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Seine Exzellenz Eugène Rougon

Seine Exzellenz Eugène Rougon

Titel: Seine Exzellenz Eugène Rougon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emile Zola
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Saal, trat
zurückkehrend hinter sie und flüsterte ihr zu:
    »Warum nicht mit mir?«
    Sie wandte sich schnell um aus Furcht, er möchte ihr Haar
küssen.
    »Mit Ihnen? Das hätte ja keinen Zweck! Wozu mit Ihnen? … Es
ist eine Dummheit, was Sie da sagen! Vor Ihnen brauche ich Ihre
Sache doch nicht zu verfechten.«
    Als er sie zornbleich ansah, schlug sie ein lautes Gelächter
auf.
    »Ah, die liebe Unschuld! Man darf nicht einmal scherzen, er
glaubt alles! … Halten Sie mich eines solchen Handels wirklich
für fähig, mein Lieber? Und noch dazu für Ihre schönen Augen?
Übrigens, wenn ich wirklich alle diese Gemeinheiten begangen hätte,
würde ich sie Ihnen gewiß nicht an die Nase hängen! … Nein,
Sie sind wirklich drollig!«
    Rougon verlor einen Augenblick die Fassung. Aber der spöttische
Ton, womit sie selbst sich Lügen strafte, ließ sie nur noch herausfordernder erscheinen, ihre ganze
Gestalt, ihr Lachen, das ihren Busen schüttelte, die Flamme ihrer
Augen, alles wiederholte und bestätigte ihre Geständnisse. Er
streckte den Arm aus, um sie zu umschlingen, da klopfte es zum
drittenmal.
    »Meinetwegen«, murmelte sie. »Ich behalte diesmal meine
Zigarette.«
    Ein Türsteher trat ganz außer Atem ein und meldete, Seine
Exzellenz der Herr Justizminister wünsche Seine Exzellenz zu
sprechen, und dabei schielte er zu der rauchenden Dame hinüber.
    »Sagen Sie, ich sei ausgegangen!« rief Rougon. »Ich bin für
niemanden zu sprechen, hören Sie?«
    Als der Mann rückwärts mit einer Verbeugung hinausgegangen war,
wurde Rougon wütend und schlug mit der Faust auf die Möbel. Man
lasse ihn nicht mehr atmen; noch abends zuvor sei man bis in sein
Ankleidezimmer gedrungen, während er sich rasierte. Clorinde
schritt entschlossen der Tür zu und sagte:
    »Warten Sie, man soll uns nicht mehr stören!«
    Sie nahm den Schlüssel, steckte ihn ins Schloß und drehte
zweimal herum.
    »So. Nun mögen sie klopfen.«
    Sie trat an das Fenster und drehte sich die dritte Zigarette. Er
glaubte, ihm stehe ein Schäferstündchen bevor, kam heran und
flüsterte ihr in den Nacken:
    »Clorinde!«
    Sie rührte sich nicht, und er sagte noch leiser:
    »Clorinde, weshalb willst du nicht?«
    Das Duzen nahm sie hin. Sie schüttelte den Kopf, aber nur
schwach, als ob sie ihn ermutigen, vorwärts treiben wolle. Er wagte
es nicht, sie zu berühren, er war mit einem Male furchtsam geworden
und bat schön um Erlaubnis wie ein
Schuljunge, dem sein erstes Liebesabenteuer alle Kraft lähmt.
Endlich küßte er sie derb in den Nacken unter den Haarwurzeln. Da
wandte sie sich verachtungsvoll um und rief:
    »Was, kommen Sie wieder auf solche Streiche, mein Lieber? Ich
glaubte, Sie wären darüber hinaus … Was für eine närrische
Rolle spielen Sie! Sie umarmen die Weiber nach anderthalb Jahren
Überlegens!«
    Gesenkten Hauptes fiel er über sie her und ergriff eine ihrer
Hände, die er fast wund küßte. Sie sträubte sich nicht, fuhr aber
fort ihn zu verspotten, ohne zu zürnen.
    »Beißen Sie mir nur nicht die Finger ab! Das ist alles, was ich
verlange … Ah, das hätte ich Ihnen nicht zugetraut! Sie waren
so vernünftig geworden, als ich Sie in Ihrer Wohnung besuchte! Und
jetzt werden Sie wieder toll, weil ich Ihnen Unsauberkeiten
erzähle, an die ich, Gott sei Dank, nie gedacht habe! Sie sind mir
nett, mein Lieber! … Ich schmachte nicht so lange. Es ist eine
alte Geschichte: Sie haben mich nicht gewollt, jetzt will ich Sie
nicht mehr.«
    »Hören Sie mich an! Alles, was Sie wünschen!« flüsterte er. »Ich
will alles tun, alles bewilligen.«
    Sie aber weigerte sich noch immer und strafte ihn jetzt in
seinen sinnlichen Begierden dafür, daß er sie einst ausgeschlagen
hatte. Es war ihre erste Rache. Sie hatte ihn allmächtig sehen
wollen, um ihn dann abzuweisen und so sein männliches
Kraftbewußtsein zu beschämen.
    »Niemals, niemals!« sagte sie immer wieder. »Haben Sie es ganz
vergessen? Niemals!«
    Da warf sich Rougon ihr schmählich zu Füßen. Er umarmte ihr
Kleid, er küßte ihre Knie durch die Seide. Das war nicht der weiche
Stoff, den Frau Bouchard trug, sondern ein Paket ärgerlich dicken
Stoffes, dessen Geruch ihn dennoch
berauscht«. Sie überließ ihm achselzuckend ihre Röcke. Aber er
wurde kühner, ließ die Hände tiefer gleiten und suchte ihre Füße
unter dem Saume.
    »Nehmen Sie sich in acht!« sagte sie ruhig.
    Und als er trotzdem seine Hände unter ihr Kleid steckte, setzte
sie ihm die brennende Zigarette auf

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