeit nackt zu Hause rumzusitzen.«
Jason ignorierte sie. Er wusste, dass sein stoisches Schweigen sie nervte, aber er hatte die Kopfschmerzen so satt, die die Vibration ihrer schrillen Stimme ihm unvermeidlich bereitete. Nicht einmal die Darvocet waren stark genug, um ihm zu helfen, wenn sich die Migräne erst einmal meldete. Dann half nur noch Reizabschirmung.
Seine
Weitere Kostenlose Bücher