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Seine Exzellenz Eugène Rougon

Seine Exzellenz Eugène Rougon

Titel: Seine Exzellenz Eugène Rougon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emile Zola
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hinzu:
    »Ja, ja, ich kenne ihn … Übrigens weiß er nichts.«
    Herr Kahn und Herr Béjuin spähten jetzt nach der Ankunft
Rougons. Durch die breite Öffnung der Türvorhänge konnten sie den
ganzen Saal übersehen. Von Minute zu Minute wuchs die Menge
daselbst. Auf dem Rundpuff saßen Herren zurückgelehnt mit
gekreuzten Armen und schlossen die Augen, als ob sie schlummerten,
während ein unaufhörliches Gehen und Kommen von Besuchern sie
umkreiste. Die Hitze stieg außerordentlich. Der Lärm wuchs in dem
roten Dunste, der über den schwarzen Hüten schwebte. Von Zeit zu
Zeit wurde inmitten des dumpfen Gemurmels das Kreischen des
Glücksrades vernehmbar.
    Jetzt kam Frau Correur an und machte mit langsamen Schritten die
Runde um die Verkaufsstände. Sie war sehr dick, in ein seidenes
Kleid mit weißen und malvenfarbenen Streifen gekleidet, unter der
das Fett ihrer Schultern und ihrer Arme rötlich schimmernde Wülste
bildete. Mit vorsichtiger Miene und bedächtigen Blicken wandelte
sie einher wie eine Kunde, die einen vorteilhaften Kauf zu machen
sucht. Sie pflegte zu sagen, daß man auf diesen
Wohltätigkeitsbazaren vortreffliche Gelegenheitskäufe machen könne;
die armen Leiterinnen verstünden ja nichts und wüßten nicht immer
den Wert ihrer Waren. Sie kaufte übrigens niemals von
Verkäuferinnen ihrer Bekanntschaft, weil diese ihre Bekannten nur
»einsalzten«. Als sie die Runde durch den Saal gemacht hatte, wobei
sie die Waren hin und her wandte, besah, beroch, wieder hinlegte,
kehrte sie zu einem Verkaufsstande zurück, wo Lederwaren ausgelegt
waren. Hier verbrachte sie gute zehn Minuten damit, mit verlegener
Miene die ausgelegten Waren zu mustern. Endlich ergriff sie mit
nachlässiger Gebärde eine Brieftasche von
russischem Leder, auf die sie seit einer Viertelstunde die Augen
geworfen hatte.
    »Was ist der Preis?« fragte sie.
    Die Verkäuferin, eine große, blonde junge Frau, die eben mit
zwei Herren plauderte, wandte kaum den Kopf und sagte:
    »Fünfzehn Franken.«
    Die Brieftasche war mindestens zwanzig Franken wert. Die Damen,
die untereinander darin wetteiferten, den Männern ungeheuerliche
Summen abzunehmen, verkauften in einer Art freimaurerischer
Kameradschaft den Frauen zum Eigenkostenpreise. Doch Frau Correur
legte das Portefeuille mit erschreckter Miene auf das Pult hin und
murmelte:
    »Das ist zu teuer … Ich will jemandem ein Geschenk machen
und möchte zehn Franken daran wenden, nicht mehr … Haben Sie
nichts Hübsches für zehn Franken?«
    Sie durchstöberte von neuem die Auslage. Nichts gefiel ihr. Mein
Gott, wenn die Brieftasche nicht so teuer wäre! Sie ergriff sie von
neuem, steckte ihre Nase in die Taschen. Die Verkäuferin verlor die
Geduld und ließ sie ihr für vierzehn, dann für zwölf Franken. Nein,
nein, auch das sei noch zu teuer, sagte Frau Correur. Sie erhielt
sie endlich nach langem, hartnäckigem Feilschen für elf Franken.
Die große junge Frau sagte:
    »Ich verkaufe lieber an Herren … Alle Frauen feilschen…
Wenn die Herren nicht wären! …
    Frau Correur entfernte sich mit ihrem Kaufe und hatte die
Freude, in einem Abteil der Brieftasche einen Zettel zu finden, der
den Preis mit fünfundzwanzig Franken festsetzte. Sie ging noch eine
Weile herum, dann ließ sie sich hinter dem Glücksrade an der Seite
der Frau Bouchard nieder. Sie nannte sie »meine Liebste« und legte
ihr zwei Löckchen auf der Stirne zurecht, die sich verschoben
hatten.
    »Schau, der Oberst ist auch da«, sagte Herr
Kahn, der noch immer im Büfett an einem Tische saß und die Türen im
Auge behielt.
    Der Oberst kam, weil er nicht anders konnte. Er hoffte mit einem
Louis loszukommen, und dabei blutete ihm schon das Herz. Schon bei
der Türe umzingelten und bestürmten ihn mehrere Damen, indem sie
wiederholt riefen:
    »Mein Herr, kaufen Sie mir eine Zigarre ab! … Mein Herr,
kaufen Sie mir eine Schachtel Zündhölzchen ab! … «
    Er lächelte und entledigte sich ihrer in höflicher Weise. Dann
orientierte er sich, und weil er seine Schuld so rasch wie möglich
abtragen wollte, blieb er vor einem Verkaufsstande stehen, den eine
bei Hofe sehr wohlgelittene Dame hielt, und fragte nach dem Preis
einer Schachtel sehr mittelmäßiger Zigarren. »Fünfundsiebzig
Franken!« lautete die Antwort. Er vermochte eine Gebärde des
Schreckens nicht zu unterdrücken, warf die Schachtel hin und
drückte sich, während die Dame ganz rot und beleidigt den Kopf
abwandte, als habe er sich gegen ihre Person

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