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Seine Exzellenz Eugène Rougon

Seine Exzellenz Eugène Rougon

Titel: Seine Exzellenz Eugène Rougon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emile Zola
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unter Wasser
standen, durchwatet; zu Tours war er im Boote drei Stunden in den
überschwemmten Straßen umhergefahren. Überall spendete er mit
vollen Händen.
    »Hört!« rief der Oberst dazwischen.
    In der Kirche brauste die Orgel, und ein mächtiger Gesang
strömte durch die weite Öffnung der Vorhalle, deren Vorhänge sich
unter diesem gewaltigen Atemzug bewegten.
    »Das Tedeum!« sagte Herr Bouchard.
    Du Poizat stieß einen Seufzer der Erleichterung aus. Endlich
also waren sie fertig! Aber Herr Bouchard erklärte ihm, die
Urkunden seien noch nicht unterzeichnet; dann mußte der
Kardinallegat noch den päpstlichen Segen erteilen. Indessen
begannen schon einige Leute herauszukommen. Rougon, einer der
ersten, hatte am Arme eine magere Frau mit gelbem Gesicht und sehr
einfach gekleidet. Ein Herr in der Tracht des
Appellationsgerichtspräsidenten begleitete sie.
    »Wer ist das?« fragte Frau Correur.
    Du Poizat nannte ihr die beiden. Herr Beulin
d'Orchère hatte Rougon kurz vor dem
Staatsstreiche kennengelernt und bezeigte ihm seitdem eine
besondere Achtung, ohne deshalb mit ihm in eine dauernde Verbindung
zu treten. Fräulein Veronika, seine Schwester, bewohnte mit ihm ein
Haus in der Färberstraße, das sie nur verließ, um die stillen
Messen in St.-Sulpice zu besuchen.
    »Hören Sie!« sagte der Oberst leise, »eine solche Frau müßte
Rougon haben!«
    »Gewiß!« stimmte Herr Bouchard bei. »Anständiges Vermögen, gutes
Haus, ordentliche und kluge Frau. Er fände nichts Besseres.«
    Aber Du Poizat bestritt es lebhaft. Das Fräulein war überreif
wie eine Mispel, die man auf dem Stroh vergessen hat. Sie war
wenigstens sechsunddreißig Jahre alt und sah aus, als sei sie gut
vierzig. Ein netter Besenstiel ins Bett! Eine Betschwester mit
glattgekämmtem Haar! Ein Kopf, so abgenützt, so schal, als habe er
ein halbes Jahr im Weihwasser gelegen!
    »Sie sind jung!« erklärte Herr Bouchard ernst. »Rougon muß eine
Vernunftehe schließen… Ich habe aus Liebe geheiratet, aber das
glückt nicht jedem.«
    »Ach was, ich mache mich über die alte Schachtel lustig!«
gestand Du Poizat schließlich. »Beulin d'Orchères Gesicht macht mir
bange. Dieser Kerl hat wahre Doggenkiefer… Sehen Sie ihn nur an mit
seiner groben Schnauze und seinem Walde von krausen Haaren, worin
man noch kein einziges weißes sieht trotz seiner fünfzig Jahre!
Weiß man, was er vorhat? Warum fährt er fort, seine Schwester
Rougon in die Arme zu treiben, jetzt, wo dieser zu Boden
liegt?«
    Herr Bouchard und der Oberst schwiegen und tauschten einen
unruhigen Blick aus. Die »Dogge«, wie der gewesene Unterpräfekt
sagte, wollte also Rougon ganz allein verschlingen? Doch Frau
Correur sagte langsam:
    »Es ist sehr gut den Richterstand für sich
zu haben.«
    Inzwischen hatte Rougon Fräulein Veronika bis zu ihrem Wagen
gebracht und verabschiedete sich von ihr, als sie im Begriffe war
einzusteigen. Gerade in diesem Augenblicke trat die schöne Clorinde
aus der Kirche an Delestangs Arme. Sie wurde plötzlich ernst und
warf einen Flammenblick auf das lange, gelbe Geschöpf, hinter dem
Rougon trotz seiner Senatorentracht diensteifrig die Wagentür
schloß. Während der Wagen davonrollte, ging Clorinde stracks auf
Rougon zu und ließ, lachend wie ein großes Kind, Delestangs Arm
los. Die ganze Gesellschaft folgte ihr, und sie rief ihm vergnügt
zu:
    »Ich habe meine Mutter verloren! Man hat sie mir in dem Gewühl
entführt … Geben Sie mir ein Plätzchen in Ihrem Wagen,
ja?«
    Delestang, der ihr eben vorschlagen wollte, sie heimzufahren,
schien sehr verstimmt. Sie trug ein Kleid von orangefarbener Seide,
mit so hellen Blumen bestickt, daß die Diener sie anstarrten.
Rougon hatte sich verneigt, aber sie mußten fast zehn Minuten auf
den Wagen warten, und alle blieben dort stehen, selbst Delestang,
dessen Wagen in der vordersten Reihe nur zwei Schritte weit stand.
Die Kirche leerte sich langsam. Als Herr Kahn und Herr Béjuin
herauskamen, eilten sie herzu und schlossen sich dem Kreise an. Da
der große Mann die Händedrücke nur schwach erwiderte und
unzufrieden aussah, fragte ihn Herr Kahn beunruhigt:
    »Fehlt Ihnen etwas?«
    »Nein, nur alle die Lichter da drinnen haben meine Augen
ermüdet«, versetzte er.
    Nach einer Weile fuhr er halblaut fort:
    »Es war sehr großartig … Ich habe niemals eine solche
Freude auf dem Antlitz eines Menschen gesehen.«
    Er sprach vom Kaiser. Er öffnete weit die
Arme voll ruhiger Majestät, wie um an die Szene in der

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