Sein Schmerz - Extrem (German Edition)
habe ihn akzeptiert und angenommen. Ich habe ihm seine Macht genommen, indem ich ihn willkommen hieß und meinen Frieden mit ihm gemacht habe. Schon bald machte er mir kaum noch mehr Angst als das Spritzen eines Regentropfens oder der kalte Hauch der Morgenbrise. Ich hatte ihn vollständig bezwungen.
Einer der Knochen in meinem Bein war sehr schlimm zertrümmert. Er hatte sich durch den Muskel gebohrt. Er hatte mehrere große Adern durchtrennt und meine Haut weit aufgerissen. Aufgrund des kalten Schlamms und des Regens litt ich außerdem an Unterkühlung. Die Wunden an meinem Bein und meiner Stirn bluteten sehr stark. Ich habe sehr schnell viel Blut verloren und einen Schock erlitten. Aber ich habe den Schmerz begrüßt, nicht gegen ihn angekämpft und mich ihm nicht widersetzt. Stattdessen habe ich zugelassen, dass ich eine Ebene der Pein fühlte, vor der unser Geist uns für gewöhnlich beschützt, und dass meine Sinne von diesen Qualen überwältigt wurden, bis sie nichts anderes mehr wahrnehmen konnten. So war ich in der Lage, meine Atmung und meinen Herzschlag zu verlangsamen. Nur dadurch habe ich überlebt. Hätte ich meine Gedanken nicht ändern können, wäre ich am Ende gewesen. Inzwischen habe ich diese Techniken perfektioniert und verstärkt. Ich nutze sie, um Krebspatienten zu helfen, mit den Belastungen und Beschwerden der Chemotherapie fertig zu werden. Diese Techniken bringe ich auch Verbrennungsopfern bei, denen mit Morphium oder anderen Schmerzmitteln nicht mehr geholfen werden kann. Einige Menschen haben sich schon allein mithilfe meiner Visualisierungstechniken und ohne eine andere Form der Narkose einer Operation unterzogen.«
Melanie lauschte ehrfürchtig. Zum ersten Mal seit Jahren spürte sie, wie ein Funken echter Hoffnung in ihr aufkeimte. Konnte dieser Mann ihrem lieben kleinen Jungen womöglich helfen?
Als sich die Sendung dem Ende neigte, beeilte sie sich, einen Stift und ein Blatt Papier zu holen, um sich die Kontaktdaten des Mannes zu notieren. Die Angaben beschränkten sich auf eine E-Mail-Adresse, eine Website und einen Namen: Yogi Arjunda unter www.physischeerleutung.com.
Physische Erleuchtung?
Sie hatte schon von geistiger Erleuchtung gehört, aber sie hatte keine Ahnung, wie jemand physisch erleuchtet werden konnte. Trotzdem, wenn eine Chance bestand, dass Yogi Arjunda und seine Meditationstechniken es ihr eines Tages ermöglichten, ihren Sohn in den Arm zu nehmen, dann musste sie es versuchen. Sie kritzelte die E-Mail-Adresse auf das Papier und lief hinüber zum Computer.
Lieber Yogi Arjunda,
Sie sind ein Geschenk Gottes. Ich hoffe, dass Sie die Antworten auf meine Gebete haben. Ich habe Ihnen zugehört, als Sie erzählt haben, wie Sie mithilfe von Meditationstechniken gebrochene Knochen und eisige Temperaturen überwinden konnten – und dass Sie anderen Menschen beibringen, mit ähnlichen Methoden Schmerzen zu bekämpfen. Ich wusste einfach sofort, dass ich Kontakt zu Ihnen aufnehmen muss. Ich bin Mutter eines Sohnes im Teenageralter, der schon sein ganzes Leben lang unter unbeschreiblichen Schmerzen leidet. Er ist von einer seltenen neurologischen Erkrankung betroffen, durch die alles, was er berührt, schmeckt, hört, sieht oder riecht, entsetzliche Schmerzen bei ihm auslöst. Er verbringt all seine Zeit eingeschlossen in einem schalldichten Zimmer, versiegelt in einem reizabschirmenden Sack aus Latex, vollgepumpt mit einem Cocktail aus Schmerzmitteln. Er konnte noch nie nach draußen gehen und wie andere Kinder spielen oder wenigstens fernsehen oder Musik hören. Selbst der Klang menschlicher Stimmen bereitet ihm Qualen. Ich darf ihn noch nicht einmal berühren. Ich träume davon, meinen Sohn eines Tages in meinen Armen halten zu können. Ich glaube, dass Sie mir und meiner Familie helfen können. Bitte melden Sie sich. Ich bin völlig verzweifelt.
Hochachtungsvoll,
Melanie Thompson
PS: Wir sind bereit, für Ihre Hilfe jeden Preis zu bezahlen.
Melanie klickte auf »Senden« und schaltete den Computer wieder aus. Sie wusste selbst nicht, warum sie den letzten Satz hinzugefügt hatte. Ihr und ihrem Mann ging es zwar gut, aber sie waren alles andere als wohlhabend. Falls der Yogi eine Million Dollar verlangte, war völlig ausgeschlossen, dass sie eine derartige Summe aufbringen konnten, nicht einmal, wenn sie das Haus verkauften. Sie hoffte, dass er, da er ein spiritueller Mann war, allein aus Herzensgüte oder für einen eher symbolischen Betrag half. Vielleicht
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