Seine Heiligkeit: Die geheimen Briefe aus dem Schreibtisch von Papst Bendedikt XVI. (German Edition)
und
Laien aus der ganzen Welt landen. Darunter ein Brief mit einem Scheck in Höhe
von 10 000
Euro, den Bruno Vespa, der bekannteste Fernsehjournalist Italiens, am 21. Dezember
für karitative Zwecke schickt. »Auch in diesem Jahr«, schreibt er, »erlaube ich
mir, Ihnen im Namen meiner Familie eine kleine Summe für die Wohltätigkeit des
Papstes zur Verfügung zu stellen. Ich wünsche Seiner Heiligkeit und Ihnen,
lieber Don Giorgio, frohe Weihnachten und ein für Ihre Mission erfolgreiches
neues Jahr.« Dann ein paar Leerzeilen, und nach Angabe der Schecknummer und des
Betrags fügt der Journalist handschriftlich hinzu: »PS:
Wann könnten wir eine Begegnung mit dem Heiligen Vater erhalten? Danke.« Vespa
schickt also eine Geldsumme für die wohltätigen Werke Papst Benedikts und nimmt
dies zum Anlass, um eine Audienz zu bitten. Das päpstliche Sekretariat,
wahrscheinlich Don Giorgio selbst, notiert für den Papst an den Rand des Briefes:
»Ich melde mich diesbezüglich im neuen Jahr« – wegen der ersehnten Audienz.
Benedikt XVI. liest den Brief
am Heiligen Abend und bittet darum, dem Absender für die Spende zu danken. Es
sind geschäftige Tage, an denen auch Geldbeträge von den Führungskräften der
italienischen Bankenwelt eintreffen. Giovanni Bazoli, Aufsichtsratsvorsitzender
der Bank Intesa Sanpaolo und einer der Hauptakteure der katholischen Finanz,
schickt 25 000
Euro als »Beitrag für Ihre karitativen Werke«; als Empfänger des Zirkularschecks
benennt er Georg Gänswein. Dieter Rampl und Federico Ghizzoni, Präsident
beziehungsweise Vorstandsvorsitzender der Bank Unicredit, senden ein
»besonderes Geschenk für den Heiligen Vater« an Kardinal Bertone zur Weitergabe
an den Papst. Die Bankiers nutzen die Gelegenheit, um in ihrem Brief die
zentrale Stellung des Menschen in der Gesellschaft von heute zu bekräftigen,
ganz im Geist der Enzyklika Caritas in veritate . Und
sie versprechen, ihr besonderes Augenmerk auf die Finanzmärkte Osteuropas zu richten,
wo Unicredit mit Filialen vertreten ist. Die Geschenke oder zumindest ein Teil
der milden Gaben, die der Papst empfängt, werden an die Bediensteten des
Kleinstaats weitergegeben. Am Dreikönigstag werden die Mitarbeiter der
Sicherheitsdienste beschenkt, allen voran die 150 Gendarmen. »Zur
Bereicherung des Fests« regt der Chef der Gendarmerie, Domenico Giani, im
Dezember 2010
an, einige der Gelder für das Treffen zu verwenden, »das in diesem Jahr durch
die Anwesenheit der Kinder und Angehörigen in einem besonderen Rahmen
stattfinden wird«, wie er an Padre Georg schreibt.
In den Vatikan gelangt aber nicht nur Geld, es treffen auch
Sachgeschenke aller Art ein, darunter Lebensmittel: Schinken, Wurstwaren und
sogar der teure, luftgetrocknete spanische Serranoschinken. Giani, der Mann für
alles, bringt die wie eine Violine geformte Schachtel mit dem Schinken und
andere Delikatessen, die er im Dezember 2010 direkt vom Hersteller
erhält, in die päpstlichen Privatgemächer. Dabei handelt es sich um den Vater
von Marisa Rodriguez, Korrespondentin des staatlichen spanischen Fernsehens TVE, der mit diesem Geschenk dem Papst huldigen
möchte. Selbstverständlich liegt auch ein Brief bei. »Der Umschlag für den
Heiligen Vater«, schreibt Giani in einer Begleitnotiz, »liegt in der
Schachtel.«
Die Trüffel kommt
Auch kostbare Trüffel, bis zu 100 000 Euro wert, gelangen
hinter das Bronzeportal. Ein paar Monate vor den Wurstwaren erhält Padre
Leonardo Sapienza, Protokollbeamter in der Präfektur des Päpstlichen Hauses,
die für die päpstlichen Privatgemächer und die Audienzen Benedikts XVI. zuständig ist, eine einzigartige Anfrage.
Der piemontesische Unternehmer Antonio Bertolotto möchte dem Papst mit einer
Trüffelknolle huldigen. Wenn er die Zustimmung des Heiligen Stuhls erhält,
möchte er sich bei der Benefizversteigerung von Albatrüffeln, die alljährlich
in der Burg von Grinzane Cavour stattfindet, den Zuschlag holen. Doch was
sollen die Geistlichen mit einem derartigen Gottesgeschenk anfangen? Sapienza
ist unsicher. Er weiß nicht, wie er antworten soll, und zieht Padre Georg zu
Rate, der seine Zustimmung erteilt. Holen wir uns die Trüffel, müssen sie in
den päpstlichen Gemächern gedacht haben, im schlimmsten Fall essen wir eben ein
paar Wochen lang Tagliatelle mit kostbaren Trüffelraspeln. Aber das geht nicht.
Damit die Trüffel ihr ganzes Aroma entfalten kann, muss sie innerhalb von vier
Tagen verzehrt werden, lässt
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