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Seine Exzellenz Eugène Rougon

Seine Exzellenz Eugène Rougon

Titel: Seine Exzellenz Eugène Rougon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emile Zola
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ihm
eines Tages zu erwerben glücken wird. Am letzten
Kaisers-Geburtstage ist er zum Offizier der Ehrenlegion ernannt
worden.«
    Rougon saß, in Sinnen verloren, ein Weilchen still, dann fuhr er
fort:
    »Ich denke, ich habe nichts vergessen… Nein, er hat keine
Kinder.«
    »Wie, er ist verheiratet?« rief Clorinde mit einer Stimme, als
frage sie jetzt nach Herrn Kahn nicht das geringste mehr. Er sei
ein Duckmäuser, niemals habe er seine Frau der Welt gezeigt. Rougon
erklärte darauf, daß Frau Kahn in Paris sehr zurückgezogen lebe. Er
fuhr dann fort, ohne weitere Fragen abzuwarten:
    »Wünschen Sie jetzt die Lebensgeschichte des Herrn Béjuin?«
    »Nein, nein«, erwiderte sie.
    Er fuhr trotzdem fort:
    »Béjuin hat die polytechnische Schule besucht und Flugschriften
verfaßt, die niemand kennt. Er leitet die Glasfabrik zu
Saint-Florent, drei Meilen von Bourges… der Präfekt des
Departements Cher hat ihn entdeckt… «
    »Schweigen Sie doch!« rief sie aus.
    »Ein würdiger Mann, stimmt pünktlich, redet niemals, wartet, daß
man an ihn denke und sieht einen immer an, damit man seiner nicht
vergesse… Ich habe ihn zum Ritter ernennen lassen.«
    Sie mußte ihm die Hand auf den Mund legen und rief erzürnt:
    »Der ist auch verheiratet und gar nicht drollig! … Ich habe
seine Frau bei Ihnen gesehen – ein Klotz! Sie hat mich eingeladen,
ihre Glasfabrik bei Bourges zu besuchen.«
    Dabei steckte sie den letzten Bissen des ersten Brötchens in den
Mund und trank dann einen tüchtigen Schluck Wasser.Ihre Beine hingen vom Tische herab; sich ein wenig
zurücklehnend, schwenkte sie diese in regelmäßigen Bewegungen hin
und her, die Rougon mit den Augen verfolgte. Er sah durch die Gaze,
wie die Waden bei jeder Krümmung des Beines anschwollen.
    »Und Herr Du Poizat?« fragte sie nach einer Weile.
    »Du Poizat ist Unterpräfekt gewesen«, versetzte er einfach.
    Sie sah ihn an, erstaunt über diese kurze Geschichte, und
bemerkte:
    »Das weiß ich. Aber was weiter?«
    »Später wird er Präfekt werden und einen Orden bekommen.«
    Sie begriff, daß er ihr hierüber nicht mehr verraten wolle.
Übrigens hatte sie den Namen Du Poizat ohne besondere Absicht
hingeworfen. Nunmehr zählte sie die Herren an den Fingern her und
murmelte:
    »Herr d'Escorailles: nicht ernst zu nehmen, er ist in alle
Weiber verliebt; Herr La Rouquette: unnütz, ich kenne ihn zu genau…
Herr de Combelot, ebenfalls verheiratet.«
    Da sie niemanden mehr fand und am Ringfinger innehielt, bemerkte
Rougon, sie scharf ansehend:
    »Sie vergessen Delestang.«
    »Sie haben recht!« rief sie. »Erzählen Sie mir doch von
ihm!«
    »Er ist ein hübscher Mann«, erwiderte er, ohne die Blicke von
ihr zu wenden, »und sehr reich. Ich habe ihm stets; eine glänzende
Zukunft vorausgesagt.«
    In diesem Tone fuhr er fort, seine Lobsprüche übertreibend, die
Zahlen verdoppelnd. Die Musterfarm zu La Chamade war ihre zwei
Millionen wert. Delestang werde es gewiß bis zum Minister
bringen.
    Sie aber hörte ihm mit geringschätzig gekräuselten Lippen zu und
murmelte schließlich:
    »Er ist sehr dumm!«
    »Ja freilich!« entgegnete Rougon mit feinem Lächeln-
    Er schien entzückt von diesem Worte, das sie sich hatte
entschlüpfen lassen. Dann sprang sie, wie es ihre Art war, zu etwas
anderem über und fragte, ihn nun auch ihrerseits scharf
ansehend:
    »Sie müssen Herrn de Marsy sehr genau kennen?«
    »Gewiß, wir kennen uns«, antwortete er, ohne zu zucken, wie wenn
diese Frage ihn noch mehr ergötze. Aber er wurde gleich wieder
ernst, würdig und sehr gerecht, indem er erklärte:
    »Es ist ein außerordentlich kluger Mann. Ich rechne es mir zur
Ehre an, ihn zum Feinde zu haben… Er hat sich in allem versucht.
Mit achtundzwanzig Jahren war er Oberst; dann stand er an der
Spitze einer großen Fabrik und beschäftigte sich nacheinander mit
Landwirtschaft, Finanzen und Handel. Er soll sogar malen und Romane
schreiben.«
    Clorinde vergaß zu essen und blickte träumerisch drein. Dann
sagte sie halblaut:
    »Ich habe ihn neulich eines Abends gesprochen. Er ist ein
ausgezeichneter Mann, der Sohn einer Königin.«
    »Mir«, versetzte Rougon, »macht sein Geist ihn unausstehlich.
Ich habe ihn bei einer sehr ernsten Gelegenheit Witze reißen hören
und habe einen andern Begriff von männlicher Kraft. Schließlich ist
es ihm geglückt, er herrscht heute wie der Kaiser. Alle diese
Bastarde haben Glück! … Sein Vorzug ist nur seine Hand, eine
eiserne, kühne, entschlossene,

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