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Seine Exzellenz Eugène Rougon

Seine Exzellenz Eugène Rougon

Titel: Seine Exzellenz Eugène Rougon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emile Zola
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schließlich nicht! Die können
warten … Ich würde Sie nicht quälen, ich würde vergnügt sein
wie früher, Sie erinnern sich wohl, wenn ich nicht selbst soviel
Verdruß hätte! Was wollen Sie? Man wird am Ende erbittert …
Mein Gott, es handelt sich immer um meinen Bruder. Der arme
Martineau! Seine Frau hat ihn völlig zum Narren gemacht. Der reine
Strohmann!«
    Damit vertiefte sie sich in die Einzelheiten eines
neuen Aussöhnungsversuches, den sie letzte
Woche unternommen hatte. Um die wahre Stimmung ihres Bruders ihr
gegenüber kennenzulernen, hatte sie sich entschlossen, eine ihrer
Freundinnen, die Herminie Billecoq, deren Verheiratung sie seit
zwei Jahren betrieb, nach Coulonges hinauszuschicken.
    »Ihre Reise hat mir hundertsiebzehn Franken gekostet«, fuhr sie
fort. »Und was glauben Sie, wie man sie aufgenommen hat? Frau
Martineau hat sich zwischen sie und meinen Bruder gestürzt und
wütend geschrien mit schäumendem Munde, wenn ich Straßendirnen
schickte, würde sie sie durch die Polizei verhaften lassen …
Meine arme Herminie zitterte noch am ganzen Leibe, als ich sie vom
Bahnhof Montparnasse abholte, so daß wir in ein Kaffeehaus gehen
mußten, um etwas zu uns zu nehmen.«
    Sie waren am Ende der Brücke angekommen und erhielten von den
Vorübergehenden manchen Rippenstoß. Rougon suchte nach Worten, um
sie zu trösten.
    »Das ist sehr ärgerlich. Aber Ihr Bruder wird sich Ihnen wieder
zuwenden, Sie sollen sehen. Die Zeit bringt alles in Ordnung.«
    Als sie ihn gerade an der Ecke inmitten des Gerassels der
umbiegenden Wagen festhielt, kehrte er langsam auf die Brücke
zurück. Sie folgte ihm und wiederholte:
    »Sobald Martineau die Augen geschlossen hat, ist sie imstande,
alles zu verbrennen, wenn er ein Testament hinterläßt … Der
arme Mann besteht nur noch aus Haut und Knochen. Herminie fand, daß
er sehr schlecht aussah … Kurz, ich bin sehr beunruhigt.«
    »Man kann nichts tun, man muß warten«, versetzte Rougon mit
unbestimmter Gebärde.
    Sie hielt ihn von neuem mitten auf der Brücke an und flüsterte
ihm zu:
    »Herminie hat mir etwas sehr Merkwürdiges berichtet. Es scheint, daß Martineau sich jetzt auf die Politik
geworfen hat. Er ist Republikaner. Bei den letzten Wahlen hat er
die Gegend auf den Kopf gestellt … Das ist mir nahe gegangen.
Man könnte ihn beunruhigen? Wie?«
    Sie sah ihn scharf an. Seine Augen verfolgten einen
vorüberrollenden Landauer, als ob er ihre Blicke meiden wolle; und
erst nach einer Weile erwiderte er mit harmloser Miene:
    »Beruhigen Sie sich. Sie haben Freunde, nicht wahr? Nun denn,
zählen Sie auf diese!«
    »Ich zähle nur auf Sie, Eugène«, sagte sie zärtlich und sehr
leise.
    Das schien ihn zu rühren. Er blickte ihr ins Gesicht und fand
ihren fetten Hals, ihr geschminktes Gesicht, dessen Schönheit nicht
altern wollte, sehr anziehend. Sie machte seine ganze Jugend
aus.
    »Ja, rechnen Sie auf mich!« wiederholte er, ihr die Hände
drückend. »Sie wissen, daß ich für alle Ihre Klagen ein Ohr
habe.«
    Er geleitete sie bis zum Voltaireufer zurück. Als sie ihn
verlassen hatte, überschritt er endlich langsam die Brücke und
betrachtete nochmals das Abladen des Zuckers im Hafen
Saint-Nicolas. Er stützte sich sogar ein Weilchen auf das Geländer.
Aber die Zuckerhüte, welche die Rinnen hinabrutschten, das grüne
Wasser, dessen Fluten beständig unter den Brückenbogen hinströmte,
die Maulaffen umher, die Häuser: alles floß bald ineinander, und er
versank in eine unwiderstehliche Träumerei. Die wunderlichsten
Vorstellungen gingen durch seinen Kopf: er stieg mit Frau Correur
in dunkle Tiefen hinab. Und er bedauerte nichts mehr; sein Traum
war, sehr groß, sehr mächtig zu werden, um seine Umgebung über die
Grenzen der Natürlichkeit und der Möglichkeit hinaus zu
befriedigen.
    Ein Schauer weckte ihn aus seinem Brüten auf. Er
fror. Die Nacht brach an. Der Odem des
Stromes warf kleine weiße Wölkchen auf die Ufer. Indem er das
Tuilerienufer entlang ging, fühlte er sich sehr müde, so daß ihm
der Mut versagte, zu Fuß heimzukehren. Aber es kamen nur besetzte
Droschken des Weges, und er verzichtete schon darauf, noch einen
Wagen zu finden, als ein Kutscher sein Pferd gerade vor ihm
anhielt. Aus dem Wagen streckte sich ein Kopf. Es war Herr
Kahn.
    »Eben wollte ich zu Ihnen«, rief er. »Steigen Sie doch ein! Ich
bringe Sie heim, und wir können unterwegs plaudern.«
    Rougon stieg ein. Kaum saß er, als der ehemalige Abgeordnete in
heftige

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