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Seine Exzellenz Eugène Rougon

Seine Exzellenz Eugène Rougon

Titel: Seine Exzellenz Eugène Rougon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emile Zola
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Übrigens arbeite
ich eben für sie.«
    Damit setzte er sich wieder zu seinem Rundschreiben. In der
warmen Luft des Gemaches war nichts vernehmbar als das Kritzeln
seiner Gänsefeder und das leise Rascheln der Briefe, die Herr
d'Escorailles öffnete. Herr Kahn hatte ein anderes Blatt
vorgenommen, Herr Béjuin und der Oberst waren in einen Halbschlaf
versunken.
    Frankreich saß angstbebend im Vorzimmer. Indem der Kaiser Rougon
zur Macht berief, wollte er durch Strenge abschrecken. Er kannte
seine eherne Faust und hatte ihm am Morgen nach dem Attentat im
Zorne des Geretteten gesagt: »Keine Nachsicht! Man muß Sie
fürchten!« Er hatte ihn mit dem schrecklichen » 
Gesetze
über die öffentliche Sicherheit
« ausgerüstet, das die
Regierung ermächtigte, jeden wegen eines politischen Vergehens
Verurteilten nach Algier zu schicken oder aus dem Reiche zu
verbannen. Obgleich bei dem Verbrechen in der Le Peletierstraße
keine französische Hand im Spiele gewesen, wurden die Republikaner
dennoch gleich dem Wild gehetzt und verbannt; es war ein Ausfegen
der zehntausend Verdächtigen, die am 2. Dezember übersehen worden.
Man sprach von einer durch die Revolutionäre vorbereiteten
Bewegung, man sagte, daß Waffen und Papiere mit Beschlag belegt
worden seien. Seit Mitte März waren dreihundertachtzig Verbannte in
Toulon eingeschifft worden. Jetzt ging wöchentlich ein Zug ab. Das
Land zitterte vor Schrecken, der wie eine Gewitterwolke aus dem
grünsamtenen Kabinett aufstieg, wo Rougon
allein, die Arme reckend, lachte.
    Niemals hatte der große Mann eine ähnliche Befriedigung
empfunden. Er befand sich wohl, mästete sich einen Schmerbauch an;
mit der Macht hatte er auch seine Gesundheit wiedererlangt. Wenn er
auftrat, setzte er die Fersen so gewichtig auf seinen Teppich, daß
man es in ganz Frankreich hörte. Er wünschte nur, daß er nicht sein
leeres Glas niedersetzen, nicht seine Feder hinwerfen, kurz eine
Bewegung machen könne, ohne daß das Land den Stoß verspüre. Es war
für ihn ein Vergnügen, Schrecken zu verbreiten, den Blitz zu
schmieden, inmitten der Wohlfahrt seiner Freunde mit den groben
Fäusten des Emporkömmlings ein Volk zu erwürgen. In einem seiner
Rundschreiben hieß es: »Die Guten können sich beruhigen, die Bösen
allein sollen zittern.« Er spielte die Rolle des Herrgotts, mit
eifersüchtiger Hand die einen verdammend, die anderen errettend.
Ein grenzenloser Hochmut überkam ihn, die seiner Kraft und seiner
Einsicht bezeugte Anbetung wurde zum regelrechten Götzendienste. Er
bewirtete sich selbst mit übermenschlichen Genüssen.
    In dem Gewühl der Männer des zweiten Kaiserreichs trug Rougon
schon seit langer Zeit offen herrschsüchtige Gesinnungen zur Schau.
Sein Name bedeutete die Unterdrückung bis zum äußersten, die
Verweigerung aller Freiheiten, die absolute Regierung. So täuschte
sich denn niemand, als er zum Minister ernannt wurde. Seinen
Vertrauten machte er jedoch Geständnisse: er habe mehr Bedürfnisse
als Überzeugungen, er finde die Macht zu wünschenswert, zu
notwendig für seine Herrschgelüste, um sie nicht anzunehmen, unter
welchen Bedingungen sie ihm auch geboten werde. Regieren, seinen
Fuß auf den Nacken der Menge setzen, darauf sei sein Ehrgeiz vor
allem gerichtet; alles andere seien Nebensachen, denen er sich
stets fügen werde. Er hatte nur eine Leidenschaft: über den anderen zu stehen. Nur daß gegenwärtig die
Umstände, unter denen er wieder zur Herrschaft gelangt war, für ihn
die Freude am Erfolge verdoppelten; der Kaiser hatte ihm völlige
Freiheit im Handeln gelassen: er sah also seinen alten Wunsch
erfüllt, die Menschen mit der Peitsche zu jagen wie eine Herde. Für
ihn gab es keine größere Freude, als sich verabscheut zu sehen.
Wenn ihm zuweilen jemand das Wort »Tyrann« zurief, lächelte er und
sagte die tiefsinnigen Worte:
    »Wenn ich einmal liberal werde, wird man sagen, ich hätte mich
geändert.«
    Aber Rougons größtes Vergnügen war, vor seinen Freunden zu
triumphieren. Er vergaß Frankreich, die Beamten, die er zu seinen
Füßen sah, das Heer von Bittstellern, das seine Tür belagerte – um
sich beständig von seinen zehn bis fünfzehn Vertrauten bewundern zu
lassen. Ihnen war sein Kabinett jederzeit geöffnet; er ließ sie
dort auf den Sesseln, ja selbst auf dem Schreibtisch unumschränkt
herrschen, er fühlte sich glücklich, beständig einige zwischen
seinen Beinen zu spüren wie treue Tiere. Minister war nicht nur er,
sondern sie alle, die ihm

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