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SEK – ein Insiderbericht

SEK – ein Insiderbericht

Titel: SEK – ein Insiderbericht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Schulz
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kurz sprechen, die als Erste im Raum waren, und zwar bevor gleich eine Lawine von anderen Personen die Wohnung überfluten wird.
    Immer noch weiß ich nicht genau, was passiert ist.
    Während Dieter seinen Sanitätsrucksack aufreißt und anfängt, den Schwerverletzten zu versorgen, gehe ich mit Siggi an die Türschwelle des Wohnzimmers und blicke ihn fragend an.
    »Der Typ hat angezogen auf dem Fußboden gelegen, da, wo er jetzt auch noch liegt. Ich bin hinter Michael als Zweiter in den Raum gekommen, da kam er schon mit dem Oberkörper aus seiner Liegeposition hoch, Pistole in Vorhalte, und hat sofort geschossen. Wir waren aber schon drin im Raum und haben von zwei Seiten das Feuer erwidert.«
    »Habt ihr was abbekommen?«, frage ich, denn bisher wusste ich ja noch nicht, dass die Zielperson das Feuergefecht eröffnet hat.
    »Ich nicht und, soweit ich weiß, Michael auch nicht.«
    Ich spreche Michael kurz an, der nach wie vor ein waches Auge auf die am Boden liegende Zielperson hat. Michael hält den Daumen in die Höhe zum Zeichen, dass er in Ordnung ist.
    Die anderen Kollegen des Einsatzteams – bis auf Max, der den kleinen Jungen in seinem Kinderzimmer betreut – versuchen nunmehr, einen kurzen Blick durch die Wohnzimmertür auf den Ereignisort zu werfen. Ich sage: »Ok, Leute, ihr wisst, wie das läuft, wir haben hier einen Tatort, hier läuft keiner mehr durch, der hier nicht unbedingt rein muss. Manuel, geh bitte raus in den Flur und bring den Notarzt hier rein, der ist schon unterwegs.«
    »Alles klar«, antwortet Manuel. Der Kollege gehört noch nicht lange zu unserer Einheit, und dies ist sein erster wirklich folgenschwerer Einsatz.
    Ich wende mich wieder an Siggi: »Hast du gesehen, wo der Schuss hinging?«
    »Der hat in jedem Fall in Richtung Tür gezielt, aber genau konnte ich das nicht sehen, dazu ging alles zu schnell.«
    »Klar«, sage ich und klopfe Siggi auf die Schulter, denn ich weiß ganz genau, dass unter diesen Bedingungen keine genauen Beobachtungen möglich sind, im Gegenteil, ich bin sogar überrascht, dass sich Siggi an so viele Details erinnern kann. Ich untersuche kurz den Rahmen der Wohnzimmertür und entdecke nahezu sofort zersplittertes Holz und ein Loch, unzweifelhaft ein Einschussloch, welches sich in etwa 1,5 Meter über dem Boden im linken Türrahmen befindet. Ich deute mit dem Finger darauf und sage zu Siggi: »Hier hat er hingeschossen, gut, dass ihr so fix wart …«
    Siggi betrachtet das Einschussloch und nickt nur bestätigend mit dem Kopf. Mittlerweile hat Dieter mit der Erstversorgung der schwer verletzten Zielperson begonnen. Erstaunlich ist für mich, als ich näher trete, dass diese immer noch ansprechbar ist. Dieter nimmt einen sterilen Wundverband aus dem Rucksack und sagt zu dem Verletzten: »Halt das Ding auf dein Auge.«
    Und tatsächlich nimmt der Mann die Kompresse und drückt sie sich selbst auf die Wunde, während Dieter sich um die Verletzungen im Oberkörperbereich kümmert. Doch bevor er noch weitere Maßnahmen ergreifen muss, erscheint Manuel mit dem Notarzt und zwei Rettungsassistenten in der Wohnung, die nun die Versorgung des Verletzten übernehmen.
    Während ich Theo als nicht unmittelbar an dem Schusswaffeneinsatz beteiligten Beamten zur Sicherung bei dem Verletzten und dem Notarztteam belasse, rufe ich Michael zu mir, um mir auch von ihm eine kurze Schilderung des Geschehens geben zu lassen. Er hat die auf dem Boden deponierte Handgranate der Zielperson in der Hand und zeigt sie mir genauer. Ich sehe, dass der ursprünglich am Kipphebel der Handgranate angebrachte Sicherungssplint entfernt und durch einen einfachen, dem Durchmesser der Öse entsprechenden Nagel ersetzt worden ist. Dadurch hätte der Mann diesen Sprengkörper mit einer Hand scharf und wurffertig machen können, ohne noch mit der zweiten den Sicherungssplint ziehen zu müssen. Dieser Umbau stellt also eine extrem gefährliche Variante einer Standardhandgranate dar und zeigt, dass die Zielperson über Kriegserfahrung verfügt. Mir wird immer klarer, dass es nur unserer durch viele Stunden des Trainings verinnerlichten Einsatztaktik und dem damit verbundenen blitzartigen Vorgehen in der Wohnung zu verdanken ist, dass die Zielperson nur noch einen Schuss aus ihrer Waffe hat abgeben und die in Reichweite befindliche Handgranate nicht mehr zum Einsatz bringen können.
    Michael wirft mir einen vielsagenden Blick zu und zeigt mir dann die Waffe des Tatverdächtigen, bei der es sich

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