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Sekunde der Wahrheit

Titel: Sekunde der Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hayes Joseph
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gekauft hatte: um allen zu demonstrieren, daß sie ihn am Abend besuchen könnten. Er war auch im Gegensatz zu ihr davon überzeugt, daß sie nur deshalb dieses miese Motelzimmer bekommen hatten, weil sie Farbige waren. Dem bewunderten Baseballstar von einst fiel das nicht leicht, nachdem er nun nicht mehr im Rampenlicht stand. Deshalb wollte er hier um jeden Preis gewinnen, woran Almeta allerdings nicht recht glauben mochte.
    »Werd mal schauen, was der Bastard heute früh mit meinem Pferd so macht«, meinte JD.
    Eigentlich hätte Almeta noch gern ein Weilchen geschlafen, aber sie richtete sich auf. »Ich komme mit.«
    Er setzte die Wildledermütze auf, die ihm für die Rennbahn passend erschien. »Ich will nicht, daß du zu den Stallungen gehst. Mir paßt die Art nicht, wie Haslam dich anstarrt.« Sie schwieg noch immer. Matt Haslam hätte ohne weiteres leicht ihr Vater sein können; er war etwas burschikos, aber auf nette Weise. Er hatte sie bisher fast übersehen – wahrscheinlich mochte er nur weißes Fleisch, wenn überhaupt noch. Aber JD in so einer Laune zu widersprechen, war nicht ratsam.
    Aus dem Bad rief JD: »Dem Mistkerl, der sich Trainer schimpft, werd' ich mal die Leviten lesen müssen.«
    Almeta hatte sich inzwischen eine Zigarette angesteckt. Matt Haslam hatte JD den Kauf von Also Ran empfohlen: gute Leistungen, gute Blutlinien, und zum Teufel mit dem anzüglichen Namen. »Wenn du meinst«, sagte sie begütigend und erwähnte nicht jenen Zwischenfall, als JD von einem Ball am Handgelenk getroffen worden war. Vor lauter Jähzorn hatte er den Schläger angefallen, und weil er wegen des verletzten Handgelenks keine Faust machen konnte, hatte er ihn mit dem Ellbogen traktiert. Damals, Shortstop, hast du dir nur eine Geldstrafe und eine zweiwöchige Sperre eingehandelt. Aber später? ›Benehmen, das den Sport in Misskredit bringt‹ oder wie es ein Sportjournalist formuliert hatte ›das Ende einer durch Ausfälligkeiten befleckten Karriere‹.
    Er kam zu ihr, beugte sich zu einem leichten Kuß herab und schritt langbeinig zur Tür. Sie wollte ihn nicht daran erinnern, konnte es nicht. Nicht nur, weil es zu grausam sein würde, sondern auch, weil sie keine weiteren Schwierigkeiten mehr ertragen konnte. Mit dreißig reichte es ihr fürs ganze Leben. »Setz zwei Dollar auf Nummer fünf im sechsten Rennen«, rief sie ihm nach.
    »Auf welches Pferd?«
    Sie zog an der Zigarette. »Keine Ahnung. Es ist meine Glückszahl. Riskier zwei Dollar für deine hübsche schwarze Frau, JD.«
    Sie spürte sein Zurückzucken, als er die Tür schloß, und hätte die Worte gern zurückgenommen. Warum hatte er sie überhaupt geweckt. Er hatte versprochen, in Louisville nicht zu spielen und zu wetten. Wieder. Es war wie der gute Vorsatz eines Alkoholikers, keinen Tropfen mehr anzurühren. Allmählich konnte sie sich der Tatsache nicht mehr verschließen, daß ihr Mann ein Spieler war. Und dann? Der Mann hatte Mumm und ließ sich nicht unterkriegen. Trainierte so verbissen, daß sie ihn manchmal vor Erschöpfung kotzend und mit glasigen Augen antraf. Versuchte es mit Hitze und Eis, mit Geräten und eisernem Willen. Aber trotzdem wurde das Knie immer dick, sobald er auf hartem Boden spielte. Mit Cortison bekam er nur ein verschwollenes Gesicht, und die Schmerzmittel machten ihn schwindelig. Er war ein Opfer des Astroturf-Bodenbelags. Oder war er ein Opfer seines eigenen Ehrgeizes? Der Schmerzen und des Spieltriebs?
    Almeta Edwards wünschte manchmal, sie hätte am Trinken Vergnügen und fände darin Entspannung. Das hätte ihr jetzt gut getan, ein steifer Drink oder auch zwei. JD, wie würde das alles noch enden?
    Clay drückte die Stoppuhr, als Hotspur mit Zach im Rennsitz vorbeiflog. Etwas mehr als 1:36 für eine Meile – damit war weder Bernie noch Hotspur einverstanden, der es nicht mochte, zurückgehalten zu werden, aber Clay hatte diese Vorgabe gemacht. Zach Massing gab immer damit an, daß er eine Stoppuhr im Kopf habe, und genau so war es!
    Noch war es nicht ganz hell. In der silbrigen Morgendämmerung begann das Gras im Oval der Rennbahn allmählich grün zu glänzen. Die Zuschauertribünen und das Clubhaus an der Zielgeraden mit den beiden Türmchen hoben sich wie Schatten vom Himmel ab. Auf der anderen Seite des Maschenzauns, wo Clay stand, ging die Morgenarbeit weiter, und er roch in der kühlen Morgenluft den von Hufen hochgeschleuderten Staub und den Schweiß der dahingaloppierenden Pferde. Eine rassige Stute

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