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Seine Exzellenz Eugène Rougon

Seine Exzellenz Eugène Rougon

Titel: Seine Exzellenz Eugène Rougon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emile Zola
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Worte ausbrach, während der Wagen wieder in schläfrigem
Trabe vorwärts rasselte.
    »Ah, lieber Freund, mir ist eben ein Vorschlag gemacht worden…
Sie werden es im Leben nicht erraten. Uff, ich ersticke!«
    Er ließ die Scheibe des einen Fensters nieder und fuhr fort:
    »Sie erlauben doch?«
    Rougon schmiegte sich in seine Ecke und blickte durch das
Fenster auf die graue Mauer des Tuileriengartens, die langsam
vorbeizog. Sehr rot im Gesicht fuhr Herr Kahn mit heftigen
Bewegungen fort:
    »Wie Sie wissen, bin ich Ihrem Rate gefolgt… Seit zwei Jahren
führe ich einen hartnäckigen Kampf. Ich war dreimal beim Kaiser;
ich bin bei meiner vierten Denkschrift über die Frage angelangt.
Habe ich auch bis jetzt die Konzession nicht erhalten, so habe ich
doch verhindert, daß Marsy sie der Westbahngesellschaft erteilte…
Kurz, ich habe mich bemüht abwarten zu können, bis wir wieder die
Macht in Händen haben, wie Sie mir sagten.«
    Er schwieg einen Augenblick, da der Lärm eines
eisenbeladenen Wagens seine Worte
übertäubte. Erst als das Gefährt vorüber war, fuhr er fort:
    »Eben jetzt kam ein mir unbekannter Herr, ein dicker Unternehmer
zu mir und stellte mir ganz ruhig im Namen Marsys und des Direktors
der Westbahn das Anerbieten, ich solle die Konzession erhalten,
wenn ich diesen Herren eine Million in Aktien geben wolle… Was
meinen Sie?«
    »Das ist etwas teuer«, murmelte Rougon lächelnd.
    Herr Kahn kreuzte die Arme und fuhr achselzuckend fort:
    »Nein, Sie haben keinen Begriff von der Frechheit dieser Leute.
Ich müßte Ihnen meine ganze Unterhaltung mit dem Unternehmer
berichten. Marsy verpflichtet sich für die Million, mich zu
unterstützen und meine Angelegenheit binnen Monatsfrist zum
Abschluß zu bringen. Er fordert einfach seinen Anteil… Als ich vom
Kaiser sprach, fing unser Mann zu lachen an. Er sagte mir kurz und
bündig, wenn ich den Kaiser für mich hätte, wäre ich
geliefert.«
    Der Wagen hatte eben den Eintrachtsplatz erreicht. Rougon fuhr
aus seiner Ecke auf, während das Blut ihm ins Gesicht schoß, und
fragte:
    »Sie haben den Herrn vor die Tür gesetzt?«
    Der vormalige Abgeordnete sah ihn einen Augenblick starr an,
ohne zu antworten. Sein Zorn hatte sich plötzlich gelegt. Er
drückte sich in seine Ecke, der Stöße des Wagens nicht achtend, und
murmelte:
    »O nein, man setzt die Leute nicht so ohne weiteres vor die Tür…
Ich wünschte übrigens, Ihre Meinung zu erfahren. Ich für mein Teil
habe Lust anzunehmen.«
    »Niemals, Kahn!« schrie Rougon wütend. »Niemals!«
    Sie stritten über die Sache. Herr Kahn führte Ziffern an: ein
Trinkgeld von einer Million war allerdings ungeheuer, aber er wies
nach, daß man dieses Loch durch gewisse Geschäfte leicht ausfüllen
könne. Rougon hörte nicht darauf und
winkte ihm zu schweigen. Er fragte nichts nach Geld, aber er wollte
nicht, daß Marsy diese Million einsackte; denn wollte er sie ihm
lassen, so würde er damit seine Ohnmacht eingestehen, sich als
besiegt erklären, den Einfluß seines Nebenbuhlers außerordentlich
hoch anschlagen und um so höher, je weniger er selbst
vermochte.
    »Sie sehen, er beginnt zu unterhandeln«, sagte .er. »Er gibt
nach… Warten Sie noch eine Weile. Wir werden die Konzession umsonst
bekommen.«
    In fast drohendem Tone fügte er hinzu:
    »Wir würden uns entzweien, das sage ich Ihnen im voraus. Ich
kann nicht zugeben, daß einer meiner Freunde in dieser Weise
geplündert wird.«
    Beide schwiegen, während der Wagen die Elyseischen Felder
hinauffuhr. Die beiden Männer schienen nachdenklich die Bäume zu
zählen, an denen sie vorbeifuhren. Erst nach einer Weile begann
Herr Kahn leise von neuem:
    »Hören Sie, ich würde für mich nichts Besseres verlangen, als
auf Ihrer Seite zu bleiben; aber Sie müssen doch zugeben, seit bald
zwei Jahren… «
    Er brach ab und schloß:
    »Es ist schließlich nicht Ihre Schuld. Ihnen sind jetzt die
Hände gebunden… Lassen Sie uns die Million daran setzen, glauben
Sie mir!«
    »Niemals!« wiederholte Rougon nachdrücklich. »In vierzehn Tagen
werden Sie Ihre Konzession haben, hören Sie?«
    Der Wagen hielt eben vor dem kleinen Hause in der Marbeufstraße.
Sie blieben jedoch noch sitzen und plauderten, als ob sie sich sehr
gemächlich daheim befänden. Rougon hatte Herrn Bouchard und Oberst
Jobelin zum Essen geladen und wollte auch Herrn Kahn da behalten.
Der aber lehnte ab, da er zu seinem größten Bedauern schon versagt
sei. Darauf ereiferte sich der große Mann in

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