SEK – ein Insiderbericht
schütteln uns die Hand. Dann sagt er: »Wir haben leider noch nicht allzu viel an Informationen. Bei dem Haus handelt es sich um ein freistehendes Einfamilienhaus, mit Wohnebene im Erdgeschoss und einem Speicher unter dem Dach. Rund um das Gartengrundstück steht eine mannshohe Hecke, durch die man nicht hindurchschauen kann. Wir wissen nicht, wie es im Inneren des Hauses aussieht, und eine Kontaktaufnahme mit dem Anrufer ist seit seinem Telefongespräch mit der Leitstelle nicht mehr gelungen. Angeblich haben sich mit der freigelassenen Tochter dort insgesamt vier Personen aufgehalten: die Mutter und ihr neuer Geliebter, der erst kürzlich dort eingezogen ist, sowie der Sohn. Bei dem Tatverdächtigen handelt es sich um den Noch-Ehemann der Frau. Das Haus gehört den Eheleuten gemeinsam.«
»Verdammter Mist«, denke ich bei mir, das alles klingt nach einer ausgewachsenen Familientragödie, wie wir sie leider in der Vergangenheit schon öfter erlebt haben und wohl auch immer wieder erleben werden.
»Hat die Tochter irgendetwas gesagt?«, fragt Lothar.
»Nur so etwas wie: ›Papa hat Mama sehr weh getan.‹ Aber was genau passiert ist, wissen wir nicht.«
»Das spielt jetzt alles keine Rolle, wir müssen unbedingt da rein und schauen, was los ist«, sage ich zu Tony, und der nickt auch bestätigend in meine Richtung. »Ich habe das mit dem Polizeiführer bereits abgeklärt«, antwortet er, »ihr habt die Freigabe, in das Objekt einzudringen. Mehrere Notärzte stehen ebenfalls bereits bereit. Viel Glück, Jungs!«
Lothar und ich drehen uns um und laufen zu unseren geparkten Fahrzeugen zurück, um unsere Kollegen über das Wenige zu informieren, was wir derzeit wissen.
Wir nähern uns dem Zielobjekt im Laufschritt und bilden am Gartentor, etwa 15 Meter von der Eingangstür des Hauses entfernt, eine lange Reihe. Ich knie mich am Fuß der Hecke hin und blicke durch das schmiedeeiserne Gitter des Gartentors in Richtung Haus. Hinter dem Gitter stehen auf dem Weg zur Haustür zwei Autos. Aus meiner Position kann ich die Eingangstür des Hauses nicht erkennen, da sie sich an dessen Kopfseite befindet, während ich vom Gartentor aus die Längsseite mitsamt einer recht großen Terrasse vor mir habe. Und ich stelle fest: Die Terrassentür steht offen! Wenn der Täter verhindern möchte, dass Polizeikräfte ins Haus gelangen, dann lässt er mit Sicherheit nicht die Terrassentür deutlich sichtbar geöffnet. Ein schlechtes Zeichen!
Über Funk informiere ich meine hinter mir platzierten Kollegen über meine Beobachtungen. Sie selber können wegen der dichten Hecke nichts erkennen.
Als Nächstes beordere ich Thomas und Georg zu mir nach vorne. Sie sind mit HK G3 K bewaffnet und werden unser Vorgehen zum Haus mit ihren Gewehren absichern. Hierzu sollen sie sich im Garten eine Position suchen, von der sie die uns zugewandten Fenster vollständig beobachten können. Schließlich müssen wir eine etwa 20 Meter lange, deckungslose Distanz zum Haus überwinden. Falls der Täter dies wollte, könnte er uns bei unserer Annäherung aus einem der Fenster problemlos unter Feuer nehmen. Die beiden Schützen haben ihren Auftrag verstanden und öffnen das nicht verschlossene Tor. Nach etwa einer Minute höre ich über Funk: »Schützen in Position, Fenster unter Kontrolle, ihr könnt starten.«
Ich bestätige die Funkdurchsage und ergänze dann: »Ok, Leute, wir werden uns jetzt einzeln und leise der geöffneten Terrassentür nähern. Im Inneren werden wir ebenfalls leise und kontrolliert die Räume durchsuchen. Wir werden immer jeweils nur so viele Leute ins Haus beordern, wie unbedingt nötig sind.«
Aufgrund der Tatsache, dass wir eine deckungslose Fläche überqueren müssen, habe ich mich dafür entschieden, uns einzeln zur Terrassentür laufen zu lassen. Sollte der Täter tatsächlich durch ein Fenster das Feuer eröffnen, so wäre ein Zufallstreffer viel wahrscheinlicher, wenn wir als geschlossene Gruppe auf das Haus zustürmen würden. Als Erster soll Ossi sich dem Objekt nähern, er kniet sich neben mich, ich schlage ihm auf den Rücken, und er läuft durch das Gartentor in hohem Tempo bis an die Hauswand direkt neben der geöffneten Terrassentür. Ich sehe, wie er vorsichtig seine Maschinenpistole um die Hausecke in Richtung Terrassentür in Stellung bringt.
»Hinter der Terrassentür ist offensichtlich das Wohnzimmer, ziemlich dunkel, ich kann keine Bewegung erkennen«, meldet er über Funk.
Sofort melden die beiden
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