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Seine Toten kann man sich nicht aussuchen: Eine Polizistin erzählt (German Edition)

Seine Toten kann man sich nicht aussuchen: Eine Polizistin erzählt (German Edition)

Titel: Seine Toten kann man sich nicht aussuchen: Eine Polizistin erzählt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janine Binder
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Jahre älter als ich!
    Unter dem Gejohle der überwiegend männlichen Polizeibeamten, die auf der Wiese in der Mitte des Sportplatzes die Sonne genießen, stellen wir uns an die Startlinie.
    Zwei Kilometer sind zu laufen, und ich weiß, dass ich mich anstrengen muss, um diese Strecke im geforderten Zeitlimit zu schaffen. Zu Hause ist mir das immer nur ganz knapp gelungen, und jetzt bin ich schon wegen der Aufregung total durcheinander.
    Nervös balle ich die Hände zu Fäusten, murmele leise vor mich hin, dass ich diesen verschissenen Scheißtest auch noch schaffen werde, gehe in Startposition und frage mich, welcher Teufel mich eigentlich reitet, dass ich diesen Schwachsinn hier mitmache.
    Wochen scheint es mir her zu sein, dass meine Mutter mit einem Flyer der Polizei nach Hause kam. In meiner Ratlosigkeit, was ich denn nach zehn Jahren Schule weiter lernen sollte, hatte ich ihn einfach ausgefüllt und abgeschickt. Noch länger her schien mir der Besuch dieses unsympathischen Einstellungsberaters der Polizei Nordrhein-Westfalen. Nachdem er sich minutenlang über mich lustig gemacht hatte – meine mangelnde Größe, meinen zierlichen Körperbau und überhaupt Frauen bei der Polizei –, verabschiedete er sich von meiner besorgten Mutter, der der Gedanke, eine Polizistin zur Tochter zu haben, plötzlich so gar nicht mehr gefiel, mit den Worten: »Machen Sie sich mal keine Sorgen, das schafft das Mädchen sowieso nicht!«
    War die Polizei vorher für mich nur eine Berufsoption von vielen gewesen, reizte mich dieser Satz bis aufs Blut. Dieser Heini! Zu klein? Zu schwach? Zu zierlich? Pah!
    Ohne mich weiter mit den Folgen meiner Entscheidung oder gar den Anforderungen des Berufs auseinandergesetzt zu haben, entschied ich trotzig: »Dem zeig ich, wo der Hammer hängt. Ich werde Polizistin! Jetzt erst recht!«
    Und so stehe ich nun hier in der prallen Sonne, die Füße im Startblock. Die erwartungsvollen Gesichter all dieser Polizisten sind auf mich und meine Mitläuferin gerichtet. Manche mustern uns skeptisch, der eine oder andere nickt uns aufmunternd zu. Ich werde trotzdem immer kleiner.
    Der Prüfer zieht grinsend eine Startschusspistole und feuert in die Luft. »Das schafft das Mädchen sowieso nicht!« Noch einmal schießt mir der Satz durch den Kopf, dann renne ich los.
    Aus dem Augenwinkel bekomme ich mit, wie meine Konkurrentin stürzt. Ich will anhalten, um ihr zu helfen, und werde angeschrien weiterzulaufen. Ich laufe. Die Hitze ist unerträglich, bereits nach wenigen Minuten bin ich nass geschwitzt, und ich merke, wie meine in den letzten Wochen mühsam antrainierte Kondition nachlässt. Verbissen kämpfe ich mich weiter. Ich muss das hier schaffen! Der dämliche Einstellungshansel darf nicht recht behalten.
    Meine Mitstreiterin sitzt unterdessen im Gras und sieht mir traurig zu, während der Arzt ihre, wie ich später erfahre, gerissenen Bänder begutachtet.
    Ich schnaufe inzwischen wie eine Dampflok. Als ich gerade denke, ich müsse jeden Moment tot umfallen, meinen bescheuerten Ehrgeiz verfluche und mich gedanklich mit einer Stelle als Bankkauffrau anzufreunden beginne, nehme ich neben mir einen Schatten wahr. Einer der Beamten hat sich von seinem Beobachtungsposten auf der Wiese fortbewegt und joggt jetzt locker neben mir her.
    »Ruhig atmen, du schaffst das. Schön ruhig atmen, einfach weiterlaufen, bisschen schneller noch. Super!«, murmelt er mir leise zu und hält mit mir Schritt. Viele seiner Kollegen sind mittlerweile ebenfalls aufgestanden und feuern uns, oder vielmehr mich, lautstark an. Als ich das nächste Mal den Prüfer passiere, stimmt der in das mittlerweile ziemlich laute Gebrüll ein: » LAUF ! LAUF !«
    Und ich laufe, nein, ich renne. Ich muss einfach schnell genug sein. Ich muss diesen doofen Test bestehen, alles andere würde zum sofortigen Tod durch Peinlichkeit führen. Der Polizist joggt auch in der letzten Runde noch neben mir her und murmelt freundlich lächelnd sein Mantra vor sich hin. »Ruhig atmen, ruhig atmen. Du schaffst das!«
    Ich hebe den Blick, sehe, wie viele Menschen mir da zusehen, und gebe auf den letzten Metern, angespornt von der Masse der Zuschauer und den lauten Rufen, noch mal Gas.
    »Ich schaff das! HAST DU DAS GESEHEN ? Einstellungsberatungshansel!!«, nuschele ich, als ich hinter der Ziellinie mit dem Gesicht voran ins Gras falle und einfach liegen bleibe. Ein vorsichtiger Blick auf die große Uhr am Rand des Sportplatzes bestätigt es: Ich habe es

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