Seine junge Geliebte
Spiegel ist. Ich brauchte nur aufzustehen.«
Dr. Bruckner schüttelte den Kopf. »Also gut –«, wandte er sich an Schwester Angelika, »geben Sie ihm einen Spiegel.«
Schwester Angelika verzog das Gesicht. »Muß das sein?«
Sie griff in ihre Tasche, holte einen kleinen Taschenspiegel hervor und gab ihn Dr. Bruckner.
»Ich habe Sie gewarnt!«
Peter schaute hinein. Es dauerte lange, bis er sprach. »Das sieht ja furchtbar aus«, entfuhr es ihm endlich.
»Ich habe Sie gewarnt, aber ich habe Ihnen auch gesagt, daß in einigen Tagen kaum noch etwas zu sehen sein wird. Sie hatten doch sicherlich schon einmal ein blaues Auge?«
»Allerdings«, antwortete der Patient.
»Dann wissen Sie auch, in welcher Zeit die Blaufärbung verschwand.« Er streckte die Hand aus und wollte dem Patienten den Spiegel fortnehmen, aber der hielt ihn fest.
»Bitte –«, sagte er leise, »lassen Sie ihn mir.«
»Wozu?«
»Dann kann ich mich von dem Fortschritt der Heilung überzeugen. Außerdem –«, er hielt wieder den Spiegel vor das Gesicht und schaute hinein, »gewöhnt man sich allmählich an sein Aussehen. Wenn ich aufgestanden wäre und hätte mich unvorbereitet dort –«, er deutete auf den Spiegel über dem Waschbecken, »erblickt – ich glaube, ich hätte Angst vor mir selbst bekommen.«
»Das ist mein privater Spiegel.« Schwester Angelika nahm ihm den Spiegel fort. »Ich bringe Ihnen nachher einen anderen. Einen größeren«, fügte sie hinzu.
»Wirklich?«
»Wenn Schwester Angelika etwas verspricht, dann hält sie es auch. Haben Sie von Fräulein Linke etwas gehört?«
»Ich habe sie gerade angerufen.« Das Gesicht des Patienten verdüsterte sich. »Sie ist bereits in Paris. Sie wird dort bis Montag bleiben.«
»Um so besser für Sie!« Thomas Bruckner legte dem Patienten beruhigend die Hand auf die Schulter. »Wenn sie wiederkommt, wird sie kaum Spuren der Operation bemerken. Bis dahin ist die blaue Farbe weitgehend abgeklungen. Haben Sie sich eine dunkle Brille besorgt?«
Peter Sartorius deutete auf den Nachttisch. »Die habe ich mitgebracht – genau –, wie Sie es mir geraten haben.«
»Dann ist ja alles in Ordnung!« Er reichte dem Patienten die Hand. »Ich verabschiede mich jetzt von Ihnen. Zur Nacht geben wir Ihnen –«, Dr. Bruckner wandte sich an Schwester Angelika, »noch ein Schlafmittel. Ich möchte gern –«, er sprach jetzt zu dem Patienten, »daß Sie die erste Nacht nach dem Eingriff ruhig durchschlafen. Morgen sieht dann die Welt wieder ganz anders aus. Dann ist auch die Wirkung der Beruhigungsspritze vollkommen abgeklungen, und Sie können, wenn Sie wollen, schon ein wenig Spazierengehen. Ich hatte Ihnen ja gesagt, daß Sie, wenn Sie es wünschen, gleich nach Hause gehen können, aber Sie wollten ja noch hierbleiben.«
»Ich bin Ihnen dafür auch dankbar.«
Bruckner verließ mit Heidmann und der Schwester das Krankenzimmer. Auf dem Flur blieb er stehen. »Irgend etwas gefällt mir an Herrn Sartorius nicht.«
»Wieso?« Johann Heidmann schaute Dr. Bruckner erstaunt an. »Die Operationswunden sehen doch prima aus.«
»Ich spreche nicht von den Wunden. Ich habe das Gefühl, daß ihm irgend etwas auf dem Herzen liegt.«
»Vielleicht hat er Lunte gerochen, daß seine –« Heidmanns Stimme klang ironisch, »Bärbel mit einem anderen Mann nach Paris gefahren ist. Jedenfalls schien er von ihrem Auftritt nicht gerade begeistert zu sein.«
»Sehen Sie –«, Dr. Bruckner öffnete die Tür zum Dienstzimmer und trat ein. Er setzte sich hinter den Schreibtisch, holte seine Pfeife heraus und stopfte sie. Dann deutete er mit dem Stiel auf Dr. Heidmann. »Wie gut, daß Sie nicht mit der Kleinen angebändelt haben! Irgend etwas liegt da in der Luft. Wir wollen für Herrn Sartorius hoffen, daß es am Ende gut ausgeht. So ein kleiner Seitensprung –«, Bruckner nahm dankend ein brennendes Streichholz aus Dr. Heidmanns Hand, saugte die Flamme in die Pfeife hinein und stieß den Rauch aus, »tut der jungen Frau vielleicht ganz gut. Besonders dann, wenn Sartorius nichts davon erfährt. Schwierig wird es nur, wenn sich eine feste Liebschaft daraus entwickelt.«
»Und die Gefahr ist natürlich groß«, warf Johann Heidmann ein. »Ich kann meinen Freund Axel durchaus verstehen, daß er sich in die schwarze Bärbel verliebt hat.«
»Wie Sie es ja auch getan haben, nicht wahr?« Dr. Bruckner blies scherzhaft eine Rauchwolke in Dr. Heidmanns Richtung.
»Allerdings!« gestand dieser. »Aber ich
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