Seine junge Geliebte
Ihrige dazu tun und dafür sorgen, daß es schnell heilt …«
»Kann ich einen Spiegel haben?« Die Benommenheit, die bisher den Patienten ruhiggehalten hatte, schien mit einem Male von Peter Sartorius abgefallen zu sein. Der Gedanke, daß die Operation beendet war, belebte ihn.
»Einen Spiegel?« Dr. Bruckner schüttelte den Kopf. »Einen Spiegel bekommen Sie vorläufig nicht!«
»Und warum nicht?« Sartorius richtete sich auf. Schwester Angelika stützte seinen Rücken. »Ist also doch etwas schiefgegangen?«
Dr. Bruckner nahm seinen Mundschutz ab, zog die Mütze von den Haaren und schüttelte den Kopf. »Nein, natürlich nicht. Aber Sie sollten nicht vergessen, daß man nach einer solchen Operation nicht gerade sehr attraktiv aussieht. Da sind einmal die Fäden, die deutlich sichtbar sind. Zum anderen aber beginnt sich jetzt bereits ein Bluterguß zu bilden. Ich hatte Sie ja vorgewarnt, daß Sie ein paar Tage lang mit blauen Augen umherlaufen würden, als hätten Sie an einem Boxmatch teilgenommen.«
Mißtrauisch schaute Peter Sartorius von einem zum anderen. »Und es ist wirklich alles gut gelungen?«
»Ja, beruhigen Sie sich.« Dr. Bruckner klopfte ihm auf den Rücken. »Sie kommen jetzt in Ihr Zimmer. Wenn Sie wollen, kann ich Ihnen noch einmal eine Beruhigungstablette geben. Aber nötig ist sie nicht mehr.«
»Ich möchte lieber keine Tablette haben. Wenn ich keine Schmerzen bekomme …«
»Die werden Sie nicht haben. Es wird ein bißchen am Auge brennen, aber das ist auch alles. So –«, Dr. Bruckner nahm die Hand des Patienten und drückte sie. »Schlafen Sie sich aus, das ist das beste. Wir werden auch keinen Besuch zu Ihnen hereinlassen …«
»Wer soll schon kommen? Bärbel ist in Paris, aber sie wird sicher anrufen.«
Dr. Bruckner ging mit Dr. Heidmann in den Waschraum. Sie legten ihre grünen Operationskittel ab und zogen die langen Gummischürzen aus. Sie wuschen sich noch einmal die Hände. »Bis zur nächsten Operation haben wir noch eine Stunde Zeit. Ich glaube, wir sollten die seltene Gelegenheit ausnutzen, um uns ein wenig auszuruhen. Eine geschenkte Stunde.«
»Dafür sind wir aber schon eine Stunde vorher aufgestanden. Uns wird ja nichts geschenkt. Es sieht nur so aus«, seufzte Heidmann. Er zog die Operationshose und das Operationshemd aus und schlüpfte in seine Stationskleidung.
»Kommen Sie mit in mein Zimmer«, schlug Dr. Bruckner vor.
Sie verließen den Operationstrakt, stiegen die Treppe hinunter und betraten Dr. Bruckners Arbeitszimmer.
»Möchten Sie Orangensaft?«
»Sehr gern. Ich bin froh, daß Sie mir keinen Aperitif anbieten.«
Dr. Bruckner ging an den Kühlschrank, holte eine Pappschachtel hervor, schnitt ein Stück ab und füllte zwei Gläser. »Sie machen ein Gesicht wie ein Bauer, dem die Ernte verhagelt ist.« Kopfschüttelnd faßte Bruckner seinen Freund um die Schultern und schüttelte ihn gutmütig. »Mann – was ist denn mit Ihnen los? Grämt es Sie so, daß Ihr Schulkamerad Ihnen diese Bärbel ausgespannt hat?« Als Johann Heidmann nur mit den Schultern zuckte und nicht antwortete, klopfte ihm Dr. Bruckner auf den Rücken. »Sie können froh sein, daß das geschehen ist. Es gibt sicher Komplikationen. Peter Sartorius ist hochgradig in das Mädchen verknallt. Das haben Sie doch gemerkt. Selbst in dem Halbschlaf, in dem er sich befand, dachte er nur an Bärbel und nannte ihren Namen immer wieder. Er hat nur von ihr geträumt. Ich könnte mir denken, daß er denjenigen, der sie ihm wegzunehmen trachtet, mit Haß verfolgen wird. Und wenn dieser jemand –«, Thomas Bruckners Stimme wurde sehr ernst, »ein Arzt des Hauses ist, in dem er operiert worden ist, können große Schwierigkeiten entstehen. Sie kennen doch unseren Chef. Er mag solche Sachen gar nicht. Und wenn sich Peter Sartorius an ihn wenden würde und ihm sein Leid klagte, könnte es die unangenehmsten Konsequenzen für Sie haben!« Bruckner tippte Heidmann mit dem Zeigefinger auf die Brust. »So ist es schon viel besser! Lassen Sie ihren Kameraden diese Dummheit begehen. Aber ich bin mir noch nicht einmal so sicher, ob es ihm gelingt, die kleine Bärbel von unserem Patienten Sartorius loszueisen.«
»Er ist doch viel älter als sie«, warf Heidmann ein. »Und ich könnte mir denken, daß ein junges Mädchen lieber mit einem netten jungen Mann zusammen ist als mit einem älteren Herrn.«
»Das ist nicht gesagt. Es gibt viele junge Mädchen, die ältere Herren ganz gern haben. Schon wegen
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