Seine junge Geliebte
Klasse gewesen, dann hatte Axel die Stadt verlassen müssen, weil seine Eltern verzogen waren. Er hatte ihn später zufällig in Köln wiedergetroffen, als er eine neue Weinstube besuchte, die ihm jemand empfohlen hatte.
Axel Schneider hatte ein paar Semester Medizin studiert, war dann aber nicht damit zurechtgekommen. Sein Vater wollte ihn nicht weiter unterstützen, da hatten sich Vater und Sohn getrennt. Axel hatte die Kunstakademie besucht, um Maler zu werden; ein Beruf, der ihn schon seit früher Kindheit besonders angezogen hatte. Trotz der kurzen Zeit, die sie beim Studium miteinander verbracht hatten, konnte sich Heidmann immer noch daran erinnern, wie Axel mit geschickter Hand die Professoren karikierte, so naturgetreu, daß die meisten von ihnen, die keinen Humor besaßen, empört waren.
Fast hätte er vergessen auszusteigen, als die Straßenbahn an der Haltestelle hielt, die Bärbels Wohnung am nächsten war. Im letzten Augenblick sprang er ab.
Suchend ging er die Straße entlang und blickte zu den Hausnummern hoch, bis er schließlich vor dem gesuchten Haus stand. Er hörte, wie sein Herz bis in den Hals klopfte. Er mußte sich zusammenreißen, um den Knopf der Türklingel einzudrücken. Während er auf das Surren des Öffners wartete, nahm er das Papier von den Rosen, knüllte es zusammen und steckte es in die Hosentasche. Er schrie kurz auf: Ein Dorn hatte ihn gestochen. Ein Finger blutete. Er drückte rasch ein Taschentuch dagegen, da surrte der Türöffner. Heidmann betrat den Flur.
Er blieb einen Augenblick stehen und sandte ein Stoßgebet gen Himmel, daß alles gut ausgehen möge.
»Hallo …?« Bärbels Stimme klang durch das Treppenhaus. »Im ersten Stock«, rief sie ihm zu.
»Ich komme!« Johann Heidmann stieg langsam die Stufen empor. Sie erwartete ihn auf dem Treppenabsatz und streckte ihm die Hand entgegen. »Sie sind ja von einer entwaffnenden Pünktlichkeit«, erklärte sie lachend. »Und die schönen Blumen – sind die für mich?«
»Natürlich! Aber Vorsicht –«, Heidmann übergab Bärbel den Blumenstrauß, »da sind Dornen dran. Ich habe mich –«, er hob zum Beweis seine Hand hoch, »schon gestochen.«
»Das ist ja schlimm. Kommen Sie rein. Ich klebe Ihnen ein Pflaster drauf.« Sie nahm vorsichtig den Rosenstrauß entgegen und öffnete weit die Tür. »Entrez«, forderte sie ihn auf.
»Sagen Sie mal, was ist mit Ihrem Assistenten los?« Dr. Phisto trat schmunzelnd auf Dr. Bruckner zu, der im Vorraum des OP stand und die Operationsliste für den morgigen Tag an die Tafel heftete.
»Was soll mit ihm los sein?« Bruckner trat einen Schritt zurück, um das, was er geschrieben hatte, zu überlesen. »Er ist heute Abend ausgegangen.«
»Er sah aus, als ob er verliebt sei: mit jenem verklärten Ausdruck im Gesicht, wie ihn nur junge Verliebte zur Schau tragen!«
Dr. Bruckner schmunzelte. »Ich habe das Gefühl, daß es ihm die –«, er deutete auf die erste Linie des Operationsplanes, »Freundin dieses Patienten angetan hat. Sie ist allerdings wirklich sehr hübsch – so hübsch, daß ich Mühe habe, nicht in Konkurrenz zu treten.«
»Wann kann man dieses Wunderkind einmal eingehender besichtigen? Ich habe sie schon kurz auf dem Flur getroffen. Sie wissen, daß ich auch niemals abgeneigt bin, die Bekanntschaft einer schönen Frau zu machen.«
Dr. Bruckner hob scherzhaft drohend den Finger. »Man sollte auch in der Liebe gewisse Vorfahrtsrechte beachten …«
»Was anscheinend Dr. Heidmann nicht tut«, unterbrach ihn der Anästhesist. »Wenn das Mädchen, das er sich ausgesucht hat, schon Ihrem Patienten gehört, dann steht jenem doch das Vorfahrtsrecht zu.«
»Man soll die Sache nicht so eng sehen. Wann haben Sie Dr. Heidmann gesehen?«
»Eben erst! Er hatte sich angezogen wie ein Lausbub.«
»Komisch –«, Thomas Bruckner schüttelte den Kopf, »diese plötzliche Veränderung meines braven Assistenten. Nun ja – man kann ja auch nicht immer und ewig zusammenhocken. Ich habe außerdem zu tun. Hat er Ihnen gesagt, wo er hingeht?«
»Natürlich nicht!« Phisto grinste. »Ich würde es auch nicht tun. Sonst besteht die Gefahr, daß man ihm nachschleicht. Stellen Sie sich vor, ich würde auch in dem Lokal auftauchen, in dem er mit seiner Freundin sitzt! Das wäre doch peinlich. Vielleicht würde es mir sogar gelingen –«, sein Grinsen verstärkte sich, »die schöne Frau für mich zu gewinnen.«
»Ich kann mir denken, wo er ist.« Thomas Bruckner holte
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