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Sekunde der Wahrheit

Titel: Sekunde der Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hayes Joseph
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sie … sagen wir zum Abendessen einzuladen?«
    »Ja, das schon.«
    »Sie kann an der Sache beteiligt sein oder auch nicht.«
    »Ich kann es mir nicht denken.« Aber dann fügte er hinzu: »Nach allem, was geschehen ist, sollte ich so etwas nicht für bare Münze nehmen. Ich weiß nicht mehr, was ich denken oder glauben soll. Soll ich versuchen, dahinterzusteigen … ob sie etwas mit der Geschichte zu tun hat?«
    »Wenn möglich.«
    »Direkt fragen kann ich sie nicht … aber ich will es versuchen.«
    »Wenn sie nichts davon weiß, können wir uns vielleicht ihrer bedienen.«
    »Wie meinen Sie das?«
    »Das weiß ich noch nicht genau. Noch nicht.«
    »Clay, Sie wissen mehr, als Sie mir sagen.«
    »Zugegeben.«
    Ein langes Schweigen.
    Dann: »Clay … hören Sie zu, ich weiß zwar nicht, wieso, aber ich vertraue Ihnen. Es hat in der Vergangenheit einiges gegeben, was ich nicht verstehe, und vielleicht habe ich Ihnen Unrecht getan …«
    »Das können wir später klären, Andrew.«
    »Stimmt. Aber wenn ich ungerecht war, tut es mir leid.«
    Wieder Stille. Dann sagte Clay: »Heben wir uns das für später auf. Ich muß jetzt erst einmal herausfinden, ob es Mittel und Wege gibt, um meinen Bruder aufzuhalten.«
    »Jetzt muß ich Sie warnen: immer ruhig Blut.«
    »Beruhigen Sie sich, Andrew. Sie klingen elender, als ich mich fühle …«
    »Machen Sie sich um mich keine Sorgen, Clay.«
    »Rufen Sie mich im Motel an. Viel Glück …«
    »Ihnen auch!«
    Sie wurde nicht mehr verfolgt. Kimberley war der blaue Chevrolet im Rückspiegel aufgefallen, als sie über die Brücke nach Indiana gefahren war, und dann hatte sie auf der Autobahn beschleunigt und festgestellt, daß er sich mit einigem Abstand an sie gehängt hatte. Und als sie fast Schritttempo fuhr, als wollte sie in einen der Aussichtspunkte mit Parkstreifen fahren, hatte er das Tempo auch verlangsamt – ein todsicherer Beweis. Dann war sie aufs Gas gestiegen und hatte die Jagd fast genossen, während sie innerlich Andrew verfluchte. War ihr der Kerl im dunklen Anzug schon seit der Rennbahn auf den Fersen? Oder sogar noch vorher, als sie das Hotel beim Einbruch der Morgendämmerung verlassen hatte? Andrew hatte ihr ja einen Leibwächter besorgen wollen, und sie hatte sich dagegen verwahrt. Nun, sie brauchte keinen, und nun hatte sie ihn abgeschüttelt … das war ja ein feiner Leibwächter, den man so leicht loswurde …
    Aber ihr Kopf schmerzte noch immer heftig. Sie war allein aufgewacht oder zu sich gekommen, und ihr Kopf tat ihr so fürchterlich weh, daß sie kaum sehen konnte. Wenn diese Schmerzen nicht wären, hätte sie die Fahrt fast als Vergnügen empfinden können – das erhebende Gefühl der Geschwindigkeit, der Macht, des Dahinbrausens, wie ein freier Galopp, wenn man sich eins mit dem Pferd fühlt. Oder wie in einem Segelboot, das bei starkem Wind die Wogen rauschend durchpflügt. Das hier war noch schöner, weil sie die vibrierende und röhrende Motorenkraft unter sich spüren konnte, das schwerelose Dahingleiten auf der linken Fahrbahn, die Tachonadel ganz nach rechts, es herrschte nur wenig Verkehr, und er blieb zurück, als würde er schleichen, verschwommene Sinneseindrücke selbst von großen Lastwagen, und auf beiden Seiten der Straße grüne Böschungen wie eine Wand. Wenn nur ihr Kopf zu schmerzen aufhören würde …
    Klick.
    Da war es wieder passiert, dieses seltsame Einrasten in ihrem Kopf. Nur so konnte man es beschreiben, wie das Klicken eines Kameraverschlusses. Es war ein merkwürdiges Gefühl, und es war ihr zuwider, aber mittlerweile hatte sie sich daran gewöhnt. Es war, als habe sich ein Rollladen in ihrem Gehirn gesenkt und schirme es von der Außenwelt ab. Einfach so.
    Bisher war das Klicken allerdings nicht so abschließend gewesen, als fiele eine Tür ins Schloß und hielte sie für immer gefangen. Merkwürdigerweise jagte ihr das aber keine Angst ein. Die Furcht war irgendwo draußen geblieben, in dieser äußeren, realen Welt, die sie verlassen hatte oder von der sie verlassen worden war.
    Es existierte hier kein Schmerz mehr und kein Geräusch. Die äußere Welt war tot und dämmerhaft geworden … fremd. Es war, als betrachte sie einen Film, bei dem der Ton plötzlich ausgefallen war. Die Gestalten auf der Leinwand bewegten sich weiter, die Äste wiegten sich in einem Wind und flogen vorbei, ein Wagen auf der anderen Fahrbahn schoß wie eine Rakete schwarz an ihr vorüber. Aber es geschah alles lautlos. Sie spürte

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