SEK – ein Insiderbericht
Sicherung von Schmauchspuren an seinen Händen über sich ergehen lassen – und dies alles nur, weil er einen dienstlichen Auftrag wahrgenommen und sich dabei möglicherweise in Lebensgefahr begeben hat. Doch dies ist der Preis, den wir alle für die Einhaltung rechtsstaatlicher Prinzipien zu zahlen haben.
Daher kann ich nur bitter darüber lachen, wenn in einschlägigen Presseorganen wieder einmal behauptet wird, bei diesem oder jenem Ermittlungsverfahren zu einem polizeilichen Schusswaffeneinsatz wäre etwas nicht mit rechten Dingen zugegangen. Jede Wette, dass so ein Journalist die Dinge ganz anders sähe und ganz andere Artikel in die Welt setzte, wenn er die Abläufe nach einem solchen Schusswaffengebrauch am eigenen Leib erfahren würde.
Für mich als Führer der eingesetzten SEK-Einheit kommt es jetzt in erster Linie darauf an, dass die notwendigen Maßnahmen in einer für die Schützen angemessenen Form abgewickelt werden. Manchmal ist es leider in vergleichbaren Fällen schon vorgekommen, dass die Kollegen des KK 11 vergessen haben, dass es sich bei den Beschuldigten um Polizeibeamte handelte, die in Ausübung des Dienstes ihre Schusswaffe eingesetzt haben, und eben nicht um Tatverdächtige, die eines gewöhnlichen Kapitalverbrechens verdächtig waren.
Der Notarzt hat mit seinen beiden Assistenten den schwer verletzten Mann nun so weit behandelt, dass er auf schnellstem Wege in das nächste Krankenhaus abtransportiert werden kann. Dieter begleitet das Notarztteam nach unten zum Krankenwagen. Kurz darauf trifft ein dreiköpfiges Team des KK 11 ein, um den Tatort von mir zu übernehmen. Was jetzt noch fehlt, das sind die Kollegen der Spurensicherung, die sich um die forensische Tatortaufnahme kümmern werden. Deren Feststellungen – also etwa die Sicherung forensischer Spuren von Patronenhülsen oder der Einschuss im Türrahmen der Wohnzimmertür – sind, neben allen Zeugenaussagen, für das Ermittlungsverfahren von größter Bedeutung.
Ich schildere den drei Ermittlern den Ablauf des Zugriffs so detailliert, wie ich es vermag, und zeige ihnen auch die Waffe der Zielperson und die sichergestellte Handgranate, welche noch immer auf dem Küchentisch deponiert sind. Gerade die Waffe der Zielperson ist natürlich ebenfalls ein wichtiges Beweismittel, weil dadurch bewiesen werden kann, dass die Zielperson auf meine in den Raum eindringenden Kollegen gefeuert hat. Die Beamten des KK 11 sind gerade auch wegen der Handgranate sehr beeindruckt. Da der von mir geschilderte Ablauf für sie plausibel klingt und sich nach erster Inaugenscheinnahme der Spuren daran auch keine Zweifel ergeben, vereinbare ich mit den Kollegen, dass wir zunächst geschlossen zu unserer Dienststelle zurückkehren, dort die Kleidung unter Verwendung der ebenfalls von mir noch zu fertigenden Kennziffernliste sammeln und dann dem KK 11 zur Auswertung zur Verfügung stellen. Die Waffen von Michael und Siggi behalten die Ermittler sofort ein, und dankenswerterweise sind sie so taktvoll, dass sie zunächst mich fragen, ob die Schützen in der Verfassung wären, von ihren Händen direkt die Schmauchspuren zu sichern. So halte ich also Rücksprache mit den beiden und stelle fest, dass die damit kein Problem haben.
Und so sind wir nach unserer Rückkehr zur Dienststelle noch bis zum Morgen damit beschäftigt, alle notwendigen Formalien abzuwickeln. Ich informiere Wilhelm, unseren Chef, nach meiner Rückkehr unverzüglich telefonisch über die Ereignisse. Er fragt, ob er sofort zur Dienststelle kommen soll, um mich gegebenenfalls zu unterstützen, was ich aber nicht als erforderlich ansehe, zumal sowieso der Morgen nicht mehr fern ist und der normale Dienstbeginn bald ansteht. Nun zeigt sich auch, dass die intensive Ausbildung, die wir betreiben, ihre Wirkung nicht verfehlt. Die gesamte Gruppe, inklusive der beiden Schützen, hat den Sachverhalt sehr ruhig und professionell abgearbeitet und aufgenommen. Nachdem wir die Arbeiten für das KK 11 erledigt haben, beginnen wir mit einem sogenannten Debriefing, um den Einsatz noch einmal aus allen Richtungen zu beleuchten. Für Michael und Siggi ist eine solche Diskussion im Kreise der Gruppenkollegen neben der intensiven Vorbereitung auf solche Sachverhalte mit die wichtigste Maßnahme, um möglichen posttraumatischen Belastungsstörungen entgegenzuwirken. Das ruhige Gespräch im Kreise der Teammitglieder, die die Situation ohne große Erklärungen genau nachvollziehen können, ist immens
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