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Seine junge Geliebte

Titel: Seine junge Geliebte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dr. Thomas Bruckner
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überwunden. »Aber ich hätte eine andere Bitte.«
    »Und die wäre?« Schwester Angelika stellte kopfschüttelnd den Teller mit dem Stück Kuchen auf das Tablett zurück, das auf dem Tisch stand. »Möchten Sie anstelle des Kuchens vielleicht ein deftiges Wurstbrot haben?«
    »Nein –, ich hätte ganz gern den Telefonapparat. Sie haben ihn wohl wieder rausgenommen?« Seine Blicke irrten durch das Zimmer.
    »Ja, wir haben zu wenig Wanderapparate.« Schwester Angelika nahm das Tablett auf und ging zur Tür. Dann kam sie mit dem Apparat zurück und stöpselte das Kabel in die Steckdose.
    »Brauchen Sie ein Telefonbuch?«
    Peter Sartorius schüttelte den Kopf. »Vielen Dank, ich muß sowieso die Auskunft anrufen. Es handelt sich um ein Auslandsgespräch. Kann ich das von hier aus führen?«
    »Sicherlich! In der Zentrale ist ein Gebührenzähler. Sie bekommen die Rechnung von dort zugestellt.«
    Sie verließ das Krankenzimmer. Peter Sartorius nahm den Hörer ab. Er wählte 00118. Es dauerte eine Weile, bis sich eine Stimme meldete: »Auskunft International.«
    »Ich brauche die Telefonnummer des Hotels Méridien in Paris.«
    »Einen Augenblick bitte.« Es dauerte eine Weile, bis die Telefonistin die Nummer durchgab. Peter Sartorius notierte sie. »Vielen Dank!« Er legte den Hörer auf.
    Er hatte gehofft, daß Bärbel ihn sofort anrufen würde, wenn sie in Paris eintraf. Sie hatte ihn auf ihren Reisen immer benachrichtigt. Dieses Mal war es nicht geschehen. Sie mußte längst im Hotel sein. Er kannte den Zug, den sie genommen hatte. Er kam um 12:35 Uhr auf dem Gare du Nord an. Und von dort bis zum Hotel war man allerhöchstens eine Stunde unterwegs.
    Er war ein wenig beunruhigt. Er fürchtete, daß ihr vielleicht etwas passiert sein könnte. Jedoch – vielleicht hatte der Zug auch nur Verspätung gehabt, tröstete er sich. Auf jeden Fall würde er erfahren, ob sie schon angekommen war. Andererseits konnte er sie auch gleich beruhigen, daß die Operation gut verlaufen war.
    Er nahm den Hörer auf und schaute die Zahl an, die er auf den Notizblock geschrieben hatte; die Ziffern tanzten vor seinen Augen. Er hatte das Gefühl, daß sich ein Schleier um seinen Kopf gelegt hatte, der alles um ihn herum undeutlich machte, so wie es etwa eine Weichzeichnerlinse beim Fotoapparat tut.
    Er hatte Mühe, seinen Finger in die richtigen Löcher der Drehscheibe zu stecken. Seine Augenmuskeln gehorchten nicht recht seinem Willen. Je mehr er auf die Drehscheibe schaute, desto verschwommener wurde sie.
    00.331 …
    Bei der folgenden Zahl verwählte er sich. Er mußte auflegen und von neuem beginnen. Endlich hatte er es geschafft, die vielstellige Zahl korrekt zu wählen. Es blieb eine Weile still im Apparat, dann ertönte ein Rattern, schließlich erklang das Rufzeichen.
    »Hotel Méridien«, antwortete eine Stimme.
    »Ich rufe aus Köln an. Bitte verbinden Sie mich mit Fräulein Bärbel Linke.«
    »Pardon?« fragte die Stimme zurück.
    Ihm wurde erst jetzt bewußt, daß man ihn dort vielleicht gar nicht verstand. Mühsam suchte er die wenigen französischen Brocken zusammen, die er kannte: »Je voudrais parler à Madame Linke …«
    »Ne quittez pas!«
    »Bleiben Sie am Apparat«, übersetzte er. Es knackte. Dann blieb es still. Sie war also schon angekommen, sonst hätte man es ihm sicherlich mitgeteilt.
    Sein eigenes Herz klopfte so laut, daß es das Rauschen im Hörer übertönte. Er hatte sich zurückgelegt und drückte den Hörer gegen das Ohr, um ja nicht zu versäumen, wenn Bärbel antworten würde.
    »Ich bin ja so froh, daß ich dich kennengelernt habe, daß ich mit dir nach Paris fahren darf!« Axel streichelte Bärbels Gesicht. »Ich glaube, ich habe mich in dich Hals über Kopf verliebt.«
    Bärbel lächelte. »Wie vielen Mädchen hast du das wohl schon gesagt?«
    »Einer ganzen Menge«, bekannte Axel freimütig. »Aber be¡ den anderen war es doch anders. Das andere war vielleicht wirklich nur ein Verliebtsein. Bei dir ist es mehr. Wir mögen dieselben Dinge, sprechen selbst in der Malerei dieselbe Sprache. Du verstehst meine Arbeiten.«
    »Nicht intellektuell. Rein gefühlsmäßig«, wehrte Bärbel bescheiden ab.
    »Gerade darauf kommt es an. Sieh mal«, er zog sie an sich. »Meine Bilder sind ja meine Seele. Ich schäme mich oft, sie nackend den Menschen in einer Ausstellung vorzustellen. Aber glücklicherweise sehen die meisten nicht, daß diese Bilder nackend sind, daß ich es bin, der sich gewissermaßen ihnen

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