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Seine junge Geliebte

Titel: Seine junge Geliebte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dr. Thomas Bruckner
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entfernen.«
    Der Patient begann sich zu regen. »Ist alles vorbei -?« Seine Stimme klang belegt. Er versuchte sich aufzurichten, aber der alte Chiron legte ihm die Hand auf die Schulter und drückte ihn zurück.
    »Bleiben Sie bitte liegen. Wir haben erst einen Teil der Operation hinter uns. Schlafen Sie ruhig weiter, und träumen Sie etwas Schönes.«
    »Ich träume von –«, die Stimme Peter Sartorius' klang kloßig und verschlafen, »Bärbel.«
    »Sagte ich's doch!« meinte Heidmann lakonisch und wechselte ebenfalls seine Handschuhe. Er griff nach einer frischen Pinzette.
    »Bitte, geben Sie mir eine Klemme.« Bevor Schwester Euphrosine noch das gewünschte Instrument geben konnte, hatte Dr. Bruckner es schon selbst vom Instrumententisch genommen. Mit einer Pinzette griff er das Oberlid, hob die überschüssige Haut hoch und legte eine Klemme an der Basis an. »Diese Menge Haut muß ich wegschneiden, damit das Oberlid wieder glatt wird. Geben Sie mir bitte etwas Methylenblau.«
    Die alte OP-Schwester reichte ihm einen Federhalter, den sie in eine blaue Flüssigkeit getunkt hatte. Dr. Bruckner zeichnete die Grenzen des hochgehobenen Hautlappens an, ließ die Farbe eintrocknen und entfernte die Klemme.
    »Donnerwetter!« entfuhr es Heidmann, als er jetzt auf das Oberlid schaute. »Ich hätte nie gedacht, daß Sie soviel Haut wegnehmen müssen!«
    »Man täuscht sich da immer. Deswegen zeichne ich mir auch vorher immer die Menge Haut an, die weg muß. Sonst nimmt man zuviel oder zuwenig weg. Im letzteren Fall merkt der Patient nicht genügend Besserung; nehme ich aber zuviel, dann konstruiere ich eine Art Hasenauge. Ich meine damit, daß der Patient seine Augen nie ganz schließen kann. Und es gibt ja wohl nichts Schlimmeres, als sein Leben lang mit halb offenen Augen schlafen zu müssen. Das bringt kaum jemand fertig. Darum ist es notwendig, daß man sich vor dem Eingriff einen genauen Schlachtplan aufzeichnet. Anästhesie!«
    Er streckte seine Hand aus. Schwester Euphrosine reichte ihm die zierliche Spritze, die mit der farblosen Betäubungsflüssigkeit gefüllt war. Thomas Bruckner stach sie in die Haut ein, ließ die Spritze unter der Haut wandern, spritzte dabei die Betäubungsflüssigkeit aus, so daß sich das Oberlid aufblähte.
    »Sie sehen«, er deutete auf das geschwollen aussehende Oberlid, »daß man jetzt kaum noch beurteilen kann, wieviel Haut weg muß. Hätte ich mir das vorher nicht genau angezeichnet, könnte ich einen Fehler begehen. Und das wollen wir ja nach Möglichkeit vermeiden.«
    Er griff nach dem Skalpell, das ihm Schwester Euphrosine reichte. Mit einer Pinzette packte er den Hautabschnitt, den er herausschneiden wollte und der sich wie eine Ellipse quer über das Oberlid erstreckte. Die Schärfe seines Messers folgte der blauen Linie. Er legte zunächst den oberen Schnitt, dann durch trennte er den unteren Teil der Ellipse. Mit einer Pinzette und einer Schere trennte er den zentimeterbreiten Hautlappen von der Unterlage ab, so daß rohes Gewebe dalag.
    »Naht bitte!« Mit derselben Geschwindigkeit, mit der er das Unterlid zusammengenäht hatte, nähte er jetzt die beiden Wundränder des Oberlides aneinander.
    »Zwölf Nähte«, verkündete Dr. Phisto. »Zwei weniger als unten. Wollen Sie Sparmaßnahmen einführen?«
    Dr. Bruckner drückte eine Mull-Lage auf das Oberlid und ließ sie dort liegen. »Jetzt geht es an das andere Auge. Wie lange haben wir gebraucht?« Er schaute auf die große Uhr über dem Eingang des OP.
    »Bisher eine Stunde«, verkündete Dr. Phisto. Er machte einen entsprechenden Vermerk in seinem Protokoll. »Noch eine Stunde, und wir sind fertig!« Er wandte sich an den Patienten, der ruhig atmend dalag, näherte seinen Mund dem Ohr und fragte: »Alles in Ordnung? Haben Sie Schmerzen?«
    »Nein; bin ich jetzt fertig?« Wieder versuchte der Patient, sich aufzurichten, aber die starke Hand des alten Pflegers drückte ihn auf den Operationstisch zurück. »Wir haben die Hälfte überwunden. Bergfest!« erklärte er. »Bleiben Sie bitte liegen. Es ist bisher alles gut verlaufen. Sie werden fantastisch aussehen, wenn Dr. Bruckner die Operation beendet hat.«
    »Am Oberlid?« Schwester Euphrosine hielt eine Mullbinde in die Höhe. »Wollen Sie da einen Verband anlegen?«
    »Genausowenig wie am Unterlid.« Er drehte sich um und schaute schmunzelnd Schwester Angelika an, die mit einem Tablett in den OP getreten war. Er roch den Duft. »Sie sind wirklich eine gute Seele,

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