Seine Lordschaft lassen bitten
über ihn her.«
»Schrecklich, schrecklich!« stöhnte die ältere Frau.
»Natürlich kann man nur im dunkeln tappen, wenn man die Wunden nicht gesehen hat. Es ist durchaus möglich, daß dem Mörder während des Kampfes das Messer entfallen ist und er sich gezwungen sah, ihn mit den Händen zu erwürgen, und daß er das Messer nachher aufgehoben hat. Wenn es glatte Messerwunden waren, hat sich die Sache wahrscheinlich so verhalten, und es handelte sich um einen geplanten Mord. Wenn es aber schartige, zerfetzte Wunden waren, hervorgerufen durch eine improvisierte Waffe, dann handelte es sich wohl um eine zufällige Begegnung, und der Mörder war entweder verrückt oder –«
»Oder?«
»Oder er war plötzlich auf jemanden gestoßen, den er haßte.«
»Wie ist es dann wohl weitergegangen?«
»Das ist kein Geheimnis. Nachdem der Mörder gewartet hatte, bis alle seine Fußspuren vom Wasser ausgelöscht waren, ist er zum Felsen, wo er seine Kleidung gelassen hatte, zurückgewatet oder geschwommen und hat die Waffe mit sich genommen. Das Meer wusch alle Blutspuren von seinem Badeanzug und seinem Körper. Er kletterte dann wieder auf den Felsen und ging barfuß bis zu dem kurzen Gras an der Küste, wo er sich anzog. Zuletzt setzte er sich in den Wagen des Ermordeten und fuhr mit diesem fort.«
»Warum hat er das bloß getan?«
»Ja, warum? Vielleicht hatte er es eilig, irgendwohin zu kommen. Oder er fürchtete, wenn der Ermordete zu früh identifiziert würde, daß dann der Verdacht auf ihn falle. Oder es mögen noch andere Motive mitgespielt haben. Der springende Punkt ist: woher kam er? Wie kam er dazu, an dieser entlegenen Stelle so früh am Morgen zu baden? Offenbar ist er nicht mit einem Auto hingefahren. Er mag in der Nähe gezeltet haben. Es hätte aber wohl ziemlich lange gedauert, bis er das Zelt abgebaut und all seinen Kram ins Auto gepackt haben würde, und dabei hätte er gesehen werden können. Ich neige mehr zu der Ansicht, daß er an die Stelle geradelt ist und das Rad dann hinten ins Auto geladen hat.«
»Wenn das so ist, warum hat er dann überhaupt den Wagen genommen?«
»Weil er sich in East Felpham länger aufgehalten hatte als vorgesehen und fürchtete, zu spät zu kommen. Entweder mußte er in einem Hause, wo seine Abwesenheit auffallen würde, zum Frühstück zurück sein, oder er wohnte ziemlich weit entfernt und hatte gerade nur noch Zeit genug für die Heimfahrt. Ich glaube aber, er mußte zum Frühstück zurück sein.«
»Warum?«
»Wenn er bloß Zeit auf der Landstra ß e gewinnen wollte, brauchte er ja nur sich und sein Rad in einen Zug zu packen. Nein, ich glaube, er wohnte irgendwo in einem kleinen Hotel. Es kann nicht groß gewesen sein, sonst wäre seine Abwesenheit nicht aufgefallen. Wahrscheinlich hat er auch nicht in einer Pension oder einem möblierten Zimmer gewohnt, sonst hätte bestimmt schon jemand erwähnt, daß sie einen Gast gehabt hätten, der in East Felpham zum Schwimmen ging. Entweder wohnt er in der Nähe – und in dem Falle müßte er leicht zu finden sein – oder er hielt sich bei Freunden auf, die daran interessiert sind, ihn zu schützen. Oder aber, und das halte ich für wahrscheinlicher, er lebte in einem kleinen Hotel, wo er am Frühstückstisch vermißt werden würde, wo man jedoch nicht wußte, welches sein beliebtester Badeplatz war.«
»Das erscheint durchaus möglich«, gab der Dicke zu.
»Auf jeden Fall«, fuhr der Reisende erster Klasse fort, »muß er an einem Ort gewohnt haben, von dem aus East Felpham leicht per Rad zu erreichen ist. Also dürfte es nicht so schwer sein, ihm auf die Spur zu kommen. Außerdem wird ihn das Auto verraten.«
»Ja. Wo ist nach Ihrer Theorie das Auto?« wollte der sittsame Mann wissen, der offenbar nicht gern seine Camorra-Theorie aufgeben wollte.
»Bis auf Abruf in einer Garage«, lautete die prompte Antwort des Reisenden erster Klasse.
»Ja, aber wo?« beharrte der sittsame Mann.
»Oh! Irgendwo in entgegengesetzter Richtung vom Standquartier des Mörders. Ich würde den Wagen in West Felpham suchen und das Hotel in der nächsten Stadt an der Hauptstraße, etwas weiter als der Schnittpunkt der beiden Straßen nach East und West Felpham. Sobald man den Wagen gefunden hat, weiß man auch den Namen des Opfers. Und was den Mörder angeht, so muß man Ausschau halten nach einem rüstigen Manne, der ein guter Schwimmer und ein begeisterter Radfahrer ist – wahrscheinlich nicht sehr wohlhabend, da er sich kein Auto
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