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Seine junge Geliebte

Titel: Seine junge Geliebte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dr. Thomas Bruckner
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können wir gehen.«
    »Von mir aus auch.« Sie verließen die Wohnung.
    »Bis zum Chlodwigplatz haben wir eine direkte Verbindung. Die Bahnen fahren alle zehn Minuten.«
    »Die Straßenbahnhaltestelle ist da vorn. Ich benutze sie auch. Wenn ich in den Hauptverkehrszeiten rasch vorankommen muß. Da fährt die Straßenbahn auf ihrem Gleiskörper rascher als man es mit dem Auto vermag. So …« Sie hatten die Haltestelle erreicht. »Da kommt sie schon!«
    Johann Heidmann nahm aus seiner Tasche zwei Fahrscheine. »Ich darf Sie doch zu dieser Fahrt einladen?« erklärte er schmunzelnd.
    »Ich nehme Ihre Einladung sogar an«, erwiderte Bärbel. »Einmal, weil ich an die Emanzipation der Frau nicht so ganz glaube und es immer noch schöner finde, wenn der Begleiter eine schützende Rolle spielt. Zum anderen aber, weil ich keine Straßenbahnfahrscheine habe.«
    Die Bahn hielt. Die beiden stiegen ein. Sie setzten sich neben einander. Wieder spürte Heidmann die berückende Nähe der jungen Frau, atmete ihr Parfüm mit vollen Zügen ein. Ihre Blicke trafen sich. Er wollte nach ihrer Hand greifen, die auf ihrem Schoß lag. Sie merkte es und nahm sie fort. Fast unmerklich schüttelte sie den Kopf.
    Dr. Heidmann wollte sie fragen, ob es ihr unangenehm sei, wenn er sie berühre, wenn er ihre Hand nähme. Aber er fürchtete, daß er durch eine solche Frage eine Mauer zwischen ihnen aufrichten könne. Er mußte abwarten, wie sich die Angelegenheit entwickelte. Und er war sicher, daß sie sich gut entwickeln würde. Hatte sie nicht bereits so gut angefangen?
    Ein Kontrolleur kam. Dr. Heidmann reichte ihm die beiden Fahrscheine. Der Beamte entwertete sie, gab sie Dr. Heidmann zurück und wünschte den beiden einen guten Abend.
    Wieder versuchte der junge Arzt, nach Bärbels Hand zu greifen. Diesmal tat er es vorsichtiger, geschickter. Als er die Fahrkarten in seine Tasche steckte, berührte er mit der rechten Hand sanft Bärbels Hand. Es wirkte wie eine zufällige Berührung. Bärbel schreckte nicht zurück. Sie ließ ihre Hand liegen und duldete es auch, daß er jetzt nach ihrer Hand faßte und sie festhielt.
    Als er sie anschaute, hatte sie die Augen geschlossen. Er drückte ihre Hand. Sie erwiderte den Druck nicht. Er war enttäuscht und wollte etwas sagen. Aber ihm fielen nur Banalitäten ein. Es war, als ob sein Verstand vollständig benebelt war und dieser Nebel ihn daran hinderte, etwas zu sagen.
    »Chlodwigplatz!« rief der Fahrer. Johann Heidmann mußte Bärbels Hand loslassen. Er stand auf. »Wir müssen aussteigen.«
    Es sah aus, als ob Bärbel aus einem tiefen Traum erwachte Sie fuhr zusammen. »Wir sind da!«
    Dr. Heidmann hatte das Gefühl, daß sie es bedauerte, angekommen zu sein.
    »Ja, wir sind da. Schade –«, er stieg als erster aus der Bahn aus, reichte ihr die Hand und half ihr beim Heruntersteigen. »Von mir aus hätte die Fahrt ewig dauern können.« Er schaute sie an und wartete auf eine Reaktion, aber sie antwortete nicht. Sie ging schweigend neben ihm her. Erst nach einer ganzen Weile fragte sie: »Ist es noch weit?«
    Er schüttelte den Kopf. »Nein, da vom ist die Darmstädter Straße. Da befindet sich der bewußte Malkasten.«

6
    »Kann ich wohl einmal telefonieren?« Peter Sartorius fragte Stationsschwester Angelika, die ins Krankenzimmer getreten war. Die Spritze, die man ihm vor einer Stunde gegeben hatte, begann bereits zu wirken. Er fühlte sich müde und schläfrig. Deswegen hatte er sich, dem Rat der Schwester folgend, hingelegt.
    »Müssen Sie jetzt noch anrufen?« Schwester Angelika angelte ihre Uhr aus dem Halsausschnitt ihrer Schürze hervor und schaute darauf. »Hat das nicht Zeit bis morgen? Sie sollen jetzt ruhen und sich nicht mehr aufregen.«
    »Mein Telefonat regt mich in keiner Weise auf. Es beruhigt mich allenfalls …« Peter Sartorius sprach langsam. Seine Stimme klang müde. Er hatte das Gefühl, daß nicht er, sondern ein anderer redete.
    »Nun gut –«, Schwester Angelika stellte eine Flasche Sprudel auf den Nachttisch. »Ich hole Ihnen den Apparat. Aber bitte –«, mahnend hob sie den Finger, »sprechen Sie nicht zu lange. Eigentlich dürfte ich Ihnen um diese Zeit –«, sie ließ ihre Uhr in den Schürzenausschnitt zurückgleiten, »gar nicht mehr den Apparat bringen. Dr. Bruckner meint immer, die Patienten dürfen sich nicht aufregen – besonders nicht vor einer Operation.«
    »Die doch gar nicht so schwer ist – oder?« Fragend schaute Peter Sartorius die alte

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