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SEK – ein Insiderbericht

SEK – ein Insiderbericht

Titel: SEK – ein Insiderbericht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Schulz
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hat sich durch meine Beobachtungsposition unsere Ausgangslage erheblich verbessert, denn wir können nun genauer eingrenzen, wo im Kassenraum Täter und Geiseln sich aufhalten, und ich kann jede Bewegung sofort erkennen, die sich innerhalb meines Blickfeldes abspielt.
    Ich schaue noch einmal prüfend hinter mich, um sicherzustellen, dass sich dort keine Lichtquelle befindet. Falls dem so wäre, könnte der Täter, wenn er zufällig in Richtung des Oberlichtes schauen würde, eventuell die Silhouette meines Kopfes wahrnehmen. Ich mache aber keine Beleuchtung in meinem Rücken aus, sodass dieses Problem zumindest in der Nacht nicht auftreten wird. Am Tage allerdings, falls sich die Lage so lange hinziehen sollte, sähe das anders aus …
    Und während ich dort in meiner Beobachtungsposition liege und angestrengt versuche, eine Bewegung in der Bank festzustellen, verliere ich jegliches Zeitgefühl. Als ich irgendwann einmal auf die Leuchtziffern meiner Uhr blicke, kann ich es kaum glauben, denn es geht schon auf 23 Uhr zu.
    Inzwischen sind auch die Befragungen der Freigelassenen beendet worden. Diese haben ergeben, dass die Geiseln, alle zusammen, tatsächlich in dem Bereich des Kassenraumes genau unter meiner Beobachtungsposition festgehalten werden. Sie sitzen auf dem Boden, sind aber nicht gefesselt. Der Täter hat ihnen gegenüber angedeutet, dass er bei der französischen Fremdenlegion gewesen sei und mit Krisensituationen und vor allem mit Waffen umgehen könne. Das klingt nicht gut.
    Über Funk kommt kurz darauf die nächste schlechte Nachricht. Die Kollegen, die versuchen sollten, über die von mir entdeckte Zugangsmöglichkeit von der Anwaltskanzlei aus in den Flur direkt neben dem Kassenraum einzudringen, haben ihr Vorhaben aufgegeben. Der Lichteinfall in diesen Flur macht ein unbemerktes Überwinden der Wendeltreppe, insbesondere mit der schweren Ausrüstung, aus ihrer Sicht unmöglich. Die Gefahr, dass der Täter sie durch die Glasscheibe des Kassenraumes sehen und dann möglicherweise zu einer Kurzschlussreaktion neigen könnte, ist zu groß. Wieder eine Option weniger …
    Aber es gibt auch etwas Positives zu vermelden. Der Täter hat sich bereit erklärt, sein Ultimatum bis zum frühen Morgen zu verlängern, was den zeitlichen Druck aus der Situation ein wenig herausnimmt.
    Ich selbst liege nun bereits seit mehreren Stunden bäuchlings auf dem feuchten Vordach und versuche nach wie vor angestrengt, mithilfe des Nachtsichtgerätes die geringste Bewegung im Kassenraum zu erkennen. Grundsätzlich ist es ja kein Geheimnis, dass SEK-Beamte eine überdurchschnittliche Fitness mit sich bringen müssen. Dass aber auch eine gewisse Widerstandsfähigkeit gegen Schlafmangel eine wichtige Grundvoraussetzung für den Dienst beim SEK ist, mag vielleicht nicht ganz so bekannt sein. In der Tat wird genau diese Widerstandsfähigkeit im Rahmen der Ausbildung durch eine besondere, sogenannte »Belastungswoche« überprüft, bei der man bei hoher körperlicher Belastung nur wenige Stunden Schlaf erhält. Ich hatte von je her wenig Probleme mit kurzen Schlaf- und langen Wachzeiten, von daher besteht derzeit auch nicht die Gefahr, dass ich bei meiner eintönigen Beobachtungstätigkeit einschlafen würde. Darüber hinaus bin ich durch meinen Thermoanzug gut geschützt, so spüre ich auch die Kälte der Oktobernacht nicht. Etwa gegen Mitternacht knackt es im Funkgerät, und der Funker der Befehlsstelle meldet sich: »An alle. Ab sofort ist der erforderlichenfalls tödlich wirkende Schuss auf den Täter freigegeben. Alle Kräfte bestätigen …«
    Der Polizeiführer hat sich also, offensichtlich nicht zuletzt aufgrund der für uns alle neuartigen Bedrohung durch die vom Täter mitgeführten Handgranaten, dazu entschlossen, den sogenannten finalen Rettungsschuss freizugeben. Über diese Ultima Ratio eines Polizeieinsatzes, bei der der Täter durch einen gezielten, tödlich wirkenden Schuss ausgeschaltet wird, ist in der Vergangenheit viel und natürlich zwangsläufig auch oft sehr unsachlich geschrieben worden. Tatsache ist, dass eine Freigabe des finalen Rettungsschusses nur dann erfolgt, wenn die Bedrohung, die vom Täter ausgeht, so gefährlich und unkalkulierbar ist, dass nur dessen sofortige Handlungsunfähigkeit (also dessen sofortiger Tod) eine Rettung gefährdeter Menschenleben zulässt.
    Ich persönlich habe die Kritik an dieser letzten Einsatzmöglichkeit der Polizei nie verstanden. In meiner gesamten Dienstzeit beim

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