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Seine Lordschaft lassen bitten

Titel: Seine Lordschaft lassen bitten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers
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vertraute sich Emily (vom Kindesvater natürlich im Stich gelassen) ihren Schwestern an – die Eltern waren tot. Susan reagierte ausgesprochen herzlos – sie hatte übrigens über ihrem Stand geheiratet und kletterte auf der Leiter guter Werke immer höher. Sie ließ ein paar Bibelstellen los und wusch ihre Hände in Unschuld. Hester war eine gute Seele. Sie bot der Schwester an, das Kind nach der Geburt zu adoptieren und es als ihr eigenes aufzuziehen. Nun, das Baby kam, und wie ich schon sagte, es waren Zwillinge.
    Das schien Duckworthy ein bißchen zuviel. Einem Kind
    hatte er zugestimmt, aber Zwillinge waren mehr, als er gerechnet hatte. Hester durfte ihren Zwilling auswählen, und gutherzig wie sie war, nahm sie den, der schwächer aussah – unseren Robert, den spiegelverkehrten Zwilling. Den anderen mußte Emily behalten. Als sie kräftig genug war, wanderte sie mit ihm nach Australien aus. Danach hörte man nichts mehr von ihr.
    Emilys Zwilling wurde auf den Namen Dart registriert und Richard getauft. Robert wurde als Hester Duckworthys eigenes Kind eingetragen – damals gab es noch keine lästigen Vorschriften, die die Meldung einer Geburt durch Ärzte oder Hebammen verlangten, man konnte in diesen Dingen verfahren, wie man wollte. Die Duckworthys zogen als komplette Familie mit Baby nach Brixton, wo Robert als echter kleiner Duckworthy angesehen wurde.
    Emily starb offenbar in Australien, und Richard, damals fünfzehn Jahre alt, kam nach London zurück, wobei er seine Überfahrt durch Arbeit an Bord verdiente. Er scheint kein besonders angenehmer Junge gewesen zu sein. Zwei Jahre später lief ihm sein Bruder Robert über den Weg; das führte zu der Episode nach dem Luftangriff.
    Hester mag von der organischen Besonderheit Roberts gewußt haben, sicher ist es nicht. Jedenfalls hatte man ihm nichts davon erzählt. Ich denke, der Explosionsschock bewirkte, daß seine ursprüngliche Linkshänderveranlagung wieder stärker zutage trat. Ebenso wurde durch diesen Schock eine Neigung zu zeitweisem Gedächtnisschwund unter ähnlichen Bedingungen hervorgerufen. Das nagte an Robert, er wurde immer geistesabwesender und hintersinniger. Richard nützte die Existenz eines Doppelgängers entsprechend aus. Das erklärt auch den höchst bedeutsamen Spiegelzwischenfall. Ich denke mir den Hergang so, daß Robert irrtümlich die Glastür der Teestube für den Eingang zum Friseurladen hielt. In Wirklichkeit war es Richard, der ihm entgegenkam und sich dann eilig wieder zurückzog aus Angst, gesehen und beachtet zu werden. Die Umstande spielten ihm dabei natürlich in die Hände – aber solch seltsame Zusammentreffen gibt es, und die Tatsache, daß sie beide Schlapphüte und Regenmäntel trugen, ist nicht erstaunlich an einem düsteren, regennassen Tag.
    Und dann das Foto. Zweifellos stand am Anfang der Fehler des Fotografen, aber es sollte mich nicht wundern, wenn Richard diesen Fehler sehr begrüßt und die Aufnahme gerade deshalb herausgesucht hätte.
    Allerdings würde das bedeuten, daß er von der ›Seitenverkehrtheit‹ Roberts wußte. Ich kann nicht sagen, wie er das möglicherweise in Erfahrung brachte, doch mag es für ihn schon Gelegenheiten dazu gegeben haben. In der Armee war es bekannt, und vielleicht gingen darüber Gerüchte um. Aber ich möchte auf diesen Punkt nicht allzuviel Gewicht legen.
    Eines ist allerdings ziemlich seltsam: Daß Robert diesen Traum vom Erwürgen gehabt haben soll genau in der Nacht – soweit man das feststellen konnte –, in der Richard wirklich Jessie Haynes auf diese Weise beiseite schaffte. Es heißt, eineiige Zwillinge stehen immer in engem seelischen Kontakt – jeder wisse zum Beispiel, was der andere denke, oder er ziehe sich am selben Tag die gleiche Krankheit zu und so weiter. Richard war der Stärkere von beiden, und vielleicht beeinflußte er Robert mehr als umgekehrt. Ich weiß es nicht. Es kann auch alles Blödsinn sein. Die Hauptsache ist, daß Sie ihn gefunden haben.«
    »Ja. Als wir einmal den richtigen Faden hatten, war das nicht mehr schwierig.«
    »Schon, ziehen wir also ab ins ›Cri‹ und genehmigen uns einen.« Wimsey stand auf und rückte vor dem Spiegel seinen Schlips zurecht.
    »Trotzdem«, sagte er, »irgend etwas Sonderbares ist an Spiegeln. Etwas ist nicht ganz geheuer, meinen Sie nicht auch?«

Der Mann ohne Gesicht
    »Und was sagen Sie, Sir«, fragte der dicke Mann, »zu dieser Geschichte hier mit dem Kerl, der am Strande von East Felpham gefunden

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