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SEK – ein Insiderbericht

SEK – ein Insiderbericht

Titel: SEK – ein Insiderbericht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Schulz
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Bewertung des Schusswaffengebrauchs angeht. Die Kollegen des KK 11 16 sind bereits alarmiert und auf dem Weg.«
    Ich bedanke mich bei ihm für das nicht selbstverständliche Lob. Was für ein Glück, dass wir es in diesem Fall mit einem erfahrenen Kriminalbeamten als Polizeiführer zu tun gehabt haben, der nur allzu gut versteht, dass ein Schusswaffengebrauch gegen einen Menschen auch für uns SEK-Beamte alles andere als alltäglich ist. Besonders sympathisch macht ihn mir, dass er sich gleich zu Anfang unseres Gesprächs nach dem Wohlergehen meiner Kollegen erkundigt hat. Das zeigt mir, dass Schnitzler die richtigen Prioritäten setzt.
    Egal, wer geschossen hat, ob nun ein beliebiger Täter oder ein Polizist: Nach jedem Schusswaffengebrauch wird ein Ermittlungsverfahren wegen versuchten oder gar vollendeten Totschlags eingeleitet. Auch der polizeiliche Schusswaffengebrauch ist nur dann gerechtfertigt, wenn er den gesetzlichen Bestimmungen entsprechend ausgeführt wurde. Um festzustellen, ob dies tatsächlich der Fall ist, wird von Amts wegen, also durch die Staatsanwaltschaft, stets ein Verfahren eingeleitet. Die für die Ermittlung solcher Delikte zuständigen Beamten des KK 11 versehen wie wir Rufbereitschaft und sind, wie mir der Polizeiführer ja angekündigt hat, nun bereits auf dem Weg.
    Meine Aufgabe wird es bei ihrem Eintreffen sein, ihnen den Tatort zu übergeben und ihnen das Geschehen möglichst detailliert zu schildern.
    Für den Ablauf solcher Ermittlungen gelten bei Schusswaffeneinsätzen von Spezialeinheiten in unserem Bundesland besondere Regeln. Da wir in aller Regel nur gegen hochkarätige Straftäter eingesetzt werden, kommt unserem Identitätsschutz besondere Bedeutung zu. Es ist leider überhaupt nicht ausgeschlossen, dass bei Bekanntwerden der Identität einzelner Mitglieder der Spezialeinheiten diese und insbesondere auch ihre Familienangehörigen Repressalien der Täterseite ausgesetzt sein könnten.
    Da in solchen Fällen gegen die Schützen eines polizeilichen Schusswaffengebrauchs ermittelt wird und diese den Status von Beschuldigten eines Strafverfahrens haben, wären diese Kollegen im Normalfall verpflichtet, gegenüber der Staatsanwaltschaft ihre vollständigen Personalien anzugeben. Weil aber die Zielperson des polizeilichen Schusswaffengebrauchs in aller Regel anwaltlich vertreten wird, indem sie zum Beispiel als Nebenkläger auftritt, hat der Rechtsanwalt das Recht der Akteneinsicht, wodurch dann die Personalien des Polizeibeamten der Gegenseite bekannt werden würden. Um dies im Falle des Schusswaffengebrauchs durch Angehörige von Spezialeinheiten zu verhindern, wurde in Zusammenarbeit mit der Staatsanwaltschaft ein eigenes Verfahren entwickelt. Solange die Ermittlungen (noch) nicht zu einer Anklageerhebung geführt haben, werden die Personalien der am Einsatz beteiligten Kollegen in Form einer sogenannten Kennziffernliste aufgeschrieben. Dies bedeutet, dass jedem von ihnen eine Ziffer zugewiesen wird, unter der beispielsweise die Vernehmungen beim KK 11 und bei der Staatsanwaltschaft durchgeführt werden. In der Liste stehen hinter der jeweiligen Kennziffer die realen Personalien des Beamten. Von dieser Liste existieren drei Ausführungen: eine bei der Staatsanwaltschaft, eine beim zuständigen Polizeipräsidenten und eine beim Leiter der jeweiligen Spezialeinheit. Die Umschläge mit den Listen sind verschlossen und versiegelt. Solange es nicht zu einer Anklageerhebung durch die Staatsanwaltschaft kommt, wird das Verfahren vollständig unter den Kennziffern geführt, wodurch die Personalien der Beamten geschützt sind. Wird das Verfahren wegen eines als rechtmäßig bewerteten Schusswaffengebrauchs eingestellt, so bleiben die Personalien des Polizeibeamten geheim. Nur wenn es zur Anklageerhebung käme, würden die realen Personalien der Kennziffernliste entnommen. Das Gerichtsverfahren gegen den betroffenen Beamten fände dann unter seinen korrekten Personalien statt.
    Diese komplizierte, aber notwendige Regelung kann natürlich nicht darüber hinwegtäuschen, dass das gesamte Verfahren für einen Schützen aus unseren Reihen eine nicht unerhebliche Belastung darstellt. Nicht nur, dass er im schlimmsten Fall damit umgehen muss, einen Menschen getötet zu haben, er muss darüber hinaus auch noch ein staatsanwaltschaftliches Ermittlungsverfahren mit Vernehmungen, der Abgabe persönlicher Ausrüstungsgegenstände (Waffe und Kleidung, die im Einsatz benutzt wurden) sowie der

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