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Seine Exzellenz Eugène Rougon

Seine Exzellenz Eugène Rougon

Titel: Seine Exzellenz Eugène Rougon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emile Zola
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gestern angekommen ist?«
    »Eine Depesche!« wiederholte der Cavaliere laut.
    Die Gräfin zog aus der Tasche ein Päckchen Briefe hervor, worin
sie lange herumsuchte. Endlich reichte sie ihm einen blauen, sehr
zerknitterten Zettel hin. Kaum hatte er ihn durchflogen, so rief er
erstaunt, zornig, seine Umgebung ganz vergessend, in französischer
Sprache:
    »Wie! Sie wußten das schon gestern? Ich selbst habe es ja erst
heute früh erfahren!«
    Clorinde brach in ein lautes Gelächter aus, was ihn vollends
außer sich brachte.
    »Und die Frau Gräfin läßt sich die Geschichte von mir lang und
breit erzählen, als wisse sie kein Sterbenswörtchen davon! Nun,
jetzt weiß ich, daß die eigentliche Gesandtschaft hier ist; ich werde künftig täglich kommen, um Ihre
Briefe zu lesen.«
    Die Gräfin suchte noch lächelnd in dem Päckchen und reichte ihm
dann ein zweites Blatt zum Lesen. Diesmal schien er sehr
befriedigt, und die Unterhaltung begann wieder in gedämpftem Tone.
Er hatte sein achtungsvolles Lächeln wiedergefunden und küßte der
Gräfin die Hand, als er sie verließ.
    »So, die ernsten Angelegenheiten sind erledigt!« sagte er und
ließ sich wieder vor dem Klaviere nieder.
    Er hämmerte einen damals gerade sehr beliebten Gassenhauer
herunter. Plötzlich sah er nach der Uhr und eilte nach seinem Hute,
so daß Clorinde fragte:
    »Sie wollen fort?«
    Dann winkte sie ihn heran, lehnte sich auf seine Schulter und
flüsterte ihm etwas ins Ohr. Er schüttelte den Kopf, lachte und
flüsterte zurück:
    »Zu toll, zu toll! Ich werde es berichten.«
    Er grüßte und ging. Luigi mahnte durch Klopfen Clorinde, ihre
Stellung wieder einzunehmen. Der ununterbrochene Wagenzug mußte die
Gräfin endlich ermüdet haben, denn sobald sie den Landauer des
Gesandten in der Menge der andern Wagen aus den Augen verloren
hatte, zog sie eine Klingel, die sich hinter ihr befand. Der lange
Bediente mit dem Räubergesicht kam und ließ die Türe offen; die
Gräfin stützte sich auf seinen Arm und schritt langsam durch das
Zimmer an den Herren vorüber, die sich tief verbeugten. Sie nickte
lächelnd und wandte sich von der Schwelle aus an Clorinde mit den
Worten:
    »Ich habe meine Kopfschmerzen und werde mich ein wenig
niederlegen.«
    »Flaminio!« rief die Tochter dem Bedienten nach, »legen Sie ihr
einen Wärmstem an die Füße!«
    Die drei politischen Flüchtlinge setzten sich
nicht wieder. Ein Weilchen blieben sie noch in einer Reihe stehen
und kauten an ihren Zigarren, die sie dann mit derselben vornehmen
und sicheren Bewegung hinter den Tonhaufen warfen. Dann zogen sie
vor Clorinde vorbei und hinaus.
    »Mein Gott!« sagte Herr La Rouquette, der sich eben mit Rougon
in ein ernstes Gespräch eingelassen hatte, »ich weiß wohl, daß die
Zuckerfrage von großer Bedeutung ist. Es handelt sich um einen
wichtigen Zweig der französischen Industrie. Das Unglück ist, daß
in der Kammer niemand sich gründlich mit dem Gegenstande
beschäftigt zu haben scheint.«
    Rougon antwortete nur mit einem gelangweilten Kopfschütteln. Der
junge Abgeordnete kam ihm noch näher, und sein rundliches
Puppengesicht wurde plötzlich ernst.
    »Ich habe einen Oheim,« erzählte er, »der eine der größten
Zuckerfabriken Marseilles besitzt… Ich habe drei Monate bei ihm
zugebracht und sehr wertvolle Aufzeichnungen gemacht. Ich habe auch
mit den Arbeitern gesprochen, um mich zu unterrichten, kurz, Sie
begreifen, ich wollte in der Kammer reden.«
    Mit großer Wichtigtuerei gab er sich alle Mühe, Rougon über die
Sachen zu unterhalten, die nach seiner Ansicht ihn einzig
interessieren konnten; und er wünschte dabei nichts mehr, als sich
ihm im Lichte eines tüchtigen Politikers zu zeigen.
    »Sie haben noch nicht geredet?« unterbrach ihn Clorinde, die
durch seine Anwesenheit gelangweilt schien.
    »Nein, ich habe noch nicht gesprochen, ich hielt es für besser
zu schweigen«, versetzte er langsam… »Im letzten Augenblicke
überkam mich die Besorgnis, meine Ziffern könnten ungenau
sein.«
    Rougon blickte ihn scharf an und fragte:
    »Wissen Sie, wieviel Stücke Zucker täglich im
Englischen Café verbraucht werden?«
    Herr La Rouquette war einen Augenblick sprachlos und glotzte ihn
an. Dann brach er in ein lautes Gelächter aus und rief:
    »Ach, sehr gut, sehr gut! Ich verstehe, Sie scherzen… Ihre Frage
ist die Frage nach dem Zucker; ich aber sprach von der Zuckerfrage.
Sehr gut! Erlauben Sie mir, den Witz weiterzuerzählen, ja?«
    Er hüpfte vor Vergnügen in

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