Seine Heiligkeit: Die geheimen Briefe aus dem Schreibtisch von Papst Bendedikt XVI. (German Edition)
hat. In inniger Dankbarkeit gegenüber dem Allerhöchsten für die Gnade,
an der Er uns beständig teilhaben lässt, und überglücklich bei dem Gedanken,
weiterhin des Trostes Ihres väterlichen Wohlwollens teilhaftig zu werden,
möchte ich Ihnen persönlich und auch im Namen der Mitarbeiter des gesamten
Instituts meine tiefe Dankbarkeit und den von Herzen kommenden Wunsch
ausdrücken, der Heilige Geist möge Ihnen in Ihrem erhabenen Amt stets
beistehen. Empfangen Sie, Heiliger Vater, ein bescheidenes Zeichen, das Ihnen
bei Ihren guten Werken helfen soll, und segnen Sie uns und unsere Familien.
Es ist unklar, ob der Bankier sein privates Geld oder aber
Gelder des IOR präsentiert und damit Summen
vorwegnimmt, die ohnehin dem Papst zur Verfügung stehen. So steht es in der
Satzung, und Caloia selbst wies 1998 darauf hin, dass die Gewinne der Bank vom Papst
direkt verwaltet werden. [3] Selbstverständlich ist das Schreiben auf
dem Briefpapier des IOR verfasst, und
Caloia bittet um den üblichen Segen für sich und alle Mitarbeiter. Ein paar
Jahre später, im Frühjahr 2009, erscheint mein Buch Vatikan AG (dt. 2010),
das von den krummen Geschäften des IOR
in den ersten Jahren der Ära Caloia und den in der Bank gewaschenen
Schmiergeldern der »Maxitangente« Enimont erzählt, die zumindest teilweise von
Luigi Bisignani an den Prälaten der Bank, Donato de Bonis, persönlich übergeben
wurden. Mitte Mai 2009
treffe ich mich mit Caloia im Hotel Ambasciatori in der Via Veneto in Rom. Ich
überreiche ihm eines der ersten Exemplare des Buches. Er blättert darin und
erbleicht. Und er sagt nur wenige Worte: »Ich muss mich jetzt von Ihnen
verabschieden, ich muss gehen, um mich zu verteidigen.« Gegen wen, Caloia?
»Gegen diejenigen, die Ihr Buch gegen mich verwenden werden.« Das war im Mai,
im Sommer wird Bagnasco im Vatikan sagen, das Buch werde »es erlauben, Behörden
neu zu strukturieren, die mehr Schatten als Licht werfen«. Im September wird
Caloia vorzeitig »abgelöst«. Heute, auch in jüngster Zeit, bemüht sich das IOR gegen viele Widerstände, seine
Geldgeschäfte transparenter zu machen.
Kehren wir zu den edlen Spendern und zur Buchhaltungsübersicht vom 1. April
2006
zurück. Eine Person hat für ihre Beharrlichkeit die Siegespalme verdient. 30 Prozent der Spendeneingänge an diesem Tag stammen nämlich von einer
Klosterfrau, die unter der Geistlichkeit aufgrund ihres großen Einflusses
hervorsticht: Tekla Famiglietti ist die mächtige Generaloberin der
Birgittinnen, die, aus dem kampanischen Dorf Sturno stammend, Botschafterin der
Päpste wurde und an die Spitze eines in der ganzen Welt verbreiteten
Frauenordens gelangte.
Es handelt sich um vier verschiedene Quellen, aus denen die Schwester
diese Summen hat, ohne Angabe der Personen. Aber das ist offensichtlich gar
nicht notwendig. Diskretion ist ein typisches Merkmal dieser Oberin, die wegen
der Initiativen der Birgittinnen in Kuba, in Polen und in den damals
kommunistischen Staaten bei Papst Wojtyła und seinem Privatsekretär, Don
Stanisław Dziwisz, in hohem Ansehen stand. Über sie sind viele Wahrheiten und
Legenden in Umlauf. »Es heißt«, enthüllt heute Nunzio Pupi d’Angeri, ein
exzentrischer Diplomat, Freund Castros und Arafats und Botschafter von Belize
in Italien, »dass eine der vier im Schreibtischtelefon Johannes Pauls II. gespeicherten Nummern die von Schwester
Tekla war.« [4] Mit Sicherheit war sie gemeint, als Andreotti von dem
»Generalleutnant« sprach. Sie war so wichtig, dass der siebenmalige
Ministerpräsident ihr in den 80er-Jahren Gelder von dem Konto der »Stiftung Kardinal
Francis Spellman« gutschreiben ließ, das er für die Vatikanbank eröffnet hatte. [5] Die Generaloberin geht in der Papstbank ein und aus, wo 18 Jahre lang Pietro Orlandi
tätig war, nachdem seine Schwester Emanuela im Jahr 1983 spurlos verschwunden
war, ein bis heute ungelöster Fall. »Wenn Mutter Tekla an den Schalter kam«,
erinnert sich Orlandi im Gespräch mit mir, »hatte sie riesige Geldsummen dabei
und gab üppige Trinkgelder, ohne einem in die Augen zu sehen.« [6]
Bruno Vespa: 10 000 Euro und die Bitte um eine Audienz
Am Heiligen Abend treffen besonders viele Spenden ein, und
der Terminkalender des Papstes, in den wir Einsicht nehmen konnten, ist dicht
gefüllt. Betrachten wir den Dezember 2011, als Benedikt XVI. in seine Agenda zahlreiche Begegnungen
eingetragen hat und auf seinem Tisch ansehnliche Offerten von Geistlichen
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