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Seitensprung ins Glück

Titel: Seitensprung ins Glück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary E Mitchell
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Marcies Augen vor Zuneigung feucht werden.
    »Bei Seanie weiß ich immer, woran ich bin«, sagt sie.
    »Ah«, sage ich. »Nicht wie bei Teddy.«
    Sie schüttelt den Kopf mit Nachdruck. »So etwas würde Seanie nie tun.«
    Wir scheinen beide zu wissen, dass es an der Zeit ist, auszusteigen. Wir knallen die Türen des Big Red zu und gehen zum Gebäude zurück. Marcie stemmt sich gegen die schwere Glastür und hält sie für mich auf. Sean wartet an ihrem Schreibtisch, das dicke schwarze Haar sitzt auf seinem länglichen Kopf wie bei einem Staubwedel. Er ist so geduldig und liebevoll wie ein irischer Setter, und Marcie sieht bei seinem Anblick dankbar aus. Ich freue mich für sie, obwohl ich natürlich nicht will, dass vor meiner Tür ein irischer Setter auf mich wartet.
    Ganz abgesehen davon, dass das im Moment für mich gar nicht erst zur Auswahl steht.

13
Und noch eine Überraschung
    »Und, was macht die Liebe?«, erkundigt meine Mutter sich am Telefon.
    »Warum fragst du mich nie, was meine Arbeit macht?«
    »Weil es bei dir die Liebe ist, die zu kurz kommt. Warum sollte ich mich für deine Arbeit interessieren?«
    Ich liege in meinem halb leeren, extra großen Bett, es ist Samstagmorgen, und ich fühle mich nicht besonders gut. Ich habe den Verdacht, dass ich vielleicht Miltons Bazillen ausbrüte. Die Sonne scheint fröhlich durchs Schlafzimmerfenster.
    »Ich wollte mit dir über deinen Vater reden«, sagt meine Mutter.
    Ich setze mich auf, plötzlich ganz Ohr. »Ich habe x-mal versucht, ihn anzurufen.«
    »Und?«
    »Und dann bist du dran und fängst an, mich über mein Liebesleben auszuquetschen.«
    »Hm«, macht meine Mutter. Dann: »Pass auf, wenn du wissen willst, was mit Dad los ist, warum holst du mich dann nicht zum Essen ab? Wir können in den Acropolis Diner am Veteran’s Highway gehen. Dort gibt es einen guten griechischen Salat.«
    Das Letzte, wonach mir ist, ist eine weitere Verabredung zum Mittagessen. Nicht nach der Aktion mit Marcie.
    »Könnte sein, dass ich krank bin«, erkläre ich meiner Mutter.
    »Könnte sein, dass ich alt bin«, entgegnet sie. »Na und? Essen muss man trotzdem.«
    Dieses Mittagessen scheint ihr schrecklich viel zu bedeuten. Vielleicht braucht sie meine moralische Unterstützung, braucht jemand bestimmten, um über meinen Vater zu reden.
    »Natürlich will ich wissen, was mit Dad ist«, gestehe ich.
    »Dann zieh dich an und hol mich ab. Mach dich ein bisschen hübsch. Und wasch deine Haare und föhn dich.«
    Sie legt auf und lässt mich mit einem unangenehmen Gefühl zurück. Entweder findet sie, dass ich üblicherweise schmuddlig rumlaufe, oder sie hält mit etwas hinterm Berg. Dumm wie ich bin, hieve ich mich aus meinem schönen, sicheren Bett. Ich werfe mich unter die Dusche und anschließend ins Auto.
    Ich hole meine Mutter ab, indem ich vor dem Haus auf die Hupe drücke, vielleicht aus Rache dafür, dass sie mir befohlen hat, mich zu waschen. Sie stürmt in einem gepunkteten gelben Hemdblusenkleid aus dem Haus, in dem sie wie aus I Love Lucy aussieht, nur ist sie ein halbes Jahrhundert zu spät dran.
    »Kannst du nicht reinkommen und deinem Vater guten Tag sagen?«, fragt sie, sobald sie auf dem Beifahrersitz Platz genommen hat.
    »Wir sehen uns doch am Sonntag«, sage ich. »Ich möchte erst mit dir sprechen. Wie geht es ihm?«
    »Du hattest ein ganzes Leben lang Zeit, dir diese Frage zu überlegen. Willst du die Kurzfassung hier im Auto hören?«
    »Ich meine seine Krankheit.«
    »Welche Krankheit?«
    »Er wird doch auf Prostatakrebs untersucht …«
    »Genau, Fräuleinchen. Er wird untersucht .«
    »Soll das heißen, er ist gar nicht krank?«
    »Nein, das soll heißen, dass er untersucht wird. Verstanden? Untersucht .«
    Der Rücken meiner Mutter ist so durchgedrückt, dass sie einer großen Barbiepuppe ähnelt, die auf dem Autositz deponiert worden ist. Ihre Brüste stehen ab wie zwei Raketen. Sie wendet mir ihr Gesicht zu, und die rot angemalten Lippen sind fest aufeinandergepresst. Mir wird klar, dass ich ihren einzigen wunden Punkt getroffen habe, meinen Vater. Aber wollen wir nicht deshalb heute zusammen zu Mittag essen, um über meinen Vater zu reden? Inzwischen bin ich mir nicht mehr so sicher. Meine Mutter zieht eine Salem Light aus der Schachtel und steckt sie an. Ich lasse das Fenster runter, und den Rest des Weges legen wir zurück, ohne zu reden.
    Als wir im Acropolis ankommen, fängt meine Mutter wieder an, mir Styling-Tipps zu geben. »Dein Oberteil

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