Seine Heiligkeit: Die geheimen Briefe aus dem Schreibtisch von Papst Bendedikt XVI. (German Edition)
Darlehens auszuhandeln. Angesichts
der Dringlichkeit bitte ich höflich um Rückantwort zu dieser Anfrage an diese
Nuntiatur. † Viganò.
Der Nuntius ist besorgt, dass Affären wie die Wilmingtoner
die Kirche in den USA weiter schwächen
und ihren Einfluss schmälern könnten, insbesondere mit Blick auf die heikle
Zeit der Vorrunden zur US-Präsidentschaftswahl,
die hinsichtlich der Beziehungen zwischen den amerikanischen Bischöfen und der
republikanischen bzw. der demokratischen Partei eine wichtige Phase darstellen.
Fest steht: Als die Affäre Viganò im Februar 2012 publik wird, kühlt
sich das Verhältnis zwischen der US-Nuntiatur
und dem Staatssekretariat weiter ab. Viganò gerät in Bedrängnis. Zunächst
bezichtigen ihn seine Feinde, er sei die undichte Stelle, die den Medien die
Dokumente zugespielt habe. Angesichts der Reserviertheit dieses Prälaten – mir
persönlich hat er auf mehrere Anfragen per Fax, E-Mail
und am Telefon in der Nuntiatur nie geantwortet – kann man dies allerdings
ausschließen. Noch problematischer sind freilich die Auswirkungen auf die
Beziehungen zwischen den Bischöfen in den Vereinigten Staaten und dem Heiligen
Stuhl. Wenn der Diplomat, der als Bindeglied dienen soll, vom Vatikan
gemaßregelt wird, wer ist dann für die Pflege der Beziehungen verantwortlich?
Diese Frage treibt die US-Bischöfe so sehr
um, dass eine Delegation den Atlantik überquert, um Antworten darauf zu
bekommen. Die gleichen Antworten, die Viganò bis heute geben muss.
Die fröhliche Geldmaschine
Die Krise der Spendengelder und das Konto des Papstes
Die Vereinigten Staaten haben im Finanzkalkül der
katholischen Kirche eine strategische Funktion, Italien und Deutschland dagegen
sind die pekuniären Kernländer des weltweiten Katholizismus. Die Entschädigung
der Missbrauchsopfer belastete zwar die Finanzen, aber auch die indirekten
Folgeschäden des Pädophilieskandals sind erheblich. Sie kratzen am Image der
Kirche, und das wirkt sich auf die Spendenbereitschaft der Gläubigen aus. Nehmen
wir den Peterspfennig, die Kollekte der Gelder, die von den Mitgliedern der
Kirchengemeinden, von Instituten des geweihten Lebens, Gemeinschaften des
apostolischen Lebens, Stiftungen und Privatpersonen an den Papst gehen. 2010
betrug deren Summe »nur« 67 Millionen Dollar, das sind 20 Prozent weniger als die 82,5 Millionen im Jahr 2009,
ganz zu schweigen von den 100 Millionen im Rekordjahr 2006. Ein deutlicher
Rückgang, für den viele Gründe angeführt werden.
Zweifellos gibt die Entwicklung der Finanzen dem Vatikan Anlass zu
größter Sorge. Die Geldmaschine generiert nicht mehr die Einnahmen von einst,
als man das ganze Jahr hindurch auf die Spendenfreudigkeit der Gläubigen zählen
konnte. Und mit dem Geld verringern sich auch die Möglichkeiten der Einflussnahme.
Heute lassen lediglich die großen kirchlichen Feiertage diese Sorgen vergessen.
Zu Weihnachten und Ostern findet eine wahre Prozession statt:
Franziskanermönche mit Mappen und Briefumschlägen, prall gefüllt mit
Geldscheinen, Manager mit silbernen Kandelabern oder dicken Schecks,
Lobbyisten, Unternehmer, vermögende Adlige und Journalisten. Um den Papst
tummelt sich eine bunte Schar von Spendenüberbringern, die im Heiligen Vater
ihren Bezugspunkt sehen, den Katalysator. Immerhin besitzt, wie es in dem von Johannes
Paul II. eingeführten Grundgesetz heißt, »der
Papst als Oberhaupt des Vatikanstaates die Fülle der gesetzgebenden,
ausführenden und richterlichen Gewalt«. [1]
Er allein trifft die Entscheidungen. Er ist nicht nur der Oberhirte
von 17 Prozent der Weltbevölkerung, er regiert auch ein Reich ohne Grenzen. Ihm
unterstehen 4500 Bischöfe,
405 000
Priester und 865 000
Ordensleute, dazu Ständige Diakone, Laienmissionare sowie mehr als zwei
Millionen Katecheten. Dann sind da noch die katholischen Gläubigen. Die einen
spenden aus Freude am Geben im Einklang mit dem christlichen Geist. Andere
hoffen auf Versöhnung und Vergebung. Oder auf einen Segen. Wieder andere öffnen
ihren Geldbeutel aus reinem Eigennutz. Man spendet, um sich in ein gutes Licht
zu rücken, Beziehungen zu pflegen oder einen Auftrag zu bekommen. Oder auch nur
eine Audienz oder ein Foto.
Der Papst engagiert sich persönlich, um den kontinuierlichen
Geldfluss zu gewährleisten. Er startet Kampagnen in der gesamten katholischen
Welt, etwa die Kollekte zum Heiligen Jahr oder den Peterspfennig, und wirbt für
die Kirchensteuer, [2] gibt sich aber auch
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