Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Seine Exzellenz Eugène Rougon

Seine Exzellenz Eugène Rougon

Titel: Seine Exzellenz Eugène Rougon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emile Zola
Vom Netzwerk:
Trinkgläser, einen Leuchter, eine Dose mit
einem Spiegel. Frau Bouchard spitzte schließlich die Lippen und
rief:
    »Nein, nein, Sie haben zu viel Glück! Ich spiele nicht
mehr … Da tragen Sie Ihre Sachen weg!«
    Sie hatte die Gewinste auf einem Tische nebenan in zwei Haufen
zusammengestellt. Herr La Rouquette schien betroffen. Er bat sie,
seine Gewinste gegen das Veilchenbukett umzutauschen, das sie in
den Haaren trug. Allein sie weigerte sich.
    »Nein, Sie haben das gewonnen, nehmen Sie es mit.«
    »Madame hat recht«, sagte Herr d'Escorailles ernst. »Man
schmollt nicht mit dem Glücke. Ich will des Teufels sein, wenn ich
einen einzigen Eierbecher da lasse. Ich bin geizig geworden.«
    Er breitete sein Taschentuch aus und machte fein säuberlich ein
Paket. Das gab einen neuen Heiterkeitsausbruch. Die Verlegenheit
des Herrn La Rouquette war ebenfalls sehr ergötzlich. Frau Correur,
die, im Hintergrunde des Standes sitzend, bisher die lächelnde
Würde einer mütterlichen Beschützerin bewahrt hatte, streckte jetzt
ihr breites, rotes Gesicht hervor. Sie sei bereit, einen Tausch
einzugehen, erklärte sie.
    »Nein, ich will nichts«, beeilte sich der junge Abgeordnete zu
sagen. »Nehmen Sie alles, ich schenke Ihnen alles.«
    Doch sie gingen nicht fort, sondern blieben noch eine Weile. Mit
halblauter Stimme sagten sie der Frau BouchardSchmeicheleien von zweifelhaftem Geschmack. Wenn man
sie ansehe, drehe sich einem der Kopf rascher als das Glücksrad.
Was gewinne man bei ihrem hübschen Spiel? Es sei nicht so schön wie
das »Täubchen fliegt-Spiel«. Und sie wollten ihr allerlei Dinge im
»Täubchen fliegt-Spiel« zeigen. Madame Bouchard senkte die
Augenwimpern und kicherte wie ein junges Mädchen. Sie wiegte die
Hüften wie eine Bäuerin, mit der feine Herren ihren Ulk treiben;
während Frau Correur von ihr entzückt war und mit Kennermiene ein
um das andere Mal ausrief:
    »Wie hübsch sie ist! Wie lieb sie ist!«
    Doch Frau Bouchard schlug Herrn d'Escorailles auf die Hände,
weil er das Glücksrad untersuchen wollte, indem er vorgab, daß sie
betrüge. Wollen die Herren endlich Ruhe geben! Als sie endlich
gegangen waren, begann sie wieder mit ihrer einladenden Stimme:
    »Zwanzig Sous ein Zug, meine Herren!«
    Herr Kahn, der bisher gestanden hatte, um über die Köpfe
hinwegsehen zu können, setzte sich jetzt hastig und flüsterte:
    »Rougon ist da! … Wir wollen tun, als wüßten wir nichts;
wie?«
    Rougon durchschritt langsam den Saal. Er blieb bei dem
Glücksrade der Frau Bouchard stehen und wagte einen Einsatz; dann
kaufte er bei Frau von Combelot eine Rose, die er mit drei Louis
bezahlte. Nachdem er in solcher Weise sein Opfer dargebracht hatte,
machte er Miene, sich sogleich wieder zu entfernen. Er schob die
Menge zur Seite und lenkte seine Schritte zu einer Tür. Doch als er
einen Blick in den Büfettsaal geworfen, wandte er sich plötzlich
nach dieser Seite mit erhobenem Haupte, ruhig und stolz. Herr
d'Escorailles und Herr La Rouquette hatten sich zu Herrn Kahn,
Herrn Béjuin, und dem Obersten gesetzt; auch Herr Bouchard war hinzugekommen. Alle diese Herren fuhren
zusammen, als der Minister vorbeikam; so groß und stark erschien er
ihnen mit seinen derben Gliedern. Er hatte sie von oben herab in
vertraulicher Weise gegrüßt und setzte sich an einen benachbarten
Tisch. Sein breites Gesicht beugte sich nicht, sondern wandte sich
langsam rechts und links, wie um alle diese Blicke, die er auf sich
gerichtet fühlte, ohne einen Schatten zu ertragen.
    Clorinde hatte sich genähert, mit königlicher Würde ihre schwere
gelbe Robe nach sich ziehend. Mit einer beabsichtigten
Gewöhnlichkeit, in die ein Zug von Spott sich mengte, fragte
sie:
    »Was soll man Ihnen bringen?«
    »Ach so!« sagte er heiter … »Ich trinke niemals … Was
haben Sie denn?«
    Da zählte sie ihm rasch alle Liköre auf: Fine Champagne, Rum,
Curaçao, Kirschgeist, Chartreuse, Anis, Vespetro, Kümmel.
    »Nein, nein; geben Sie mir ein Glas Zuckerwasser.«
    Sie begab sich zum Schanktisch und brachte das Glas Zuckerwasser
immer in ihrer göttlichen Majestät. Sie blieb vor Rougon stehen und
sah ihm zu, wie er seinen Zucker im Wasser sich lösen ließ. Er
lächelte noch immer und sagte die erstbesten gleichgültigen
Redensarten.
    »Sie befinden sich wohl? Seit einem Jahrhundert habe ich Sie
nicht gesehen.«
    »Ich war in Fontainebleau«, erwiderte sie einfach.
    Er erhob die Augen und heftete einen tiefen, prüfenden Blick auf
sie. Doch dann

Weitere Kostenlose Bücher