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Seine Exzellenz Eugène Rougon

Seine Exzellenz Eugène Rougon

Titel: Seine Exzellenz Eugène Rougon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emile Zola
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Viertelstunde
vergehen. Er suchte sich damit zu trösten, daß er schwur, sich den
Ball nicht entgehen zu lassen; eben fiel ihm ein, daß er von der
Frau des Direktors sich den ersten Walzer ausgebeten hatte.
    »Schwindel!« flüsterte ihm der Korporal zu. »Soll ich den Mann
auf die Beine bringen?«
    Ohne die Antwort abzuwarten, trat er vor und ermahnte den Notar,
nichts vorzutäuschen. Der aber lag mit geschlossenen Augen und
schmalen Lippen starr wie eine Leiche da. Mit der Zeit verlor der
Korporal die Geduld, begann zu schimpfen und packte schließlich mit
derbem Griffe den Kragen des Schlafrockes. Da aber stieß ihn die
bis dahin so ruhige Frau heftig zurück, trat vor ihren Mann hin und
ballte als entschlossene und gottesfürchtige Frau ihre Fäuste.
    »Reiner Schwindel, sage ich Ihnen!« wiederholte der
Korporal.
    Gilquin zuckte die Achseln. Er war entschlossen, den Notar tot
oder lebendig hinwegzuführen.
    »Lassen Sie einen der Leute den Wagen aus dem ›Goldenen Löwen‹
holen. Ich habe den Wirt schon verständigt.« Als der Korporal gegangen war, trat Gilquin an das
Fenster nd schaute gemächlich in den Garten hinunter, dessen
Aprikosenbäume in voller Blüte standen. Er war ganz in Gedanken
versunken, als er sich an der Schulter berührt fühlte. Frau
Martineau stand vor ihm und fragte ihn mit getrockneten Wangen und
wieder fest gewordener Stimme:
    »Dieser Wagen ist für Sie, nicht wahr? Sie können meinen Mann in
diesem Zustande doch nicht nach Niort schleppen?«
    »Mein Gott, liebe Frau,« sagte er zum drittenmal, »mein Auftrag
ist sehr peinlich … «
    »Aber das wäre ja ein Verbrechen! Sie töten ihn! Das hat Ihnen
doch niemand aufgetragen!«
    »Ich habe den Befehl«, versetzte er rauher, um die Bitten, die
er voraussah, abzuschneiden.
    Sie sah furchtbar aus. Ein Anfall rasenden Zornes überflog ihr
feistes Gesicht, während ihre Blicke das Zimmer durchflogen, wie um
ein Rettungsmittel für den äußersten Fall zu finden. Aber sie zwang
sich gewaltsam zur Ruhe und nahm die Haltung einer willensstarken
Frau an, die nicht auf ihre Tränen rechnet.
    »Gott wird Sie strafen, mein Herr!« sagte sie einfach, nachdem
sie ihn eine Weile lang nicht aus den Augen gelassen hatte.
    Darauf wandte sie sich um, ohne zu schluchzen, ohne weiter zu
bitten, und kauerte neben dem Sessel nieder, in dem ihr Mann mit
dem Tode rang. Gilquin lächelte.
    Da kam der Korporal, der selbst zum »Goldenen Löwen« gegangen
war, mit der Meldung zurück, der Wirt behaupte, nicht den kleinsten
Wagen zur Verfügung zu haben. Das Gerücht von der Verhaftung des
Notars, der in der Gegend sehr beliebt war, mußte sich verbreitet
haben. Offenbar verbarg der Wirt seinen Wagen; zwei Stunden vorher
hatte er sich verpflichtet, dem Kommissar
eine alte Kutsche zu stellen, die er gewöhnlich Reisenden zu
Ausflügen in die Umgebung vermietete.
    »Durchsucht den Gasthof!« schrie Gilquin wütend über dies neue
Hindernis, »durchsucht alle Häuser des Ortes! Will man sich
schließlich über uns lustig machen? Ich werde erwartet und habe
keine Zeit zu verlieren! Ich gebe Ihnen eine Viertelstunde Zeit,
verstehen Sie?«
    Der Korporal ging mit seinen Leuten, die er in verschiedenen
Richtungen auf die Suche schickte. Dreiviertel Stunden verstrichen,
dann eine ganze, endlich fünfviertel Stunden. Nach anderthalb
Stunden erschien ein Gendarm mit langem Gesicht: alle
Nachforschungen waren erfolglos geblieben. Gilquin wanderte in
fieberhafter Aufregung von der Tür zum Fenster und sah die Nacht
hereinbrechen. Gewiß würde der Ball ohne ihn eröffnet werden, die
hübsche Frau würde ihn für unhöflich halten; das würde ihn
lächerlich machen und seine Verführungskünste lahm legen. Sooft er
an dem Notar vorüberging, glaubte er, vor Zorn zu ersticken;
niemals hatte ihm ein Übeltäter soviel Umstände gemacht. Der Notar
blieb regungslos liegen und wurde immer kälter und blässer.
    Es war sieben Uhr vorbei, als der Korporal mit strahlendem
Gesichte zurückkam. Endlich hatte er die alte Kutsche des
Gastwirtes in einem Schuppen eine Viertelstunde vor der Stadt
verborgen, entdeckt. Sie war bespannt, und das Schnauben des
Pferdes hatte ihn auf die Spur gebracht. Jetzt aber, wo der Wagen
da war, mußte Herr Martineau angekleidet werden, und das dauerte
sehr lange. Seine Frau legte ihm zunächst mit würdevoller
Gemessenheit weiße Strümpfe und ein frisches Hemd an, dann einen
schwarzen Anzug: Beinkleider, Weste und Rock. Von den Gendarmen
ließ sie

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