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Seine Heiligkeit: Die geheimen Briefe aus dem Schreibtisch von Papst Bendedikt XVI. (German Edition)

Seine Heiligkeit: Die geheimen Briefe aus dem Schreibtisch von Papst Bendedikt XVI. (German Edition)

Titel: Seine Heiligkeit: Die geheimen Briefe aus dem Schreibtisch von Papst Bendedikt XVI. (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gianluigi Nuzzi
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für persönliche Initiativen
und private Begegnungen her. Die wenigen Privilegierten, die zu einer der
Audienzen Zutritt erlangen und das »biglietto baciamano« (das Ticket, um dem
Papst die Hand zu küssen) ergattern, hinterlassen einen Obolus, um sich für den
Kuss des päpstlichen Rings und das Familienfoto zu revanchieren. Auf dem Ticket
sind das Datum sowie die Anzahl der Personen verzeichnet, die zur Audienz zugelassen
sind. Sie findet jeden Mittwoch in der Aula Paolo VI
am Petersplatz oder im zweiten Stock des Apostolischen Palastes statt und ist
den wenigen spendablen Auserwählten vorbehalten, denen das Glück einer privaten
Begegnung mit dem Papst zuteilwird. Wie heißt es doch? Ich überlasse es euren
gütigen Herzen.
    Statistische Daten zu ermitteln ist schwierig, denn die Zahlen
werden nicht veröffentlicht, ebenso wenig wie die Bilanzen der meisten
Einrichtungen, die die Finanzen der Kirche aufbessern. Doch aufgrund von
Indiskretionen und der verfügbaren Dokumente lässt sich sagen, dass an jedem
Audienztag Spendengeldsummen zwischen 40   000 und 150   000
Euro eingehen.
    Die Mitarbeiter Benedikts XVI.
führen gewissenhaft Buch. Die Übersichten werden größtenteils am Computer
erstellt, Anmerkungen immer noch handschriftlich hinzugefügt. Diese
Buchungsunterlagen werden anschließend zusammen mit den Geldscheinbündeln und
Schecks ins IOR getragen, in die Tresorräume der
Vatikanbank. Der Papst verfügt dort über mehrere Konten, die unter
verschiedenen Bezeichnungen auf ihn zurückführbar sind und für die Prälat Georg
eine Vollmacht zur Durchführung von Gutschriften und Überweisungen besitzt. Es
handelt sich um das »päpstliche Depot«, einen persönlichen und geheimen Fonds,
in den diverse Summen fließen: die Erträge des IOR
ebenso wie die Peterspfennig-Kollekte, die der Papst für wohltätige Zwecke
vorgesehen hat.
    Wir sind in der Lage, die Buchhaltungsübersicht vom 1. April
2006
einzusehen. An diesem Tag wurden 50   000 Euro eingezahlt: 41   680 in bar, 6625 in
Schecks, der Rest in Fremdwährungen. Betrachten wir die Aufstellung der Gelder,
verteilt auf Generalaudienzen, Privataudienzen und externe Spenden, sieht man,
dass die meisten großzügigen Gaben, die von der Peripherie ins Zentrum von
Sankt Peter gelangen, von Priestern und Diözesen stammen. Zu den Wohltätern
jener Tage gehören die Minoriten der Provincia Serafica dell’Umbria, das
Diözesanwerk für Pilgerreisen in Lugano, das deutsche Kloster Mallersdorf, die
Wallfahrtskirche Madonna della Fontana, aber auch Einzelpersonen wie Javier
Echevarría, Prälat des Opus Dei, und der damalige IOR-Präsident
Angelo Caloia mit 5000 Euro
in bar.
    Hinter jeder Spende steckt eine Person mit einer erzählenswerten
Geschichte. Dank der Unterlagen, die in unseren Besitz gelangt sind, können wir
Caloias Spenden rekonstruieren, eines Managers der »weißen« (katholischen)
Finanz aus Mailand, der 1989 von der Leitung der Bank Mediocredito Centrale zur
Vatikanbank wechselte – als Nachfolger von Erzbischof Marcinkus, gegen den
im Zusammenhang mit der Pleite des Banco Ambrosiano ein Haftbefehl der
italienischen Justiz ergangen war. Caloia wird als Letzter der von Papst
Johannes Paul II. ausgewählten, absolut loyalen Laien
den Vatikan verlassen, drei Jahre nach der vom deutschen Papst angestoßenen
»sanften Revolution«. In den ersten Monaten des neuen Pontifikats hofft Caloia
nach 20 Jahren an der Spitze der Vatikanbank vielleicht noch auf eine Bestätigung im
Amt und versucht deshalb, seine Aktivitäten als Bankier ins rechte Licht zu
rücken. Er verbreitet im Staatssekretariat und in den heiligen Hallen die
Ergebnisse des IOR, das in der Lage ist, unter seinen
Kunden fünf Milliarden Euro an Einlagen zu akquirieren. Und er gibt sich ganz
besonders großzügig. Es vergehen ein paar Tage, und am 24. April 2006
schickt er eine weitere ansehnliche Spende, diesmal in Höhe von 50   000
Euro, wie man in dem herzlichen Schreiben nachlesen kann, das er an den Papst
richtet: »beiliegend 50   000,00 R/24. April 2006«. Der Ton ist ganz besonders ehrerbietig. Caloia
bezeichnet die Summe als ein »bescheidenes Zeichen« – wohlgemerkt 50   000
Euro:
     
    Heiliger
Vater,
    die Ostertage
und die erhebenden Botschaften von Ihnen, Heiliger Vater, haben unser Herz mit
Freude erfüllt. Der erste Jahrestag Ihrer Berufung auf den Stuhl Petri war für
uns die Bestätigung des großen Geschenks, das unser Herr Jesus Christus Ihnen
gemacht

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