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Seine Exzellenz Eugène Rougon

Seine Exzellenz Eugène Rougon

Titel: Seine Exzellenz Eugène Rougon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emile Zola
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Stelle mit sechstausend
Franken ohne Arbeit und sehr gut verträglich mit Ihrem
Abgeordnetenmandat.«
    Herr Béjuin wiegte den Kopf. Ja, ja, er nehme an. Als die Sache
ins reine gebracht war, blieb er noch zwei Minuten, um zu schnüffeln. Endlich mußte er jedoch einsehen,
daß an diesem Morgen nichts mehr für ihn abfallen werde; er ging
langsam, die Füße schleppend, hinter Herrn d'Escorailles von
dannen.
    »Endlich sind wir allein … Was wünschen Sie, liebes Kind?«
fragte Rougon die hübsche Frau Bouchard.
    Er hatte einen Sessel herangerollt und setzte sich vor sie
mitten in das Zimmer. Erst da wurde er auf ihre Toilette
aufmerksam: ein Kleid von blaßrosa Kaschmir, sehr weich, das sie
umhüllte wie ein Pudermantel. Sie war gekleidet, ohne bekleidet zu
sein. Auf ihren Armen, auf ihrem Halse war der geschmeidige Stoff
wie lebendig, während unten breite Falten ihre runden Beine
bezeichneten. Es war eine bewußte Nacktheit, eine wohlberechnete
Verführung selbst in der etwas hoch geschnürten Taille, welche die
Hüfte hervortreten ließ. Kein Stückchen vom Unterrock war zu sehen,
sie schien ohne Leibwäsche, sah jedoch reizend aus.
    »Nun, was haben Sie?« wiederholte er.
    Sie antwortete noch nicht, sondern lächelte nur, lehnte sich
zurück, mit ihrem gekräuselten Haar unter dem rosa Hute, und zeigte
zwischen den geöffneten Lippen den feuchten Glanz ihrer Zähne. Ihre
kleine Gestalt hatte eine einschmeichelnde Ungezwungenheit an sich,
einen Ausdruck inständiger und unterwürfiger Bitte.
    »Ich möchte Sie um etwas bitten«, murmelte sie endlich und fügte
dann lebhaft hinzu:
    »Sagen Sie zuerst, daß Sie es mir bewilligen!«
    Er aber versprach nichts. Er wollte vor allem wissen, um was es
sich handelte. Er mißtraute den Frauen. Als sie sich ganz nahe zu
ihm neigte, fragte er sie:
    »Das muß ja eine schlimme Geschichte sein, daß Sie nicht zu
reden wagen. Da muß ich Sie wohl in die Beichte nehmen … Also
der Reihe nach. Ist's für Ihren Mann?« Sie
schüttelte den Kopf, noch immer lächelnd.
    »Teufel! … Also für Herrn d'Escorailles? Sie haben sich da
eben heimlich mit ihm verschworen.«
    Sie verneinte abermals mit einem Mäulchen, das klar besagte, daß
sie Herrn d'Escorailles habe den Laufpaß geben müssen. Während
Rougon überrascht nachsann, rückte sie ihren Stuhl noch etwas näher
heran, so daß sie zwischen seinen Beinen saß.
    »Hören Sie mich an … Sie sind mir nicht böse? Sie haben
mich ein wenig lieb? … Es ist wegen eines jungen Mannes. Sie
kennen ihn nicht; ich werde ihn sogleich nennen, wenn Sie ihm die
Stelle gegeben haben … Eine unbedeutende Stelle. Sie brauchen
nur ein Wort zu sagen, und wir würden Ihnen sehr dankbar sein.«
    »Vielleicht ein Verwandter von Ihnen?« fragte er wieder.
    Sie seufzte, sah ihn schmachtend an und ließ ihre Hände sinken,
damit er sie ergreife. Dann sagte sie sehr leise:
    »Nein, ein Freund … Mein Gott, ich bin sehr
unglücklich!«
    Mit diesem Geständnisse überlieferte sie sich ihm. Es war ein
sehr wollüstiger Angriff, mit überlegener Kunst geplant,
scharfsinnig berechnet, um ihm die leisesten Bedenken zu benehmen.
Einen Augenblick glaubte er sogar, sie habe diese Geschichte nur in
einer Vollendung ihrer Verführungskünste erfunden, um sich noch
begehrenswerter zu machen in dem Augenblicke, da sie aus den Armen
eines anderen kam.
    »Aber das ist sehr schlimm!« rief er.
    Sie aber legte mit einer raschen und vertraulichen Bewegung die
unbeschuhte Hand auf seinen Mund und lehnte sich dabei ganz an ihn.
Ihre Augen schlossen sich, ihr Gesicht nahm einen verzückten
Ausdruck an. Ihr Knie hob das weiche Kleid in die Höhe, das sie
nicht mehr verhüllte als das feine Gewebe
eines langen Nachthemdes. Der straffe Stoff des Leibchens zeigte
die Bewegungen ihres Busens. Einige Sekunden hielt er sie wie nackt
in den Armen. Dann packte er sie heftig an der Taille und stellte
sie erbost und fluchend mitten in das Zimmer:
    »Donnerwetter, so seien Sie doch vernünftig!«
    Sie stand mit gesenktem Blick und bleichen Lippen vor ihm.
    »Ja, es ist sehr schlecht, es ist unwürdig! Herr Bouchard ist
ein ausgezeichneter Mann. Er betet Sie an und hegt zu Ihnen blindes
Vertrauen … Nein, ich werde Ihnen gewiß nicht dazu behilflich
sein, ihn zu betrügen. Ich weigere mich, hören Sie, ich weigere
mich ganz entschieden! Und ich sage Ihnen meine Meinung, ich halte
damit nicht hinterm Berge, mein schönes Kind! … Man kann
nachsichtig sein. So zum

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