Seine Heiligkeit: Die geheimen Briefe aus dem Schreibtisch von Papst Bendedikt XVI. (German Edition)
auf Leben als
unveräußerliches, nicht zur Disposition stehendes Grundrecht eines jeden
Menschen deutlich zu bekräftigen. Demzufolge muss jede Form der direkten oder
indirekten, auf aktivem Handeln oder Unterlassung beruhenden Sterbehilfe und
jedwede Verabsolutierung des Konsenses ausgeschlossen werden. Sowohl
lebensverlängernde Maßnahmen um jeden Preis als auch die Unterlassung jeglicher
therapeutischer Behandlung sind zu vermeiden.
Gleichstellung der Schulen. Das Problem harrt immer noch einer
Lösung, andernfalls würden viele gleichgestellte Schulen verschwinden, was den
Staatshaushalt spürbar belasten würde. Es gilt, eine Vereinbarung über die Art
und Weise der finanziellen Hilfe zu treffen, auch um Einwirkungen der
Rechtsprechung jüngeren Datums zu überwinden, die die Rechtmäßigkeit der
derzeitigen Situation infrage stellen.
Allgemeine soziale und
wirtschaftliche Lage. Hier
herrscht Unsicherheit, derzeit verstärkt durch das globale wirtschaftliche
Umfeld. In seiner Ansprache zum Jahresende ging Präsident Napolitano
ausführlich darauf ein, wie Italien sich dieser Krise stellen soll und kann. Es
bleiben Befürchtungen angesichts des Phänomens der Einwanderung von Menschen
aus armen Ländern; auf die Frage der Aufnahme dieser Einwanderer ging Staatspräsident
Napolitano besonders in seiner Rede anlässlich des Besuchs des Heiligen Vaters
im Quirinalspalast ein.
Benedikt XVI. könne
Napolitano auch bitten, als »Schlichter« Missverständnisse und Spannungen mit
den höchsten italienischen Staatsämtern auszuräumen. Meinungsverschiedenheiten
und Misshelligkeiten, die das Verhältnis zu Napolitano selbst und zum
Präsidenten der Abgeordnetenkammer Gianfranco Fini betreffen, werden im
Abschnitt »Einige Klarstellungen« nicht ausgespart:
Katholische Kirche und
Rassengesetze. Präsident
Napolitano bekundete öffentlich sein Bedauern über die Kritik des Osservatore
Romano an der Rede Finis zu
den Rassengesetzen des Faschismus, dem sich auch die Kirche nicht
entgegengestellt habe. Das von Präsident Fini geäußerte Urteil ließ nicht nur
die damals herrschende Situation der Unfreiheit unberücksichtigt, es ließ auch
unerwähnt, dass Pius XI. diese Maßnahmen sowohl grundsätzlich als auch wegen
der Verletzung des Konkordats von 1929 in Stellungnahmen verurteilte.
Auch maßgebliche italienische Oberhirten wie der Mailänder Kardinal Schuster
hatten den Antisemitismus verurteilt. Dieser Vorwurf einer »Mitschuld« der
Kirche, der auf unzureichend begründeten historischen Wertungen beruht, erregte
Missfallen.
Gesetz zu den Rechtsgrundlagen
des Staates der Vatikanstadt. In den Medien entbrannte ein heftiger Streit über diese Rechtsnorm, die an die
Stelle jener aus dem Jahr 1929 tritt. Für diese Polemik, die vielleicht von
unglücklichen Erläuterungen der Maßnahme und der üblichen Oberflächlichkeit der
Medien bei der Darlegung der Sachverhalte ausgelöst wurde, gibt es eigentlich
keinen Grund. Vor allem ist kein einziges Abkommen zwischen dem Heiligen Stuhl
und Italien davon betroffen, da es sich um einen souveränen Akt des Vatikans handelt.
Außerdem gab es weder 1929 noch gibt es heute eine
automatische und vollständige Übernahme der italienischen Rechtsetzung; die
italienische Gesetzgebung bildet heute ebenso wie 1929 eine Quelle ergänzender
Normen für die Rechtsordnung des Staates der Vatikanstadt.
In den Beziehungen zwischen Staaten sind der Austausch
über heikle Angelegenheiten und Klärungen zur Überwindung von Gegensätzen
zwischen Institutionen üblich. Ebenso sind gemeinsame Erörterungen von
wirtschafts- und außenpolitischen Fragen eine Normalität. [11] Doch
sind die besonderen Empfehlungen zu einer Einmischung in die italienische
Politik nur zur Vorbereitung gedacht, oder wollen sie Inhalte vorgeben? Es wäre
ziemlich schwerwiegend, sich auch nur vorzustellen, dass ein Staatspräsident unter
Druck gesetzt oder auch nur zum Ziel von Klagen und Forderungen zur
Gesetzgebung seines Landes würde. Das wäre so, als ob Napolitano von Obama
Kritik an der italienischen Sozialpolitik oder anderen Gesetzen oder Normen zu
hören bekäme. Wir wissen nicht, ob und in welcher Weise Benedikt XVI. diese Themen Napolitano gegenüber
angesprochen hat – denn die tatsächlichen Inhalte der Unterredung sind nur den
Teilnehmern selbst bekannt.
Jedenfalls ist daran zu erinnern, dass die »moral suasion« des
Vatikans subtil ist und mit wenigen Worten auskommt. Es genügt
Weitere Kostenlose Bücher