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Seine Exzellenz Eugène Rougon

Seine Exzellenz Eugène Rougon

Titel: Seine Exzellenz Eugène Rougon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emile Zola
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Aber sie brachte ihn nicht zum Sprechen über Fräulein
Beulin d'Orchère, sondern redete wieder vom Festessen im
Stadthause; der Festsaal würde mit unerhörter Pracht ausgeschmückt
werden, und die Musik würde während der ganzen Dauer des Essens
spielen. Frankreich war ein großes Land! Nirgends, weder in
England, noch in Deutschland, noch in Spanien, noch in Italien
hatte sie berauschendere Bälle, verschwenderischere Prachtgewänder
gesehen. Also, sagte sie mit vor Bewunderung glühendem Gesichte,
sei ihre Wahl jetzt getroffen, sie wolle Französin sein.
    »Oh! Soldaten!« rief sie, »sehen Sie doch, Soldaten!«
    Der Wagen, der durch die Altstadtstraße gefahren war, hielt am
Ende der Liebfrauenbrücke, weil ein vorübermarschierendes Regiment
ihm den Weg versperrte. Es waren Liniensoldaten, kleine Kerle, die
wie Hammel marschierten, durch die
Baumreihen etwas in Unordnung gebracht. Sie kamen vom Kettestehen;
auf ihren Gesichtern lag die volle Glut der Nachmittagssonne, die
Stiefel waren weiß von Staub, das Rückgrat beugte sich unter der
Last des Tornisters und des Gewehres. Sie hatten sich unter den
Stößen der Menge so gelangweilt, daß sie noch wie betäubt
aussahen.
    »Ich bete das französische Heer an«, sagte Clorinde entzückt und
beugte sich vor, um besser zu sehen.
    Rougon sah, wie aus dem Schlaf erwacht, ebenfalls hin. Das war
die Macht des Kaiserreiches, die da im Staube der Straße hinzog.
Allmählich staute sich eine große Menge Wagen auf der Brücke, aber
die Kutscher warteten achtungsvoll, während prächtig gekleidete
Gestalten lächelnd aus den Wagenfenstern blickten und die kleinen
Soldaten bedauerten, die durch das lange Stehen ganz abgestumpft
waren. Die im Sonnenschein blinkenden Gewehre erhöhten den
Festesglanz.
    »Da kommen die letzten, sehen Sie?« rief Clorinde wieder. »Eine
ganze Reihe von Leuten, die noch keinen Bart haben. Wie niedlich
sie sind!«
    In einem Anfall von Zärtlichkeit warf sie den Soldaten mit
beiden Händen Kußhändchen zu; doch verbarg sie sich ein wenig, um
nicht gesehen zu werden. Es war eine Freude an der bewaffneten
Macht, die sie sich gönnte. Rougon lächelte väterlich; es war für
ihn ebenfalls die erste Freude des Tages.
    »Was gibt es?« fragte er, als der Wagen endlich an der Ecke des
Ufers einlenken konnte.
    Eine beträchtliche Menschenmenge hatte sich auf dem Fußwege und
der Fahrbahn angesammelt und zwang den Wagen von neuem zu halten.
Eine Stimme aus dem Haufen antwortete:
    »Ein Betrunkener, der die Soldaten beleidigt
hat. Die Schutzleute haben ihn gefaßt.«
    Als die Menschenmauer sich endlich öffnete, sah Rougon Gilquin
volltrunken, von zwei Schutzleuten am Kragen gefaßt. Sein gelber
Zwillichanzug hing ihm in Fetzen vom Leibe und ließ die bloße Haut
sehen. Aber er blieb gemütlich mit seinem aus dem roten Gesichte
herabhängenden Schnurrbart. Er duzte die Schutzleute und nannte sie
»meine Lämmer!« Dann erklärte er ihnen, daß er den Nachmittag ganz
ruhig in einem Kaffeehause nebenan mit sehr reichen Leuten
verbracht habe. Man könne sich im Theater des Königspalastes
erkundigen, wohin Herr und Frau Charbonnel »das Zuckerwerk der
Taufe« zu sehen gegangen waren; sie würden gewiß nicht das
Gegenteil sagen.
    »Laßt mich doch los, Ihr Spaßvögel!« schrie er und reckte sich
plötzlich auf. »Da ist das Kaffeehaus. Donnerwetter! kommt mit,
wenn ihr mir nicht glaubt! … Die Soldaten sind schuld,
verstanden? Ein Kleiner lachte über mich, und ich habe ihn
heimgeschickt, er solle sich schneuzen lassen. Aber das
französische Heer beleidigen – niemals! … Fragt den Kaiser
nach Theodor, Ihr werdet sehen, was er sagen wird! … Ah,
verdammt! Ihr wäret mir gerade die Rechten!«
    Die Menge lachte erheitert. Die beiden Schutzleute ließen jedoch
unbeirrt nicht locker und schoben Gilquin der Martinstraße zu, in
welcher man weiter hin die rote Laterne einer Polizeiwache
erblickte. Rougon hatte sich schnell im Wagen zurückgelehnt, aber
Gilquin erblickte ihn doch und erhob den Kopf. In seiner
Trunkenheit wurde er schalkhaft und pfiffig. Er sah ihn blinzelnd
an und sprach für sich:
    »Genug, Kinder … man könnte Lärm schlagen; aber man macht
keinen, weil man Würde besitzt … Na! Was sagt ihr? Ihr würdet die Pfote hübsch von Theodor
lassen, wenn er mit Prinzessinnen spazieren fährt wie ein Bürger
meiner Bekanntschaft. Man hat ebenso mit der vornehmen Welt
gearbeitet und fein gearbeitet, man rühmt sich dessen in

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