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Seitensprung ins Glück

Titel: Seitensprung ins Glück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary E Mitchell
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und Linda. Marcie sieht enttäuscht aus, doch Linda nickt ernst, und wir kehren zur Eingangstür zurück.
    »Ist das nicht eklig?«, fragt Marcie voller Schadenfreude, als wir zu unseren Fahrzeugen gehen. »Ich konnte den Schimmel förmlich riechen.«
    »Was haben sie nur mit all dem Platz vor?«, frage ich abwesend, doch dann bereue ich, dass ich das gesagt habe. Allen von uns ist vollkommen klar, was sie mit diesem Platz vorhaben. Sie werden ihn mit kleinen blonden Kindern füllen.
    Meine Augen füllen sich mit Tränen. Marcie greift nach meiner Hand.
    »Er ist ein Schmock«, sagt sie.
    »Das ist er«, stimmt Linda Beyer zu.
    Wortlos nehme ich wieder im Wagen Platz. Linda Beyer sagt noch etwas, vielleicht über Milton, doch mein Gehör scheint nicht zu funktionieren. Ich nicke blöde und winke, und dann verschwindet sie.
    Wir sitzen da und starren auf die mickrigen Bäumchen, die am Bordstein gepflanzt worden sind. »Warum hat sie mitgespielt?«, frage ich Marcie, und sehe starr geradeaus durch die Windschutzscheibe.
    »Hast du jemals Miltons Vater kennen gelernt?«, fragt Marcie im Gegenzug. »Weißt du, ob er überhaupt einen hat? «
    Mir wird bewusst, dass ich Miltons Vater nie getroffen habe. Es ist immer seine Mutter, die weltgewandte Linda Beyer, die zu unseren monatlichen Elterntreffen kommt und bei deren Luxuskörper und teuren Outfits den anderen Eltern der Mund offen stehen bleibt.
    »Weißt du, was er getan hat, als er herausfand, dass sein Sohn geistig behindert ist? Er ist abgehauen. Jetzt ist er mit einer Tussi verheiratet, die in Manhattan zur guten Gesellschaft gehört. Ihre perfekten Töchter schicken sie auf die elitäre Dalton School.«
    Es ist fast unmöglich, sich vorzustellen, dass ein Mann Linda Beyer verlässt, und absolut undenkbar, dass irgend jemand Milton verlässt. Milton, der auf diese Welt gekommen ist, um Liebe zu geben, um einen daran zu erinnern, dass man schön ist, um einen aus warmen schokobraunen Augen anzulächeln.
    »Woher weißt du das alles?«, frage ich Marcie.
    Marcie lässt den Motor des Big Red aufheulen. »Ich weiß alles«, sagt sie.
    Plötzlich fahren wir wieder, biegen von der Bluebell Lane in eine andere, völlig identisch aussehende Straße ab, dann auf den Highway zurück zum Büro. Mein Herz schmerzt. Wir kommen von Teddys und Ingas Haus zurück. Marcie parkt auf dem Parkplatz und stellt den Motor ab. Wir bleiben noch ein Weilchen im Auto. Schließlich dreht sie sich zu mir um und sagt: »Du hast nichts gegessen.«
    »Du auch nicht.«
    »Ich hab ein paar Snickers in meinem Schreibtisch.«
    Schweigend sitzen wir eine Weile da.
    »Also schläfst du tatsächlich mit dem Chef«, sage ich.
    »Was?«
    »Schläfst du mit Sean Zambuto?«
    Marcie blickt hinunter auf ihren Schoß. Ich will meine Nase so tief in ihr Leben hineinstecken, wie ich nur kann, weil sie mir dasselbe angetan hat. Außerdem bin ich neugierig. Ich will wissen, warum Marcie mit Sean schläft. Er ist kein Prinz, und er ist einundvierzig. Auf einer Insel, die Seinfeld und die Baldwin-Brüder hervorgebracht hat, ist Sean kaum mehr als das übliche Long-Island-Rezept, eine Mischung aus Irisch und Italienisch, so wie Lasagne, die in einem Corned-Beef-Topf gekocht wird. Glamour-Faktor null. Er hat kleine Hände. Seine olivfarbene Haut passt nicht zu seiner irischen Boxernase.
    Und dennoch: Dieser nicht mehr ganz junge Sozialarbeiter schläft mit der absolut hübschesten jungen Frau, die ich kenne. Wenn ein Mann wie Sean Zambuto eine Frau wie Marcie abkriegen kann, welche Aussichten bestehen dann für mich, jemand anderen als beispielsweise einen Metzger an Land zu ziehen?
    »Ich habe ihn nie einen Witz machen hören«, sage ich zu Marcie. »Er hat noch nicht mal bei deinen Scherzen an den richtigen Stellen gelacht.«
    Sie zwirbelt am Rand ihrer braunen Papiertüte herum. »Schon möglich, dass er mich manchmal langweilt, für den Bruchteil einer Sekunde vielleicht«, sagt sie. »Aber wenn er mich aus diesen kleinen, flinken Augen ansieht, dann weiß ich, dass er mich liebt.«
    »Dich würde jeder Mann lieben«, erinnere ich sie, »sogar mit deiner lächerlichen Frisur.«
    »Nicht lieben «, sagt sie. »Nur begehren.«
    »Was ist daran so schlecht?«
    Marcie atmet nachdenklich aus, dann dreht sie sich um und tätschelt meine Hand.
    »Du willst wissen, warum ich Seanie liebe?«, fragt sie. »Ich verrat’s dir: Er lässt mich bestimmen.«
    »Das ist alles?«, frage ich. Ich bin platt, als ich sehe, wie

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