Seine Heiligkeit: Die geheimen Briefe aus dem Schreibtisch von Papst Bendedikt XVI. (German Edition)
das überraschende Tempo des Vorgangs
(den Experten zufolge ungewöhnlich) hinweisen: Der Credito Artigiano meldet die
Operation, die mit Genehmigung des Präsidenten der Bankengruppe erfolgte, der
auch Berater des Instituts [des IOR] ist, dem UIF [Ufficio Italiano dei Cambi della Banca
d’Italia, der Meldestelle zur Bekämpfung von Geldwäsche]. Diese Stelle
informiert fünf Tage später die Staatsanwaltschaft Rom, und die Nachricht geht
an die Presse, noch bevor wir informiert oder um eine Erklärung gebeten worden
sind.
Die unmittelbare Reaktion
Der Präsident und der Direktor bitten unverzüglich um eine
Vernehmung durch die Ermittler, um den Sachverhalt und die Vorgehensweise zu
klären, die einfach darzulegen und transparent und lediglich die Folge von
Missverständnissen bei der Auslegung der Vorschriften zu sein schienen (und der
Unkenntnis der Beziehung zwischen den verantwortlichen Akteuren). Der Präsident
legt den Ermittlern dar, dass das Institut den Prozess der Anpassung an
internationale Rechtsnormen bereits in die Wege geleitet hat, um die
beanstandeten Missverständnisse definitiv zu klären. Im Verfahren äußern die
Ermittler in keiner Weise den Verdacht auf Geldwäsche, weder bei den
Vernehmungen noch in den Akten. Die erwähnten Informationen waren in der Presse
zu lesen ( Corriere della Sera )°. Nach der Vernehmung
beschließt der Anwalt des Instituts, beim Überprüfungsgericht die Freigabe der
Gelder zu beantragen. Dieser Schritt hat offenbar die Ermittler geärgert, die
(erneut über die Presse) versuchen, anhand zurückliegender Operationen (2009)
die mangelnde Transparenz des Instituts zu belegen.
° Das Gebaren des Corriere ist merkwürdig, wenn man betrachtet, welchen
Stellenwert die Nachricht am Donnerstag, dem 21., auf der Titelseite
erhält, nur um sie tags darauf, am Freitag, dem 22., anders darzustellen,
allerdings auf Seite 11. Bei diesem merkwürdigen Gebaren darf man daher wohl
auch einen Aktionär des Corriere della Sera verdächtigen.
Aktuelle Strategien
Verteidigungsstrategie: Die ursprüngliche
Verteidigungsstrategie, die von starken Vorbehalten gegenüber den Ermittlern
geprägt war, wurde dahingehend abgeändert, dass an die Seite von Professor
Scordamaglia die Professorin Paola Severino [die ein Jahr später
Justizministerin in der Regierung Monti wird] in den Kreis der Verteidiger
berufen wurde – in der Absicht, mit den Ermittlern unverzüglich in einen Dialog
zu treten, um die Vorgehensweise besser oder auf andere Weise zu verdeutlichen
und so erneut einen Antrag auf Freigabe der Gelder und Einstellung der
Ermittlungen zu stellen. Falls das nicht realisierbar ist, sollte man mit einem
Erfolg versprechenden Ansatz in die Berufung gehen. Dieser Schritt birgt nicht
zu unterschätzende Risiken (Eröffnung des Hauptverfahrens); der äußerste Termin
dafür ist der 14. November.
Am 28. Oktober
haben unsere Anwälte eine Besprechung mit den Ermittlern.
Kommunikationsstrategie: Bisher haben wir mit unserer
defensiven Kommunikationsstrategie dargelegt, »was wir zu tun beabsichtigen«.
Nun jedoch erscheint es geboten, aktiver zu kommunizieren, »was wir bereits
getan haben«, zum Beispiel: der Brief an die GAFI [Gruppo di Azione Finanziaria
Internazionale, Arbeitskreis Maßnahmen zur Bekämpfung der Geldwäsche] und die
ermutigende Bestätigung des GAFI-Präsidenten; die Bildung der Kommission zur Umsetzung
des Programms, um die geforderten Bedingungen zu erfüllen; die Ernennung des
Präsidenten der internen Aufsichtsbehörde (Kardinal Nicora) etc.
Strategie der Beziehungen zu den Institutionen und
Kongregationen: Die derzeitigen Ereignisse könnten die Einrichtungen und
die Kongregationen beunruhigen und verstören. Darauf arbeiten auch einige
Banken hin …, die in Konkurrenz zu unserem Institut um die Zielgruppe
»religiöse Einrichtungen« werben. Es geht darum, den Ruf des Instituts nicht
nur juristisch zu schützen. Zu diesem Zweck führen wir Gespräche mit allen
Ökonomen [den Vermögensverwaltern] der Einrichtungen und haben bereits eine
Tagung für den 3. November
(in der Sala delle Benedizioni [der Halle der Segnungen]) in die Wege geleitet,
zu der 1200
Ökonomen religiöser Einrichtungen geladen sind. Dort werde ich mit Minister
Tremonti und dem Generalsekretär des Iberoamerikanischen Bündnisses, Iglesias,
über Wirtschaftsfragen und -perspektiven diskutieren. Kardinal Bertone wird die
Einführung übernehmen.
Strategie
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