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Seitensprung ins Glück

Titel: Seitensprung ins Glück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary E Mitchell
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»Es wäre besser, wenn du diesen Sonntag vorbeikommst und deinen blöden Fernseher abholst. Ich will ihn nicht, und ich habe auch nicht vor, ihn zu bezahlen.«
    Mir kommt es vor, als hörte ich ein leises Keuchen am anderen Ende der Leitung. Ermutigt fahre ich fort: »Er ist erst drei Wochen alt, und ich habe die Rechnung. Wenn du nicht kommst und ihn abholst, gebe ich ihn Montag höchstpersönlich zurück.«
    » Was machst du?«
    Teddy klingt fassungslos. Endlich habe ich ihn da getroffen, wo es wehtut. Bei seinem Flachbildschirm. Seine Frau zu verlassen, ist das eine, aber auf den Fernseher zu verzichten ist etwas ganz anderes.
    »Du hast ganz richtig gehört«, sage ich. »Du kommst am Sonntag, und wehe, du bringst dieses Weibsstück mit.«
    »Aber Rosie …«
    »Komm nach sieben, wenn ich wieder zu Hause bin. Ich habe nicht vor, einen ganzen Tag damit zu verschwenden, auf dich zu warten.«
    Ich lege auf.
    Rosie. Er hat mich Rosie genannt. Das ist Beweis genug dafür, dass ich das Richtige mache, beschließe ich. Ich werde ihm noch eine Chance geben. Um des heiligen Sakraments der Ehe willen. Oder so ähnlich.
    Als ich ins Wartezimmer zurückkomme, scheinen alle verschwunden zu sein. Der Mann mit der Zeitschrift ist fort. Chelsea Hannigan hat mit Eleanor die Flucht angetreten.
    »Die Betreuerin hat Miss Scudder mitgenommen«, erklärt mir Dr. Sharpes Sprechstundenhilfe, als ich zu ihr komme. »Und Dr. Sharpe ist auch weg.«
    Sie weicht meinem Blick aus. Fast, als ob sie Angst vor mir hätte.
    »Nun gut«, sage ich und versuche, sehr britisch zu klingen. Ich weiß auch nicht, warum ich der Meinung bin, dass das helfen könnte. Als ich mich zum Gehen wende, versuche ich so würdevoll wie möglich auszusehen. Es wird hier später noch eine Menge zu erledigen geben – die Reinigung muss bezahlt, die Rollos repariert werden, dann gilt es, sich um die Versicherung zu kümmern und um Eleanors Beurteilung. Aber in diesem Moment ist mir das alles zu viel. Nicht jetzt, wo Teddy vielleicht doch wieder nach Hause zurückkommt und der Fortbestand unserer Ehe in der Waagschale liegt, glänzend im Licht eines Flachbildfernsehers.

4
Bleib dir selbst treu
    Am nächsten Tag ist mal wieder »Elternabend«, und ich setze im Konferenzraum von EPT Kaffee auf, während ich auf das Eintreffen der Eltern warte. Es handelt sich um das monatliche Treffen mit den Familien meiner geistig zurückgebliebenen Schützlinge, und etwa zwanzig Personen werden mit den üblichen Fragen, Beschwerden und der üblichen Lust auf Butterplätzchen ankommen. Ich ziehe die Frischhaltefolie von einem Tablett mit frischem Gebäck und versuche zu vermeiden, dass Krümel auf meine rosa Bluse fallen. Ich bin müde, und mir tut der Rücken weh, weil ich allein auf der zu harten Matratze (die natürlich Teddy ausgesucht hat) schlafe: Ich habe mich die ganze Nacht hin und her geworfen und gefragt, ob Teddy nun am Sonntag kommt, um seinen Flachbildfernseher abzuholen.
    Schweigend lege ich die magnetischen Plättchen, die ich in einem Umschlag aus meiner ledernen Aktenmappe gezogen habe, auf das weiße Brett vor mir. UNABHÄNGIGKEIT! SELBSTACHTUNG! TEAMARBEIT! KOMMUNIKATION! schallt es mir von den glänzenden Streifen entgegen. BLEIB DIR SELBST TREU fällt aus dem braunen Kuvert auf den Boden. Ich beuge mich hinunter, um das Plättchen aufzuheben. Was für eine Ironie, dass ausgerechnet ich solch einen Haufen Unsinn vortragen muss. Von Teamarbeit kann man im Hinblick auf meine vierjährige Ehe sicher nicht sprechen. Um die Kommunikation ist es miserabel bestellt. Die Selbstachtung ist im Totalabsturz begriffen. Und was das Sich-selbsttreu-Bleiben betrifft, so ist das lediglich Teddy gelungen. Er hat es geschafft, alles, was er wollte, aus diesem Bund zu holen, einschließlich einem Fernseher und meiner besten Freundin.
    Die Tür geht auf und Mrs Beyer kommt in einem leuchtend blauen Kostüm herein. Sie hat den Gang einer Frau, die sich unter Männern durchsetzen muss. Ihr glatter, knielanger Rock an ihrem dünnen, wohlgeformten Körper leuchtet, als würde er von hinten angestrahlt. Ich kann verstehen, warum sie all diese Riesenhäuser draußen in den Hamptons so leicht losbekommt. Vermutlich verdient sie bei einem Verkauf mehr als ich in einem ganzen Jahr damit, ihrem Sohn beizubringen, wie man Regale mit Suppen und Hundefutter abstaubt.
    »Ich freue mich, dass Sie kommen konnten«, sage ich zu ihr.
    Sie lächelt ihr schönes Lächeln und runzelt dann ihre

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