Seine junge Geliebte
opfert, sich unbekleidet vor sie hinstellt. Du hast es gemerkt. Und du liebst mich trotzdem?«
»Nicht trotzdem – deswegen …« Sie schloß die Augen, als er seine Lippen ihrer Stirn näherte.
Erschrocken fuhren sie zusammen. Das Telefon schellte. Ärgerlich blickte Axel den kleinen Apparat an. »Dieses gräßliche Instrument der Zivilisation, vor dem man nirgendwo sicher ist! Muß es uns ausgerechnet in einem unserer schönsten Augenblicke stören! Es wird der Empfang sein. Laß es klingeln. Die sollen wieder anrufen.«
»Ich weiß nicht recht …« Bärbel wurde unruhig. Sie machte sich aus Axels Armen frei und schaute zum Telefon hin. »Es kann vielleicht mein Interview-Partner des Kongresses sein. Er weiß, wann ich ankomme, und ruft mich möglicherweise an, um Termine zu vereinbaren.« Ihre Hand streckte sich zum Hörer aus.
Axel hielt sie fest. »Er soll noch einmal anrufen. Es ist doch so unwichtig …«
»Leider nicht!« Durch Bärbels Stimme schwang leiser Ärger. »Für mich ist es schon wichtig. Ich lebe ja schließlich davon. Außerdem wollten wir nachher fortgehen. Dann bin ich nicht mehr da. So habe ich es hinter mir und kann einen Termin ausmachen.« Sie nahm den Hörer ab und meldete sich. »Hallo?«
Axel war ans Fenster gegangen. Er lehnte an der Brüstung und schaute gespannt zu Bärbel hin. Dann fragte er besorgt: »Was ist?«
Bärbel schüttelte abwehrend den Kopf, legte den Finger auf den Mund, um anzudeuten, daß er nicht sprechen sollte. »Du bist es? – Woher weißt du, daß ich im Méridien abgestiegen bin? – Ach, ich habe es dir gesagt. – Wie ist der Eingriff verlaufen – alles in Ordnung? – Gut – ich bin eben erst angekommen. Ich wollte gerade anrufen. Du bist mir zuvorgekommen, ich muß sofort weg. Ich rufe zurück. Alles Gute! Und übernimm dich nicht. Wann ich zurück bin?« Sie warf einen Blick auf Axel, der neben sie getreten war. »Es wird etwas länger dauern, als ich dachte. Ich bin auf jeden Fall am Montag zurück. Tschüs!« Sie legte den Hörer auf.
»Wer war das?«
»Das war –«, Bärbel zögerte einen Augenblick. Sie überlegte, ob sie Axel die Wahrheit sagen oder ob sie lügen sollte. »Mein Freund!« bekannte sie.
»Dein Freund?« Axels Stimme klang merkwürdig. »Wer ist es?«
»Ich habe dir doch schon gesagt, daß es einen Menschen in meinem Leben gibt. Sieh mal –«, sie legte Axel ihre Hand auf die Schulter, »du hast doch wohl nicht angenommen, daß ich bisher allein durchs Leben gegangen bin? Das schafft doch niemand. Es ist jemand, den …«
»… du liebst!« Axels Stimme klang enttäuscht. Er wandte sich um, ging im Zimmer auf und ab, trat ans Fenster und blickte hinaus.
Bärbel trat zu ihm. Sie griff nach seiner Hand. »Es ist ein Mann, den ich sehr gern habe. Er ist viel älter als ich. Im Grunde genommen könnte er mein Vater sein. Ich habe immer geglaubt, daß ich ihn liebe, aber seitdem ich dich kennengelernt habe, weiß ich, daß es nicht die Liebe ist, die –«, über ihr Gesicht huschte ein Lächeln, »die Dichter beschreiben. Von der hatte ich bisher keine Ahnung. Seit ich dich kennengelernt habe, weiß ich es. Und ich genieße sie in vollen Zügen!«
»Und der andere?« Axel hatte sich umgedreht. Er legte beide Hände auf Bärbels Schulter. »Was wird er sagen, wenn du ihn verläßt?«
»Er wird es verstehen. Er muß es verstehen. Er ist schließlich –«, sie zögerte, »mehr als vierzig Jahre älter als ich. Aber sieh mal –«, sie nahm Axels Arm, zog ihn an sich und schaute ihm bittend ins Gesicht, »wir müssen noch etwas warten. Schließlich kennen wir uns beide ja –«, sie überlegte, »noch nicht einmal vierundzwanzig Stunden. Wir haben uns gestern Abend kennen gelernt und uns sofort ineinander verliebt. Aber weiß man, ob das von Dauer sein wird? Mach nicht so ein unglückliches Gesicht!« Sie hob ihre Hände und zog seine beiden Mundwinkel in die Höhe. »Versuche zu lächeln! Vergiß, daß da ein anderer ist. Du hättest selbst während unseres Aufenthaltes in Paris nichts erfahren. Der reine Zufall wollte es, daß du davon Kenntnis bekamst. Vergiß ihn. Laß uns so tun, als ob er nicht vorhanden wäre. Ich habe doch schon meinen Aufenthalt freiwillig verlängert. Ich ziehe zu dir in dein kleines Hotel. Dann werden wir sehen, ob wir es miteinander aushalten oder ob unsere Begegnung nichts weiter war als ein Strohfeuer. Aber nun –«, sie machte sich von ihm los, holte aus ihrer Tasche ein
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