Seine Heiligkeit: Die geheimen Briefe aus dem Schreibtisch von Papst Bendedikt XVI. (German Edition)
die Zuwahl der fehlenden
Ausschussmitglieder des Istituto Toniolo vorzuschlagen und insbesondere den
künftigen Mailänder Erzbischof pro tempore und einen vom Heiligen Stuhl
empfohlenen Prälaten zu benennen.
In Voraussicht des besagten Wechsels hat das Staatssekretariat
Prof. Flick bereits in Kenntnis gesetzt und sein Einverständnis erhalten. Ich
muss mich nicht mit der Beschreibung der ethischen und fachlichen Qualitäten
aufhalten, die diese hoch angesehene Persönlichkeit auszeichnen. Der ehemalige
Student der Katholischen Universität ist heute bestens geeignet, frei von
anderen Verpflichtungen diese neue Verantwortung zu übernehmen.
Ich möchte die Gelegenheit nutzen, um Ihnen, Eminenz, und den
anderen hoch angesehenen Mitgliedern des Instituts den Segensgruß Seiner
Heiligkeit zu übermitteln.
Ich füge meine persönliche ehrerbietige Hochachtung hinzu und
empfehle mich
Eurer Eminenz
ergebenst im Herrn
† Tarcisio Kard. Bertone
Staatssekretär
Dokument 19 [19]
Zusammenfassender Bericht zu wirtschaftlichen Problemen, die für
den Heiligen Stuhl von Interesse sind
Vertraulich für Mons. Georg Gänswein
Von Ettore Gotti Tedeschi
Juni 2011
Prämisse
Durch die aktuelle Wirtschaftskrise (die nicht nur noch nicht
überwunden ist, sondern erst am Anfang steht) und die Folgen des
unkontrollierbaren Globalisierungsprozesses, der eine Verlagerung von
zahlreichen Produktionsaktivitäten beschleunigt hat, ist die Welt in zwei
ökonomische Bereiche aufgeteilt:
– die westlichen Länder (USA und Europa),
die konsumieren und immer weniger produzieren
– die östlichen Länder
(Asien und Indien), die produzieren und noch nicht auf gleicher Höhe konsumieren.
Dieser Prozess hat einen Konflikt zwischen den drei
wirtschaftlichen Funktionen des westlichen Menschen ausgelöst: Arbeiten und
Erwirtschaften von Rendite, Konsum der für ihn günstigsten Güter sowie Sparen
und Investieren mit der Aussicht auf höhere Gewinne.
Das Paradox, das hieraus erwächst, besteht darin, dass Menschen im
Westen noch Einkünfte erzielen, wenn sie in heimischen Betrieben arbeiten,
wobei diese jedoch immer weniger wettbewerbsfähig und deshalb in ihrer
Stabilität bedroht sind. Man kauft anderswo hergestellte, wettbewerbsfähigere
Güter. Man investiert in ausländische Firmen in Ländern, in denen die
Wirtschaft wächst, weil sie produzieren. So stützt man Unternehmen, die
anderswo für Beschäftigung sorgen und vielleicht sogar mit der Firma, in der
man selbst arbeitet, konkurrieren. Wenn dieselbe Person dann arbeitslos ist,
kann sie nicht mehr konsumieren und noch weniger sparen.
Wird dieser Konflikt nicht bewältigt, bahnt sich eine Strukturkrise
in der Wirtschaft des ehemals reichen Westens an. Aber die westliche Welt hat
christliche Wurzeln (Europa und die USA), sie bekennt sich zum Christentum
und hat bisher die Kirche mit ihren wirtschaftlichen Ressourcen unterstützt. So
wird durch die Verlagerung von Unternehmen der Reichtum vom christlichen Westen
in den noch nicht christianisierten Osten verschoben.
Dies bedeutet für den Westen:
– weniger wirtschaftliche
Entwicklung (vielleicht sogar negative), weniger Einnahmen, weniger
Ersparnisse, weniger Erträge lokaler Investitionen, höhere Kosten, um der
Überalterung der Gesellschaft beizukommen etc.
– folglich eine wichtigere
Rolle des Staates in der Wirtschaft, höhere öffentliche Ausgaben und höhere
Kosten. Notwendigkeit höherer Steuern, weniger Privilegien und Steuervorteile,
höhere Risiken.
Daraus folgt, dass die Mittel, die bisher zur Befriedigung der
Bedürfnisse der Kirche beigetragen haben (Schenkungen, Erträge …) geringer
werden, während der Geldmittelbedarf für die Evangelisierung steigen dürfte.
Außerdem könnte der »Laizismus« die Situation nutzen, um eine zweite »Römische
Frage« in Form eines aggressiven Zugriffs auf die Kirchengüter zu schaffen
(durch Steuern, Entzug von Privilegien, die Verschärfung von Kontrollen etc.).
Grundsätzliche Überlegungen
Ich glaube, der Moment ist gekommen, höchste Aufmerksamkeit auf
das wirtschaftliche Problem als Ganzes zu richten und es real anzugehen, wie
ich es zusammen mit dem Staatssekretär tue. Dies bedeutet, dass eine richtige
und geeignete »Strategie« definiert werden und ein zentrales Organ gebildet
werden muss, das sich insbesondere ökonomischen Fragen widmet (eine Art
Wirtschaftsministerium) und das die bereits verfügbaren
Weitere Kostenlose Bücher