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SEK – ein Insiderbericht

SEK – ein Insiderbericht

Titel: SEK – ein Insiderbericht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Schulz
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Meter groß. Viel interessanter finde ich aber auf einmal einen Vorsprung in der Mitte des Flachdaches, und zwar deswegen, weil er eine Fensterfläche hat, durch die man ins Innere des Kassenraumes blicken kann. Die Fenster sehen aus wie Oberlichter und dienen vermutlich dazu, zusätzliches Tageslicht in die Bankfiliale einzulassen. Von unten kann man diese Fenster nicht erkennen, da der Vorsprung nicht sehr hoch ist, und daher wussten wir nichts davon. Ich melde meine Entdeckung sofort der Befehlsstelle und überprüfe danach zuerst die weiße Dachkuppel. Die ist, vermutlich zum Schutz gegen Einbrecher, mit soliden Vierkantschrauben im Boden verschraubt und lässt sich ohne großen Aufwand nicht öffnen. Fehlanzeige! Ich lege mich nun auf den Bauch und krieche etwa fünf Meter langsam und vorsichtig über das Vordach bis zu den entdeckten Oberlichtern. Diese sind so niedrig, dass ich auf dem Bauch liegend gerade so hindurchschauen kann. Zentimeter für Zentimeter, jede schnelle Bewegung vermeidend, nähere ich mich der Scheibe. Dann endlich kann ich direkt von oben in den Kassenraum schauen. Das Licht der eingeschalteten Computermonitore taucht den ansonsten komplett dunklen Raum in ein spärliches, fast gespenstisches Licht. Doch so sehr ich mich auch bemühe, ich kann keine Personen unter mir erkennen. Auch sind weite Teile des Raumes für mich nicht einsehbar, da sie aufgrund der spärlichen Beleuchtung komplett im Dunkeln liegen.
    Ich betätige wiederum mein Funkgerät und erstatte flüsternd Meldung. »Verstanden«, bestätigt mir der Funksprecher aus der Befehlsstelle, »kannst du die Position da oben halten?«
    Natürlich will man in der Befehlsstelle ohne Not nicht auf eine Beobachtungsposition verzichten, die einen direkten Blick in den vom Täter kontrollierten Bereich ermöglicht. Ich weiß bereits, dass ich mir durch meine Entdeckung eine möglicherweise die ganze Nacht andauernde Beschäftigung verschafft habe. Da sich bereits jetzt die feuchte Kälte des Daches durch meinen Einsatzoverall bemerkbar macht, will ich diesbezüglich Vorkehrungen treffen.
    »Ja, kann ich«, antworte ich der Befehlsstelle, »aber ich brauche unbedingt einen Thermoanzug und ein Nachtsichtgerät.«
    Bei dem Thermoanzug handelt es sich um einen mit einem dicken Teddyfutter versehenen, wasserabweisenden Overall, der insbesondere für die Präzisionsschützen vorgesehen ist und es ihnen ermöglicht, auch bei sehr kalten Temperaturen und in feuchtem bis nassem Umfeld bewegungslos auszuharren, ohne über Gebühr zu frieren. Für eine lange Nacht auf einem feuchten Vordach also genau das Richtige. Von einem Nachtsichtgerät erhoffe ich mir einen besseren Einblick in die dunklen Bereiche des Kassenraumes, wo ich jetzt nichts erkenne. Allerdings war die Qualität der Nachtsichtgeräte Mitte der 90er Jahre meilenweit vom heutigen Stand dieser Technik entfernt.
    »Alles klar, Peter, wir schicken einen Kollegen, der dir die Klamotten bringt«, antwortet mir die Befehlsstelle, und keine zehn Minuten später reicht mir ein Beamter einer anderen Einheit die gewünschten Dinge nach oben auf meinen luftigen Posten. Ich bemühe mich, den Thermoanzug möglichst geräuschlos über meinen Einsatzoverall zu zwängen, und mache dabei sicher ein paar nicht sehr geschmeidig aussehende Verrenkungen, aber nachdem es mir gelungen ist, sehe ich zwar aus wie ein überdimensionales Michelin-Männchen, aber mir ist zumindest sofort warm. Dann überprüfe ich das Nachtsichtgerät, dessen unscharfe grüne Bilddarstellung nicht sehr vertrauenerweckend ist, aber schließlich besser als nichts.
    Nachtsichtgeräte funktionieren auf der Basis von Restlichtverstärkung, d.h. damit man etwas erkennen kann, muss auch ein gewisses Restlicht vorhanden sein. Dies kann das Licht einer entfernten Straßenlaterne oder einer sonstigen schwachen Lichtquelle sein. Jetzt sollte die Beleuchtung durch die Computermonitore im Kassenraum ausreichen, damit ich auch die dunklen Stellen des Raumes einsehen kann.
    Als ich wieder in meine Beobachtungsposition zurückgerobbt bin, stelle ich fest, dass ich tatsächlich mithilfe des Nachtsichtgerätes nunmehr im gesamten für mich einsehbaren Kassenraumbereich etwas erkennen kann. Leider bemerke ich aber auch, dass sich in den vorher dunklen Ecken niemand aufhält. Das bedeutet, dass Täter und Geiseln sich mehr oder weniger direkt unter mir befinden müssen, also in dem Bereich, den ich aus meiner Position nicht einsehen kann. Dennoch

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