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Seine Exzellenz Eugène Rougon

Seine Exzellenz Eugène Rougon

Titel: Seine Exzellenz Eugène Rougon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emile Zola
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Clorindens in der
ihrigen behielt und mit ihrer Schmeichelstimme die junge Frau sehr
bemitleidete. Herr Bouchard, der in würdiger und vornehmer Haltung
dastand, rief plötzlich inmitten der im Flüstertone geführten
Unterhaltungen:
    »Ich habe Ihnen noch nicht erzählt! … Der Dicke ist ein
netter Herr! … «
    Ehe er sich erklärte, sprach er in herbem Tone von Rougon wie
die anderen. Man könne nichts mehr von ihm verlangen; er sei nicht
einmal mehr höflich; er aber – Bouchard – halte viel auf
Höflichkeit. Als man ihn fragte, was Rougon getan habe, antwortete
er schließlich:
    »Ich kann kein Unrecht leiden … Es handelt sich um einen
Beamten meiner Abteilung, namens George Duchesne; Sie kennen ihn
ja, Sie haben ihn bei mir gesehen. Es ist ein sehr verdienstvoller
Junge; er ist in unserem Hause wie unser eigenes Kind. Meine Frau
liebt ihn sehr, weil er aus ihrer Gegend ist … Neulich hatten
wir eine kleine Verschwörung angezettelt, um Duchesne zum
Vorstandsstellvertreter ernennen zu lassen. Der Gedanke war von
mir, aber du stimmtest derselben zu, nicht wahr?«
    Frau Bouchard beugte sich mit verlegener Miene noch mehr zu
Clorinden nieder, um den Blicken des Herrn d'Escorailles zu
entgehen, die sie auf sich ruhen fühlte.
    »Nun gut,« fuhr der Abteilungsvorstand fort, »Sie können sich
nicht denken, wie der Dicke meine Bitte aufgenommen hat? … Er betrachtete mich einen Augenblick
still mit jener verletzenden Miene, die Sie an ihm kennen.
Schließlich hat er mir die Ernennung rundweg abgeschlagen. Als ich
auf die Sache zurückkam, sagte er mit einem Lächeln: ›Herr
Bouchard, beharren Sie nicht bei dieser Sache; Sie betrüben mich;
ich habe ernste Gründe … ‹ Mehr war aus ihm nicht
herauszubringen. Er sah wohl, daß ich wütend war, denn er bat mich,
ihn dem Wohlwollen meiner Frau zu empfehlen: Nicht wahr,
Adele?«
    Frau Bouchard hatte gerade an diesem Abend mit Herrn
d'Escorailles eine sehr lebhafte Auseinandersetzung wegen des
George Duchesne gehabt. Sie glaubte in mürrischem Tone sagen zu
sollen:
    »Mein Gott, Herr Duchesne muß warten … Er ist nicht so
interessant!«
    Doch der Gatte blieb hartnäckig bei der Sache.
    »Nein, nein, er hat verdient, Vorstandsstellvertreter zu werden,
und er wird es, selbst wenn ich meinen Namen verlieren müßte …
Ich fordere Gerechtigkeit!«
    Man mußte ihn beruhigen. Clorinde war zerstreut und trachtete,
die Unterredung der Herren Kahn und La Rouquette zu belauschen, die
sich an das Fußende ihres Bettes geflüchtet hatten. Der erstere
erläuterte in verhüllten Worten seine Lage. Sein großes
Unternehmen, die Bahn von Niort nach Angers, war stark verfahren.
Die Aktien waren, noch bevor ein Spatenstich geschehen, auf der
Börse mit einem Aufgeld von achtzig Franken gehandelt worden.
Hinter seiner famosen englischen Gesellschaft versteckt, hatte Herr
Kahn sich den schamlosesten Spekulationen überlassen. Heute drohte
der Bankerott, wenn nicht eine mächtige Hand ihn vor dem Untergang
rettete.
    »Vormals«, murmelte er, »hatte Marsy mir angeboten, das Geschäft
an die Westbahn-Gesellschaft zu verkaufen. Ich bin heute bereit, die Unterhandlungen wieder
aufzunehmen. Es würde genügen, ein Gesetz zu erlangen … «
    Clorinde gab ihnen verstohlen einen Wink. Sie beugten sich über
das Bett und plauderten lange mit ihr. Marsy hege keinen Groll,
versicherte sie; sie werde mit ihm sprechen. Sie werde ihm die
Million anbieten, die er im verflossenen Jahre für die
Unterstützung des Konzessionsgesuches verlangt hatte. In seiner
Stellung als Präsident des gesetzgebenden Körpers werde es ihm ein
Leichtes sein, das notwendige Gesetz zu erwirken.
    »Es gibt nur einen Marsy, wenn man in solchen Geschäften ans
Ziel gelangen will«, sagte sie lächelnd. »Wenn man sich ohne ihn in
ein Unternehmen dieser Art einläßt, ist man alsbald genötigt, sich
an ihn zu wenden, damit er die Bruchstücke zusammenflicke.«
    Alle Anwesenden sprachen jetzt zugleich und sehr laut. Frau
Bouchard erklärte der Frau Correur ihren letzten Wunsch: sie wolle
in Coulonges, im Familienhause sterben. Sie ward ganz weich, als
sie von dem Orte sprach, wo ihre Wiege gestanden; sie werde Frau
Martineau zu zwingen wissen, ihr dieses von den Erinnerungen ihrer
Kindheit erfüllte Haus zurückzugeben. Die Gäste kamen, wie von
einem Verhängnis getrieben, immer wieder auf Rougon zu sprechen.
Herr d'Escorailles erzählte von dem Zorne seiner Eltern, die ihm
geschrieben hätten, er solle zum

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